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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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tet geblieben. So erschien im Jahre I84t eine Uebersetzung von
"Tylncy Hall" von Thomas Hood. Hood, der Herausgeber des
"!l<""I's "vn" und des "l?i> ille Kliinv" einer der originellsten, auch
rcnommirtesten Schriftsteller Englands, hat außer Tvlney Hall keinen
Roman geschrieben, in diesem Buch aber durch derben Humor, meistere
hafte Charaktcrschöpfung und eine seltene Auffassung des altenglischen
Lamp- und Junkerlebens die meisten seiner Zeitgenossen übertroffen. In
der "Gesellschaft" spielt dieser Roman allerdings nicht, doch ist er reich
an all jener gesundem Romantik, die sonst den Appetit der Menge
nicht abstößt. Die Zigcuncrkönigin, der Creole, der Sonderling Sqnirc
Und, die zarte Graec und die beiden Tyrrels, so wie die erschüt¬
ternden Katastrophen, welche den humoristischen Verlauf der spannen¬
den Handlung unterbrechen und beschließen, entschädigen hinlänglich
für die Breite des ersten Bandes, an die man übrigens bei den Eng¬
ländern gewöhnt ist. Aber einige kleine Zufälligkeiten sind gegen Tho¬
mas Hood; es ist sein einziger Roman; und die Uebersetzung (von
Robert Grant, in Bnutzen, Wetterhahn Buchhandlung) ist in einer
Ausstattung erschienen, die heutzutage nicht eben Mode ist.

-- Italien steht diesmal am der Spitze der Malcontenten Euro¬
pas und man muß zugeben, daß es in den kleineren Staaten nichts
weniger als an Grund zur Unzufriedenheit fehlt. ,Jn der ganzen Halb¬
insel soll es zusammenhängende geheime Gesellschaften geben; es ist so¬
gar ein Ausbruch vou drei Punkren aus auf Nächstens verkündet. Die
gewaltsam unterdrückten Bewegungen aus den Zwanziger Jahren haben
diese Drachcnsaat ausgesäet. Man spricht gern von der Feigheit der
Italiener und führt an, wie leicht die früheren Aufstände unterdrückt
worden. Damals war es die Aufklärung, der Liberalismus der Ge¬
bildeten, der losbrach, damals waren es Führer ohne Volk; jetzt schein"
es die Noth zu sein, die Aufruhr predigt; im Gefolge des materiellen
Elends sino die liberalen Ideen der Gebildeten unter die Massen ge¬
drungen, jetzt haben diese die Initiative ergriffen; der natürliche Lauf
der Dinge. Uebrigens sind Die päpstlichen Truppen auch nicht die
tapfersten. DaS junge Italien soll sich mit der Hoffnung schmeicheln,
daß eine auswärtige Macht nicht wieder ihre Bajonncte den Unter¬
drückern leihen werde, bevor die nothwendigsten Reformen garantirt
wären. (?) Der Kirchenstaat, Neapel in,d besonders das kleine terro¬
ristische Modena haben die Zeit zur friedliche" Reform müßig vorbei¬
gehen lassen. Diese Herren mochten ihre eigenen -Fehler und das Un¬
glück des Landes immer nur mit Galgen und Rad gut machen.




Verlag von Fr. Lndw. Herbiq. -- Redacteur I, Knrai,da,
Druck von Friedrich ?er dra.

tet geblieben. So erschien im Jahre I84t eine Uebersetzung von
„Tylncy Hall" von Thomas Hood. Hood, der Herausgeber des
„!l<»»I's »vn" und des „l?i> ille Kliinv" einer der originellsten, auch
rcnommirtesten Schriftsteller Englands, hat außer Tvlney Hall keinen
Roman geschrieben, in diesem Buch aber durch derben Humor, meistere
hafte Charaktcrschöpfung und eine seltene Auffassung des altenglischen
Lamp- und Junkerlebens die meisten seiner Zeitgenossen übertroffen. In
der „Gesellschaft" spielt dieser Roman allerdings nicht, doch ist er reich
an all jener gesundem Romantik, die sonst den Appetit der Menge
nicht abstößt. Die Zigcuncrkönigin, der Creole, der Sonderling Sqnirc
Und, die zarte Graec und die beiden Tyrrels, so wie die erschüt¬
ternden Katastrophen, welche den humoristischen Verlauf der spannen¬
den Handlung unterbrechen und beschließen, entschädigen hinlänglich
für die Breite des ersten Bandes, an die man übrigens bei den Eng¬
ländern gewöhnt ist. Aber einige kleine Zufälligkeiten sind gegen Tho¬
mas Hood; es ist sein einziger Roman; und die Uebersetzung (von
Robert Grant, in Bnutzen, Wetterhahn Buchhandlung) ist in einer
Ausstattung erschienen, die heutzutage nicht eben Mode ist.

— Italien steht diesmal am der Spitze der Malcontenten Euro¬
pas und man muß zugeben, daß es in den kleineren Staaten nichts
weniger als an Grund zur Unzufriedenheit fehlt. ,Jn der ganzen Halb¬
insel soll es zusammenhängende geheime Gesellschaften geben; es ist so¬
gar ein Ausbruch vou drei Punkren aus auf Nächstens verkündet. Die
gewaltsam unterdrückten Bewegungen aus den Zwanziger Jahren haben
diese Drachcnsaat ausgesäet. Man spricht gern von der Feigheit der
Italiener und führt an, wie leicht die früheren Aufstände unterdrückt
worden. Damals war es die Aufklärung, der Liberalismus der Ge¬
bildeten, der losbrach, damals waren es Führer ohne Volk; jetzt schein«
es die Noth zu sein, die Aufruhr predigt; im Gefolge des materiellen
Elends sino die liberalen Ideen der Gebildeten unter die Massen ge¬
drungen, jetzt haben diese die Initiative ergriffen; der natürliche Lauf
der Dinge. Uebrigens sind Die päpstlichen Truppen auch nicht die
tapfersten. DaS junge Italien soll sich mit der Hoffnung schmeicheln,
daß eine auswärtige Macht nicht wieder ihre Bajonncte den Unter¬
drückern leihen werde, bevor die nothwendigsten Reformen garantirt
wären. (?) Der Kirchenstaat, Neapel in,d besonders das kleine terro¬
ristische Modena haben die Zeit zur friedliche» Reform müßig vorbei¬
gehen lassen. Diese Herren mochten ihre eigenen -Fehler und das Un¬
glück des Landes immer nur mit Galgen und Rad gut machen.




Verlag von Fr. Lndw. Herbiq. — Redacteur I, Knrai,da,
Druck von Friedrich ?er dra.
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[0328] tet geblieben. So erschien im Jahre I84t eine Uebersetzung von „Tylncy Hall" von Thomas Hood. Hood, der Herausgeber des „!l<»»I's »vn" und des „l?i> ille Kliinv" einer der originellsten, auch rcnommirtesten Schriftsteller Englands, hat außer Tvlney Hall keinen Roman geschrieben, in diesem Buch aber durch derben Humor, meistere hafte Charaktcrschöpfung und eine seltene Auffassung des altenglischen Lamp- und Junkerlebens die meisten seiner Zeitgenossen übertroffen. In der „Gesellschaft" spielt dieser Roman allerdings nicht, doch ist er reich an all jener gesundem Romantik, die sonst den Appetit der Menge nicht abstößt. Die Zigcuncrkönigin, der Creole, der Sonderling Sqnirc Und, die zarte Graec und die beiden Tyrrels, so wie die erschüt¬ ternden Katastrophen, welche den humoristischen Verlauf der spannen¬ den Handlung unterbrechen und beschließen, entschädigen hinlänglich für die Breite des ersten Bandes, an die man übrigens bei den Eng¬ ländern gewöhnt ist. Aber einige kleine Zufälligkeiten sind gegen Tho¬ mas Hood; es ist sein einziger Roman; und die Uebersetzung (von Robert Grant, in Bnutzen, Wetterhahn Buchhandlung) ist in einer Ausstattung erschienen, die heutzutage nicht eben Mode ist. — Italien steht diesmal am der Spitze der Malcontenten Euro¬ pas und man muß zugeben, daß es in den kleineren Staaten nichts weniger als an Grund zur Unzufriedenheit fehlt. ,Jn der ganzen Halb¬ insel soll es zusammenhängende geheime Gesellschaften geben; es ist so¬ gar ein Ausbruch vou drei Punkren aus auf Nächstens verkündet. Die gewaltsam unterdrückten Bewegungen aus den Zwanziger Jahren haben diese Drachcnsaat ausgesäet. Man spricht gern von der Feigheit der Italiener und führt an, wie leicht die früheren Aufstände unterdrückt worden. Damals war es die Aufklärung, der Liberalismus der Ge¬ bildeten, der losbrach, damals waren es Führer ohne Volk; jetzt schein« es die Noth zu sein, die Aufruhr predigt; im Gefolge des materiellen Elends sino die liberalen Ideen der Gebildeten unter die Massen ge¬ drungen, jetzt haben diese die Initiative ergriffen; der natürliche Lauf der Dinge. Uebrigens sind Die päpstlichen Truppen auch nicht die tapfersten. DaS junge Italien soll sich mit der Hoffnung schmeicheln, daß eine auswärtige Macht nicht wieder ihre Bajonncte den Unter¬ drückern leihen werde, bevor die nothwendigsten Reformen garantirt wären. (?) Der Kirchenstaat, Neapel in,d besonders das kleine terro¬ ristische Modena haben die Zeit zur friedliche» Reform müßig vorbei¬ gehen lassen. Diese Herren mochten ihre eigenen -Fehler und das Un¬ glück des Landes immer nur mit Galgen und Rad gut machen. Verlag von Fr. Lndw. Herbiq. — Redacteur I, Knrai,da, Druck von Friedrich ?er dra.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/328>, abgerufen am 26.06.2024.