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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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ieme alte kalte Dame den Sieg davon, wie Jngemallil dies selbst in
anmuthigen Verse" beschrieben hat. Der Sieg brachte reiche Lieder¬
früchte, und diese erschienen in zwei Bändchen 1811--1812. Och-
lenschlägcr's Beispiel und Muster spiegelte fich^ deutlich darin ab; und
konnte des Jünglings Phantasie auch nicht auf Adlerschwingen zum
Himmel emporziehen, so schwebte sie doch auf weißen Taubenfittigen
leicht und schön im Abendroch daher.

Ingemann bekam schnell eine" Ruf. Bei seinem tiefinnige"
Gefühl und seiner trefflichen Sprachbehandlung würde ,dieser auf
sicherem Fundamente geruht haben, hätte nicht eine weichliche Senti¬
mentalität, gleich dem Schwamm im Hause, die Mauern zerstört.
Weil seine allegorischen Poesien besonderen Anklang gefunden, schrieb
er eine große romantisch-allegorische Epopöe: "de sorte Riddcre --
der schwarze Ritter" in neun Gesängen. Die Allegorie ist aber im¬
mer ein Gemachtes, ein künstlich Erfundenes, und je mehr sie in die
Länge gedehnt wird, um fo grellerfühlt sich das heraus, darum kam
der schwarze Ritter, trotz wahrhaft poetischer Einzelheiten, ohne Le¬
benskraft zur Welt.

Im Drama versuchte er sich gleichfalls, und nachdem seine er¬
sten Trauerspiele fast spurlos vorübergegangen, machte 1815 "Masa-
niello" bedeutendes Glück. Noch in demselben Jahre erschien die
Tragödie "Blanea" und erhielt sich lange als ein Lieblingsstück schwär¬
merischer Mädchen und hysterischer Frauen auf den Brettern. Die
folgenden Dramen entsagten theils dem Theater, theils mußte das
Theater ihnen entsagen. Ingemann gab noch eine Zgrößere Er¬
zählung "die Unterirdischen" und machte dann in de" Jahren 1818
bis 1819 eure Reise durch Deutschland, Frankreich und Italien. Seit
1822 ist er als Professor der dänische" Sprache an der Nitteracademie zu
Soroc angestellt und dort schrieb er mehrere umfangreiche historische Ro¬
mane, als: "Waldemar Seier", "Erik Mendvid Barndom" :c. Damals
hatte er in Dänemark großen Ruhm und die deutschen Uebersetzer lauerten
wie Wegelagerer auf seine Werke. Aber die Zeit eilt und die Sen¬
timentalität ist nicht "richtig genug, um mitgenommen zu werden.
Als Heiberg seine anstophanische Komödie "WeihnachtSschcrz und
ReujahrSpossen" schrieb, als er darin Ingemann'S sentimentale Lie-
besschwärmerci und seinen seufzenden Platonismus, wie er sich na
merklich in "Bianca,, breit macht, ergötzlich parodirte, da lachte man


Ärciizl-ore" I. 44

ieme alte kalte Dame den Sieg davon, wie Jngemallil dies selbst in
anmuthigen Verse» beschrieben hat. Der Sieg brachte reiche Lieder¬
früchte, und diese erschienen in zwei Bändchen 1811—1812. Och-
lenschlägcr's Beispiel und Muster spiegelte fich^ deutlich darin ab; und
konnte des Jünglings Phantasie auch nicht auf Adlerschwingen zum
Himmel emporziehen, so schwebte sie doch auf weißen Taubenfittigen
leicht und schön im Abendroch daher.

Ingemann bekam schnell eine» Ruf. Bei seinem tiefinnige»
Gefühl und seiner trefflichen Sprachbehandlung würde ,dieser auf
sicherem Fundamente geruht haben, hätte nicht eine weichliche Senti¬
mentalität, gleich dem Schwamm im Hause, die Mauern zerstört.
Weil seine allegorischen Poesien besonderen Anklang gefunden, schrieb
er eine große romantisch-allegorische Epopöe: „de sorte Riddcre —
der schwarze Ritter" in neun Gesängen. Die Allegorie ist aber im¬
mer ein Gemachtes, ein künstlich Erfundenes, und je mehr sie in die
Länge gedehnt wird, um fo grellerfühlt sich das heraus, darum kam
der schwarze Ritter, trotz wahrhaft poetischer Einzelheiten, ohne Le¬
benskraft zur Welt.

Im Drama versuchte er sich gleichfalls, und nachdem seine er¬
sten Trauerspiele fast spurlos vorübergegangen, machte 1815 „Masa-
niello" bedeutendes Glück. Noch in demselben Jahre erschien die
Tragödie „Blanea" und erhielt sich lange als ein Lieblingsstück schwär¬
merischer Mädchen und hysterischer Frauen auf den Brettern. Die
folgenden Dramen entsagten theils dem Theater, theils mußte das
Theater ihnen entsagen. Ingemann gab noch eine Zgrößere Er¬
zählung „die Unterirdischen" und machte dann in de» Jahren 1818
bis 1819 eure Reise durch Deutschland, Frankreich und Italien. Seit
1822 ist er als Professor der dänische» Sprache an der Nitteracademie zu
Soroc angestellt und dort schrieb er mehrere umfangreiche historische Ro¬
mane, als: „Waldemar Seier", „Erik Mendvid Barndom" :c. Damals
hatte er in Dänemark großen Ruhm und die deutschen Uebersetzer lauerten
wie Wegelagerer auf seine Werke. Aber die Zeit eilt und die Sen¬
timentalität ist nicht »richtig genug, um mitgenommen zu werden.
Als Heiberg seine anstophanische Komödie „WeihnachtSschcrz und
ReujahrSpossen" schrieb, als er darin Ingemann'S sentimentale Lie-
besschwärmerci und seinen seufzenden Platonismus, wie er sich na
merklich in „Bianca,, breit macht, ergötzlich parodirte, da lachte man


Ärciizl-ore» I. 44
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[0337] ieme alte kalte Dame den Sieg davon, wie Jngemallil dies selbst in anmuthigen Verse» beschrieben hat. Der Sieg brachte reiche Lieder¬ früchte, und diese erschienen in zwei Bändchen 1811—1812. Och- lenschlägcr's Beispiel und Muster spiegelte fich^ deutlich darin ab; und konnte des Jünglings Phantasie auch nicht auf Adlerschwingen zum Himmel emporziehen, so schwebte sie doch auf weißen Taubenfittigen leicht und schön im Abendroch daher. Ingemann bekam schnell eine» Ruf. Bei seinem tiefinnige» Gefühl und seiner trefflichen Sprachbehandlung würde ,dieser auf sicherem Fundamente geruht haben, hätte nicht eine weichliche Senti¬ mentalität, gleich dem Schwamm im Hause, die Mauern zerstört. Weil seine allegorischen Poesien besonderen Anklang gefunden, schrieb er eine große romantisch-allegorische Epopöe: „de sorte Riddcre — der schwarze Ritter" in neun Gesängen. Die Allegorie ist aber im¬ mer ein Gemachtes, ein künstlich Erfundenes, und je mehr sie in die Länge gedehnt wird, um fo grellerfühlt sich das heraus, darum kam der schwarze Ritter, trotz wahrhaft poetischer Einzelheiten, ohne Le¬ benskraft zur Welt. Im Drama versuchte er sich gleichfalls, und nachdem seine er¬ sten Trauerspiele fast spurlos vorübergegangen, machte 1815 „Masa- niello" bedeutendes Glück. Noch in demselben Jahre erschien die Tragödie „Blanea" und erhielt sich lange als ein Lieblingsstück schwär¬ merischer Mädchen und hysterischer Frauen auf den Brettern. Die folgenden Dramen entsagten theils dem Theater, theils mußte das Theater ihnen entsagen. Ingemann gab noch eine Zgrößere Er¬ zählung „die Unterirdischen" und machte dann in de» Jahren 1818 bis 1819 eure Reise durch Deutschland, Frankreich und Italien. Seit 1822 ist er als Professor der dänische» Sprache an der Nitteracademie zu Soroc angestellt und dort schrieb er mehrere umfangreiche historische Ro¬ mane, als: „Waldemar Seier", „Erik Mendvid Barndom" :c. Damals hatte er in Dänemark großen Ruhm und die deutschen Uebersetzer lauerten wie Wegelagerer auf seine Werke. Aber die Zeit eilt und die Sen¬ timentalität ist nicht »richtig genug, um mitgenommen zu werden. Als Heiberg seine anstophanische Komödie „WeihnachtSschcrz und ReujahrSpossen" schrieb, als er darin Ingemann'S sentimentale Lie- besschwärmerci und seinen seufzenden Platonismus, wie er sich na merklich in „Bianca,, breit macht, ergötzlich parodirte, da lachte man Ärciizl-ore» I. 44

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/337>, abgerufen am 26.06.2024.