müsse. Der ganze Plan dieser Anordnung geht von Herrn von Hol¬ den aus, der sich in dieser Beziehung gewiß ein großes Verdienst "in die deutschen Thcaterzuständc erworben hat. Denn obgleich wir nicht der Meinung sind, daß Geldbelohnungen ein Haupthebel zur Bele¬ bung unserer schüchternen dramatischen Literatur sein können, daß viel¬ mehr günz andere Wunden geheilt, ganz andere Hindernisse gehoben werden müssen, wenn der Quell reich und frisch hervorsprudeln soll, wie er einer großen Nation würdig ist, so wird doch wohl Niemand läugnen, daß manches praktische Talent bisher der Bühne den Rücken zuwendete, weil es selbst im günstigsten Falle keinen Lohn für seine Bemühungen ersah. Herr von Ho l dein hat sich gleichzeitig an den Generalintendanten von Küstuer gewendet, um ein Ucberciustimmcn der Berliner und der Wiener Hofbühnc zu erwirken. Herr von Küstuer soll jedoch eine Tantieme von zehn Procent sür die Berliner Verhält¬ nisse zu hoch gefunden haben und so ist das Burgtheater seinen Weg allein gegangen. Auch eine Schattenseite der neuen Anordnung muß hervorgehoben werden. Der Dichter hat nämlich nicht das Recht, die Wiederholung eines Stückes zu verlangen; er kann sich weder auf den Beifall deö Publicums, noch auf die starke Einnahme bei der letz¬ ten Vorstellung berufen, sondern er bleibt in dieser Beziehung ganz dem Ermessen/ d. h. der Willkür des Directors heimgestellt, und was noch schlimmer ist, der Willkür des Schauspielers, der aus Caprice, oder weil er die Rolle undankbar findet, 'darin nicht weiter auftreten will und nur eine Krankheit zu fingiren braucht, um den Dichter um sein wohlverdientes Einkommen zu bringen. Die französischen Theatcrgc- setzc haben für solche Fälle Vorsichtsmaßregeln und Zwangsmittel; hier vermissen wir sie leider und wenn auch Hr. v. Holbein persönlich die redlich¬ sten Absichten haben mag, so hätte er doch für einen einstigen Nach¬ folger oder als Beispiel für andere minder honett geleitete Bühnen diese Vorsicht nicht unterlassen sollen, um sein lobenswerthes Werk complett zu machen. Graf Kolowrat, der den Plau des Herrn von Holbein mit Lebhaftigkeit aufgegriffen und unterstützt hat, würde wohl auch hierin keine Schwierigkeiten gefunden haben. Wie es heißt, soll, sobald das kaiserliche Handbillet erst officiell bekannt gemacht werden wird, auch eine indirecte Aufforderung an die ständischen Theater in den Provinzen ergehen, sich dem Beispiele des Hofburgthcatcrs anzu¬ schließen und so eine complete Reform der schriftstellerischen Rechte in den deutschen Ländern der ganzen Monarchie herbeigeführt werden. Dies wäre vielleicht ein Anfang zur Regulirung der schriftstellerischen Eigenthumsrechte in Deutschland überhaupt und der Bundestag könnte die Anregung und das Beispiel Oesterreichs in einem größeren und eompletcrcn Maßstabe ausführen. Leider ist das er/vähntc Handbil¬ let bis jetzt noch nicht publicirt; wir wollen hoffen, daß die Publica¬ tion nicht so lange ans sich warten läßt, wie die eines anderen
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müsse. Der ganze Plan dieser Anordnung geht von Herrn von Hol¬ den aus, der sich in dieser Beziehung gewiß ein großes Verdienst »in die deutschen Thcaterzuständc erworben hat. Denn obgleich wir nicht der Meinung sind, daß Geldbelohnungen ein Haupthebel zur Bele¬ bung unserer schüchternen dramatischen Literatur sein können, daß viel¬ mehr günz andere Wunden geheilt, ganz andere Hindernisse gehoben werden müssen, wenn der Quell reich und frisch hervorsprudeln soll, wie er einer großen Nation würdig ist, so wird doch wohl Niemand läugnen, daß manches praktische Talent bisher der Bühne den Rücken zuwendete, weil es selbst im günstigsten Falle keinen Lohn für seine Bemühungen ersah. Herr von Ho l dein hat sich gleichzeitig an den Generalintendanten von Küstuer gewendet, um ein Ucberciustimmcn der Berliner und der Wiener Hofbühnc zu erwirken. Herr von Küstuer soll jedoch eine Tantieme von zehn Procent sür die Berliner Verhält¬ nisse zu hoch gefunden haben und so ist das Burgtheater seinen Weg allein gegangen. Auch eine Schattenseite der neuen Anordnung muß hervorgehoben werden. Der Dichter hat nämlich nicht das Recht, die Wiederholung eines Stückes zu verlangen; er kann sich weder auf den Beifall deö Publicums, noch auf die starke Einnahme bei der letz¬ ten Vorstellung berufen, sondern er bleibt in dieser Beziehung ganz dem Ermessen/ d. h. der Willkür des Directors heimgestellt, und was noch schlimmer ist, der Willkür des Schauspielers, der aus Caprice, oder weil er die Rolle undankbar findet, 'darin nicht weiter auftreten will und nur eine Krankheit zu fingiren braucht, um den Dichter um sein wohlverdientes Einkommen zu bringen. Die französischen Theatcrgc- setzc haben für solche Fälle Vorsichtsmaßregeln und Zwangsmittel; hier vermissen wir sie leider und wenn auch Hr. v. Holbein persönlich die redlich¬ sten Absichten haben mag, so hätte er doch für einen einstigen Nach¬ folger oder als Beispiel für andere minder honett geleitete Bühnen diese Vorsicht nicht unterlassen sollen, um sein lobenswerthes Werk complett zu machen. Graf Kolowrat, der den Plau des Herrn von Holbein mit Lebhaftigkeit aufgegriffen und unterstützt hat, würde wohl auch hierin keine Schwierigkeiten gefunden haben. Wie es heißt, soll, sobald das kaiserliche Handbillet erst officiell bekannt gemacht werden wird, auch eine indirecte Aufforderung an die ständischen Theater in den Provinzen ergehen, sich dem Beispiele des Hofburgthcatcrs anzu¬ schließen und so eine complete Reform der schriftstellerischen Rechte in den deutschen Ländern der ganzen Monarchie herbeigeführt werden. Dies wäre vielleicht ein Anfang zur Regulirung der schriftstellerischen Eigenthumsrechte in Deutschland überhaupt und der Bundestag könnte die Anregung und das Beispiel Oesterreichs in einem größeren und eompletcrcn Maßstabe ausführen. Leider ist das er/vähntc Handbil¬ let bis jetzt noch nicht publicirt; wir wollen hoffen, daß die Publica¬ tion nicht so lange ans sich warten läßt, wie die eines anderen
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müsse. Der ganze Plan dieser Anordnung geht von Herrn von Hol¬
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die deutschen Thcaterzuständc erworben hat. Denn obgleich wir nicht
der Meinung sind, daß Geldbelohnungen ein Haupthebel zur Bele¬
bung unserer schüchternen dramatischen Literatur sein können, daß viel¬
mehr günz andere Wunden geheilt, ganz andere Hindernisse gehoben
werden müssen, wenn der Quell reich und frisch hervorsprudeln soll,
wie er einer großen Nation würdig ist, so wird doch wohl Niemand
läugnen, daß manches praktische Talent bisher der Bühne den Rücken
zuwendete, weil es selbst im günstigsten Falle keinen Lohn für seine
Bemühungen ersah. Herr von Ho l dein hat sich gleichzeitig an den
Generalintendanten von Küstuer gewendet, um ein Ucberciustimmcn der
Berliner und der Wiener Hofbühnc zu erwirken. Herr von Küstuer
soll jedoch eine Tantieme von zehn Procent sür die Berliner Verhält¬
nisse zu hoch gefunden haben und so ist das Burgtheater seinen Weg
allein gegangen. Auch eine Schattenseite der neuen Anordnung muß
hervorgehoben werden. Der Dichter hat nämlich nicht das Recht, die
Wiederholung eines Stückes zu verlangen; er kann sich weder auf
den Beifall deö Publicums, noch auf die starke Einnahme bei der letz¬
ten Vorstellung berufen, sondern er bleibt in dieser Beziehung ganz
dem Ermessen/ d. h. der Willkür des Directors heimgestellt, und was
noch schlimmer ist, der Willkür des Schauspielers, der aus Caprice, oder
weil er die Rolle undankbar findet, 'darin nicht weiter auftreten will
und nur eine Krankheit zu fingiren braucht, um den Dichter um sein
wohlverdientes Einkommen zu bringen. Die französischen Theatcrgc-
setzc haben für solche Fälle Vorsichtsmaßregeln und Zwangsmittel; hier
vermissen wir sie leider und wenn auch Hr. v. Holbein persönlich die redlich¬
sten Absichten haben mag, so hätte er doch für einen einstigen Nach¬
folger oder als Beispiel für andere minder honett geleitete Bühnen
diese Vorsicht nicht unterlassen sollen, um sein lobenswerthes Werk
complett zu machen. Graf Kolowrat, der den Plau des Herrn von
Holbein mit Lebhaftigkeit aufgegriffen und unterstützt hat, würde wohl
auch hierin keine Schwierigkeiten gefunden haben. Wie es heißt, soll,
sobald das kaiserliche Handbillet erst officiell bekannt gemacht werden
wird, auch eine indirecte Aufforderung an die ständischen Theater in
den Provinzen ergehen, sich dem Beispiele des Hofburgthcatcrs anzu¬
schließen und so eine complete Reform der schriftstellerischen Rechte in
den deutschen Ländern der ganzen Monarchie herbeigeführt werden.
Dies wäre vielleicht ein Anfang zur Regulirung der schriftstellerischen
Eigenthumsrechte in Deutschland überhaupt und der Bundestag könnte
die Anregung und das Beispiel Oesterreichs in einem größeren und
eompletcrcn Maßstabe ausführen. Leider ist das er/vähntc Handbil¬
let bis jetzt noch nicht publicirt; wir wollen hoffen, daß die Publica¬
tion nicht so lange ans sich warten läßt, wie die eines anderen
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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/323>, abgerufen am 22.12.2024.
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