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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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auf sein Gehalt. Ein solches Anerbieten ist nicht häusig genug in
unseren Tagen, um nicht einige Aufmerksamkeit zu verdienen.

Bald sieht Paris die Verbündeten in seinen Mauern; die Stadt
soll eine bedeutende Kontribution bezahlen; der Schatz ist leer und
die Notabilitäten der Bank, zu diesem Zweck zusammenberufen, be¬
rathen über die Mittel, eine Anleihe zu erheben; Laffitte steht auf
und schlägt eine Nationalsubscription vor, an deren Spitze er sich
selbst mit einem bedeutenden Beitrag stellt. Dieser Edelmuth fand
keine Nachahmung und Laffitte blieb der einzige Unterzeichnete.

Nach der ersten Restauration wurde Laffitte der Banquier der
Bourbonen; und alö sich Ludwig XVIII. am 20. März plötzlich von
dem Throne und in's Erik gestoßen sah, griff Laffitte in seine Kasse
und' gab dem flüchtigen Konig vier Millionen, dem Grafen von Ar-
tois eine Million und siebenhunderttausend Francs der Herzogin
von Angouwme.

Zu derselben Zeit war ein Zug der ehrenwerthesten Uneigen,
nützigkeit die erste Veranlassung zu einer Verbindung, welche später
die ernstesten Folgen hatte. Der Herzog von Orleans, jetzt König
der Franzosen, sah sich gezwungen, ohne Geld abzureisen. Verge¬
bens hatte er verschiedenen Handlungöhäusern Papiere bis zum Be¬
trag von 1,600,000 Francs angeboten, obgleich er zwanzig Procent
dabei verlieren wollte. In seiner Verlegenheit wandte sich der Her¬
zog endlich auch an Laffitte; der großmüthige Banquier zögerte keinen
Augenblick, schlug den ihm angebotenen ungeheuern Gewinn aus
und nahm die zweifelhaften Papiere "l pari an.

Während der hundert Tage befand sich Laffitte in der Repräsen¬
tantenkammer als Mitglied der Handelsdeputation. Hier befand
er. sich unter der muthvollen Minorität, welche vor Allem das Vater¬
land vor einer zweiten Invasion retten wollte; aber Feigheit, Ver¬
rath und die Ungunst der Verhältnisse vereitelten ihre Bemühungen;
und als der einzige Mann, welcher den französischen Waffen noch
den Sieg geben konnte, den Weg nach Se. Helena einschlug, war
es wieder Laffitte, welcher die kleinen Ueberreste seines Vermögens in
seine Obhut nahm. Mai: übergab ihm fünf Millionen, und als er
dem Kaiser eilten Empfangschein darüber geben wollte, verweigerte Na<
poleon seine Annahme mit den Worten: Ich kenne Sie, Herr Laffitte, ich


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auf sein Gehalt. Ein solches Anerbieten ist nicht häusig genug in
unseren Tagen, um nicht einige Aufmerksamkeit zu verdienen.

Bald sieht Paris die Verbündeten in seinen Mauern; die Stadt
soll eine bedeutende Kontribution bezahlen; der Schatz ist leer und
die Notabilitäten der Bank, zu diesem Zweck zusammenberufen, be¬
rathen über die Mittel, eine Anleihe zu erheben; Laffitte steht auf
und schlägt eine Nationalsubscription vor, an deren Spitze er sich
selbst mit einem bedeutenden Beitrag stellt. Dieser Edelmuth fand
keine Nachahmung und Laffitte blieb der einzige Unterzeichnete.

Nach der ersten Restauration wurde Laffitte der Banquier der
Bourbonen; und alö sich Ludwig XVIII. am 20. März plötzlich von
dem Throne und in's Erik gestoßen sah, griff Laffitte in seine Kasse
und' gab dem flüchtigen Konig vier Millionen, dem Grafen von Ar-
tois eine Million und siebenhunderttausend Francs der Herzogin
von Angouwme.

Zu derselben Zeit war ein Zug der ehrenwerthesten Uneigen,
nützigkeit die erste Veranlassung zu einer Verbindung, welche später
die ernstesten Folgen hatte. Der Herzog von Orleans, jetzt König
der Franzosen, sah sich gezwungen, ohne Geld abzureisen. Verge¬
bens hatte er verschiedenen Handlungöhäusern Papiere bis zum Be¬
trag von 1,600,000 Francs angeboten, obgleich er zwanzig Procent
dabei verlieren wollte. In seiner Verlegenheit wandte sich der Her¬
zog endlich auch an Laffitte; der großmüthige Banquier zögerte keinen
Augenblick, schlug den ihm angebotenen ungeheuern Gewinn aus
und nahm die zweifelhaften Papiere »l pari an.

Während der hundert Tage befand sich Laffitte in der Repräsen¬
tantenkammer als Mitglied der Handelsdeputation. Hier befand
er. sich unter der muthvollen Minorität, welche vor Allem das Vater¬
land vor einer zweiten Invasion retten wollte; aber Feigheit, Ver¬
rath und die Ungunst der Verhältnisse vereitelten ihre Bemühungen;
und als der einzige Mann, welcher den französischen Waffen noch
den Sieg geben konnte, den Weg nach Se. Helena einschlug, war
es wieder Laffitte, welcher die kleinen Ueberreste seines Vermögens in
seine Obhut nahm. Mai: übergab ihm fünf Millionen, und als er
dem Kaiser eilten Empfangschein darüber geben wollte, verweigerte Na<
poleon seine Annahme mit den Worten: Ich kenne Sie, Herr Laffitte, ich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/443>, abgerufen am 26.06.2024.