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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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um Mann gebracht habe, der mehr war als ich. Das war begreif¬
lich; es war ein Offizier, -- noch dazu ein Kürassier, --
und endlich ein Franzose. Der Bursche aber ist ein Junge, --
ein Kosak, -- ein Russe, -- gar kein rechter Mann und kein ordent¬
licher Soldat! Nehme ich also die Medaille, so sieht es aus, als
würde ich anerkennen, daß er mehr gilt als ich, -- das kann ich
nicht! Wenn er mich finge, der ich ein alter Hußar vom Kaiser-
Regiment, ein Edelmann , und ein Ungar bin, dann verdiente er
wohl eine Belohnung, ich aber keine, daß ich einen solchen Lassen
mitbringe! Ein Schluck Wein thäte mir gut auf die Anstrengung und
etwas Seifengeist für die Hufe meines Schimmels; deswegen bat ich
um eine kleine Geldvergünstigung, auf die ich aber willig verzichte,
wenn sie nicht den hohen Herrn passend dünkt!" --

Ein zum Tode verurtheilter Hußar vom Palatinat - Regiment
begehrte, kurz vor seiner Hinrichtung, vom protestantischen zum katho¬
lischen Ritus überzutreten. Auf die Frage, welcher Beweggrund ihn
zu diesem Schritte antreibe, und die Warnung des Feldpaters selbst,
er möge seine letzten Stunden nicht etwa durch eine, in Hoffnung
der Begnadigung, oder durch sonstige irdische Rücksichten herbeigeführte
Apostasie entwürdigen, sagtcer: "Herr! ich habe in der Einsamkeit Zeit
genug gehabt, über die Zukunft zu denken; da ist mir eingefallen,
daß alle Könige von Ungarn katholisch waren; und da es ihnen schon
auf dieser Welt besser gegangen ist als anderen Leuten, vermuthe ich,
daß sie auch drüben einen guten Platz haben werden. Ich möchte
also dorthin kommen, wo die Könige sind." -- Er wurde richtig ka¬
tholisch -- und gehängt.




II.
Zur Geschichte einiger Regimenter.

Das österreichische Heer hat in seiner Negimentsgeschichte eine
herrliche Ahnentafel und eine Fundgrube historisch-nationaler Tradi¬
tionen, von denen es nur zu bedauern ist, daß sie nicht in populä¬
rem Styl zum Gebrauche, zur Erheiterung, Belehrung und Erhebung
von Unteroffizieren und Mannschaft veröffentlicht sind.


um Mann gebracht habe, der mehr war als ich. Das war begreif¬
lich; es war ein Offizier, — noch dazu ein Kürassier, —
und endlich ein Franzose. Der Bursche aber ist ein Junge, —
ein Kosak, — ein Russe, — gar kein rechter Mann und kein ordent¬
licher Soldat! Nehme ich also die Medaille, so sieht es aus, als
würde ich anerkennen, daß er mehr gilt als ich, — das kann ich
nicht! Wenn er mich finge, der ich ein alter Hußar vom Kaiser-
Regiment, ein Edelmann , und ein Ungar bin, dann verdiente er
wohl eine Belohnung, ich aber keine, daß ich einen solchen Lassen
mitbringe! Ein Schluck Wein thäte mir gut auf die Anstrengung und
etwas Seifengeist für die Hufe meines Schimmels; deswegen bat ich
um eine kleine Geldvergünstigung, auf die ich aber willig verzichte,
wenn sie nicht den hohen Herrn passend dünkt!" —

Ein zum Tode verurtheilter Hußar vom Palatinat - Regiment
begehrte, kurz vor seiner Hinrichtung, vom protestantischen zum katho¬
lischen Ritus überzutreten. Auf die Frage, welcher Beweggrund ihn
zu diesem Schritte antreibe, und die Warnung des Feldpaters selbst,
er möge seine letzten Stunden nicht etwa durch eine, in Hoffnung
der Begnadigung, oder durch sonstige irdische Rücksichten herbeigeführte
Apostasie entwürdigen, sagtcer: „Herr! ich habe in der Einsamkeit Zeit
genug gehabt, über die Zukunft zu denken; da ist mir eingefallen,
daß alle Könige von Ungarn katholisch waren; und da es ihnen schon
auf dieser Welt besser gegangen ist als anderen Leuten, vermuthe ich,
daß sie auch drüben einen guten Platz haben werden. Ich möchte
also dorthin kommen, wo die Könige sind." — Er wurde richtig ka¬
tholisch — und gehängt.




II.
Zur Geschichte einiger Regimenter.

Das österreichische Heer hat in seiner Negimentsgeschichte eine
herrliche Ahnentafel und eine Fundgrube historisch-nationaler Tradi¬
tionen, von denen es nur zu bedauern ist, daß sie nicht in populä¬
rem Styl zum Gebrauche, zur Erheiterung, Belehrung und Erhebung
von Unteroffizieren und Mannschaft veröffentlicht sind.


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[0438] um Mann gebracht habe, der mehr war als ich. Das war begreif¬ lich; es war ein Offizier, — noch dazu ein Kürassier, — und endlich ein Franzose. Der Bursche aber ist ein Junge, — ein Kosak, — ein Russe, — gar kein rechter Mann und kein ordent¬ licher Soldat! Nehme ich also die Medaille, so sieht es aus, als würde ich anerkennen, daß er mehr gilt als ich, — das kann ich nicht! Wenn er mich finge, der ich ein alter Hußar vom Kaiser- Regiment, ein Edelmann , und ein Ungar bin, dann verdiente er wohl eine Belohnung, ich aber keine, daß ich einen solchen Lassen mitbringe! Ein Schluck Wein thäte mir gut auf die Anstrengung und etwas Seifengeist für die Hufe meines Schimmels; deswegen bat ich um eine kleine Geldvergünstigung, auf die ich aber willig verzichte, wenn sie nicht den hohen Herrn passend dünkt!" — Ein zum Tode verurtheilter Hußar vom Palatinat - Regiment begehrte, kurz vor seiner Hinrichtung, vom protestantischen zum katho¬ lischen Ritus überzutreten. Auf die Frage, welcher Beweggrund ihn zu diesem Schritte antreibe, und die Warnung des Feldpaters selbst, er möge seine letzten Stunden nicht etwa durch eine, in Hoffnung der Begnadigung, oder durch sonstige irdische Rücksichten herbeigeführte Apostasie entwürdigen, sagtcer: „Herr! ich habe in der Einsamkeit Zeit genug gehabt, über die Zukunft zu denken; da ist mir eingefallen, daß alle Könige von Ungarn katholisch waren; und da es ihnen schon auf dieser Welt besser gegangen ist als anderen Leuten, vermuthe ich, daß sie auch drüben einen guten Platz haben werden. Ich möchte also dorthin kommen, wo die Könige sind." — Er wurde richtig ka¬ tholisch — und gehängt. II. Zur Geschichte einiger Regimenter. Das österreichische Heer hat in seiner Negimentsgeschichte eine herrliche Ahnentafel und eine Fundgrube historisch-nationaler Tradi¬ tionen, von denen es nur zu bedauern ist, daß sie nicht in populä¬ rem Styl zum Gebrauche, zur Erheiterung, Belehrung und Erhebung von Unteroffizieren und Mannschaft veröffentlicht sind.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/438>, abgerufen am 26.06.2024.