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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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"Herre, befiehl, das Instrumente
Jauchzt Dir ein Lied mit Macht und Macht,
Das ein trotziger fremder Studente
Pfiff auf der Haide bei Nebel und Nacht/'
"Freudvoll und leidvoll hat er's gepfiffen,
Herre, wir haben die Mei'odie
Flugs auf den Saiten nachgegriffen,
Noten lernt der Zigeuner nie."
"War uns so bang an jenem Abend,
Jesus! und Niemand wußte, warum?
Geister, keine Ruhe habend,
Schlichen um unsre Streu herum."
"Wünschten der Nacht des Adlers Schwingen,
Wünschten mit Schmerzen den Sonntag her,
Da wir wollten das Liedlein singen
Hochroch, schön, wie keines mehr."
"Da wir's spielten frisch in der Schenke,
Hat der Wirth mit den Gästen gezecht,
Näscher stieg in's Gehirn das Getränke
Und ein Herre schien der Knecht."
Gnädig blickt er und nickt und wirket, -
Und sie geigen mit mächtigem Zug --
Und er zittert, die Thräne blinket,
Tonlos ruft er: Genug -- genug.
Und er schleudert die Münzen zur Erde
Und es greifen die Rappen aus --
Schaut die Bande mit banger Geberde
Fliegen und schwinden das goldene Haus.
Was ihn schmerzt, wer kann es wissen?
Was ein schönes Lied verbricht?
Daß es ein Fürstenherz zerrissen,
Ahnen die kindlichen Seelen nicht.

„Herre, befiehl, das Instrumente
Jauchzt Dir ein Lied mit Macht und Macht,
Das ein trotziger fremder Studente
Pfiff auf der Haide bei Nebel und Nacht/'
„Freudvoll und leidvoll hat er's gepfiffen,
Herre, wir haben die Mei'odie
Flugs auf den Saiten nachgegriffen,
Noten lernt der Zigeuner nie."
„War uns so bang an jenem Abend,
Jesus! und Niemand wußte, warum?
Geister, keine Ruhe habend,
Schlichen um unsre Streu herum."
„Wünschten der Nacht des Adlers Schwingen,
Wünschten mit Schmerzen den Sonntag her,
Da wir wollten das Liedlein singen
Hochroch, schön, wie keines mehr."
„Da wir's spielten frisch in der Schenke,
Hat der Wirth mit den Gästen gezecht,
Näscher stieg in's Gehirn das Getränke
Und ein Herre schien der Knecht."
Gnädig blickt er und nickt und wirket, -
Und sie geigen mit mächtigem Zug —
Und er zittert, die Thräne blinket,
Tonlos ruft er: Genug — genug.
Und er schleudert die Münzen zur Erde
Und es greifen die Rappen aus —
Schaut die Bande mit banger Geberde
Fliegen und schwinden das goldene Haus.
Was ihn schmerzt, wer kann es wissen?
Was ein schönes Lied verbricht?
Daß es ein Fürstenherz zerrissen,
Ahnen die kindlichen Seelen nicht.

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[0356] „Herre, befiehl, das Instrumente Jauchzt Dir ein Lied mit Macht und Macht, Das ein trotziger fremder Studente Pfiff auf der Haide bei Nebel und Nacht/' „Freudvoll und leidvoll hat er's gepfiffen, Herre, wir haben die Mei'odie Flugs auf den Saiten nachgegriffen, Noten lernt der Zigeuner nie." „War uns so bang an jenem Abend, Jesus! und Niemand wußte, warum? Geister, keine Ruhe habend, Schlichen um unsre Streu herum." „Wünschten der Nacht des Adlers Schwingen, Wünschten mit Schmerzen den Sonntag her, Da wir wollten das Liedlein singen Hochroch, schön, wie keines mehr." „Da wir's spielten frisch in der Schenke, Hat der Wirth mit den Gästen gezecht, Näscher stieg in's Gehirn das Getränke Und ein Herre schien der Knecht." Gnädig blickt er und nickt und wirket, - Und sie geigen mit mächtigem Zug — Und er zittert, die Thräne blinket, Tonlos ruft er: Genug — genug. Und er schleudert die Münzen zur Erde Und es greifen die Rappen aus — Schaut die Bande mit banger Geberde Fliegen und schwinden das goldene Haus. Was ihn schmerzt, wer kann es wissen? Was ein schönes Lied verbricht? Daß es ein Fürstenherz zerrissen, Ahnen die kindlichen Seelen nicht.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/356>, abgerufen am 26.06.2024.