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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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er von Neuem das mühsame Werk seiner Jugend und gewann fast
sein ganzes Vermögen wieder. Der reiche Jacques war bescheiden,
leutselig und gemüthvoll; der arme war edel, energisch und würde¬
voll; als reicher und als armer Mann liebte er die Ehre und sein
Vaterland, that Gutes ebenso aus innerem Trieb, wie aus Gewohn¬
heit, und wenn auch Mehrere, mit Recht oder Unrecht, ihm politi¬
sches Genie absprachen, so nannte dagegen ganz Frankreich mit einer
Stimme den Banquieremporkömmling einen Ehrenmann.

Das klingt fast wie ein Roman; aber doch ist es nur einfache
Geschichte und zwar die Lebensgeschichte des Herrn Laffitte.

Jacques Laffitte wurde am 24. October 1767 in Bayonne ge¬
boren. Ohne Herkunft und ohne Vermögen, ohne die Pergamente,
welche damals daS Gold bald herbeizogen, und ohne das Gold, welches
auch Pergamente verschaffte, betrat der junge Laffitte die kaufmän¬
nische Laufbahn, in der nur selten der Fleißige erfolglos strebt. In
seinem zwanzigsten Jahre kam er mit keiner anderen Unterstützung
nach Paris, als mit einem glücklichen Gesicht, einem offenen und einneh¬
menden Charakter, einem unermüdlichen Eifer, einem großen Scharf¬
sinn und mit dem lebhaften Geist eines Südfranzosen. Mit weniger
Vorzügen kommt man schon durch die Welt. So von der Natur
ausgestattet, trat Laffitte 1787 als Commis in das Banquierhaus
Perr6gaur. Die Revolution und Laffitte gingen in gleichem Schritt vor¬
wärts. Zur Zeit der Notabelnversammlung war er noch einfacher
Commis, zur Zeit des Schwures im Ballhause ist er schon Buch¬
halter; wie die Republik proclamirt wird, ist er Kassierer und Ver¬
trauter des Principals; unter dem Consulat ist er unentbehrlich ge¬
worden; wie Napoleon Kaiser wird, tritt der Banquier Perr6gaur in
den Senat und überläßt dem jungen Commis die Leitung seines
Geschäftes, und einige Jahre später, 1809, hat das Haus P^rrigaur
seinen Namen in Jacques Laffitte verwandelt. Der Sohn des Zim-
mermanns von Bayonne sah sich jetzt an der Spitze eines ungeheue¬
ren Geschäftes und im Besitze eines Vermögens von Millionen und
versah die Stelle eines Directors der Bank. Gegen das Ende der
Kaiserherrschaft wurde er Gouverneur der Bank von Frankreich mit
einem Gehalt von hunderttausend Francs. Die Zeiten waren schlecht,
die Bank arm; Laffitte gab der Bank ein Almosen uno verzichtete


er von Neuem das mühsame Werk seiner Jugend und gewann fast
sein ganzes Vermögen wieder. Der reiche Jacques war bescheiden,
leutselig und gemüthvoll; der arme war edel, energisch und würde¬
voll; als reicher und als armer Mann liebte er die Ehre und sein
Vaterland, that Gutes ebenso aus innerem Trieb, wie aus Gewohn¬
heit, und wenn auch Mehrere, mit Recht oder Unrecht, ihm politi¬
sches Genie absprachen, so nannte dagegen ganz Frankreich mit einer
Stimme den Banquieremporkömmling einen Ehrenmann.

Das klingt fast wie ein Roman; aber doch ist es nur einfache
Geschichte und zwar die Lebensgeschichte des Herrn Laffitte.

Jacques Laffitte wurde am 24. October 1767 in Bayonne ge¬
boren. Ohne Herkunft und ohne Vermögen, ohne die Pergamente,
welche damals daS Gold bald herbeizogen, und ohne das Gold, welches
auch Pergamente verschaffte, betrat der junge Laffitte die kaufmän¬
nische Laufbahn, in der nur selten der Fleißige erfolglos strebt. In
seinem zwanzigsten Jahre kam er mit keiner anderen Unterstützung
nach Paris, als mit einem glücklichen Gesicht, einem offenen und einneh¬
menden Charakter, einem unermüdlichen Eifer, einem großen Scharf¬
sinn und mit dem lebhaften Geist eines Südfranzosen. Mit weniger
Vorzügen kommt man schon durch die Welt. So von der Natur
ausgestattet, trat Laffitte 1787 als Commis in das Banquierhaus
Perr6gaur. Die Revolution und Laffitte gingen in gleichem Schritt vor¬
wärts. Zur Zeit der Notabelnversammlung war er noch einfacher
Commis, zur Zeit des Schwures im Ballhause ist er schon Buch¬
halter; wie die Republik proclamirt wird, ist er Kassierer und Ver¬
trauter des Principals; unter dem Consulat ist er unentbehrlich ge¬
worden; wie Napoleon Kaiser wird, tritt der Banquier Perr6gaur in
den Senat und überläßt dem jungen Commis die Leitung seines
Geschäftes, und einige Jahre später, 1809, hat das Haus P^rrigaur
seinen Namen in Jacques Laffitte verwandelt. Der Sohn des Zim-
mermanns von Bayonne sah sich jetzt an der Spitze eines ungeheue¬
ren Geschäftes und im Besitze eines Vermögens von Millionen und
versah die Stelle eines Directors der Bank. Gegen das Ende der
Kaiserherrschaft wurde er Gouverneur der Bank von Frankreich mit
einem Gehalt von hunderttausend Francs. Die Zeiten waren schlecht,
die Bank arm; Laffitte gab der Bank ein Almosen uno verzichtete


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/442>, abgerufen am 26.06.2024.