Galerie - man lacht; eine ganz platt komische Scene -- man lacht eine höchst pathetische Stelle -- man lacht; König Philipp im Don Carlos tritt auf -- man lacht; Herzog Alba -- gewaltiges Gelächter! Warum? El, weil der Mann vom Kopf bis zu den Füßen roth und schwarz gekleidet ist und einen grimmigen Schnurrbart trägt, natur< lich, das ist doch zum Lachen! Ich wollte wetten, wenn' die Decke des Theaters plötzlich einstürzte und alle Zuschauer zerschmetterte und begrübe, im Moment würden sie gewiß noch einmal in ein allgemein mes Gelächter ausbrechen über das unerwartete Intermezzo. -- Noch Eins siel mir im Kölner Theater auf. Vor Beginn des Stückes behält natürlich Alles den Hut auf dem Kopfe. Blos in der ersten Rangloge wird das von Seiten des Parterres nicht geduldet und durch stürmisches Hutab!-Schreien strenge Justiz geübt. Wer sich nämlich in seinem aristokratischen Range zeigen zu müssen glaubt, dem will der demokratische Sinn der Uebrigen auch das Unbequeme der nobeln Etikette nicht schenken. Ist das nicht echt kölnisch?
Wenn Köln ein klein Paris der Rheinprovinz ist und in poli¬ tischen, kirchlichen, mercantilischen Dingen tonangebend, so bildet Bonn dagegen einen Centralpunkt der Wissenschaft von echt preußischer Färbung, der mit dem übrigen rheinischen Treiben wenig zu schaffen hat. -- Bonn ist gegenwärtig von dem Unglück betroffen, ein Paar recht ausgezeichnete Docenten zu besitzen unter vielen recht unbedeu¬ tenden ; -- ein Unglück, weil der allzustarke Einfluß Eines, auch des genialsten Mannes, nur zu starrer Einseitigkeit führen kann. Man betrachte z. B. die evangelisch-theologische Facultät: hier ist Nitzsch lind -- nun ja, damit sind wir zu Ende. Kein Wunder, daß also fast alle Studiosen der Theologie auf einem einseitig orthodorcn Standpunkte stehen, Missionsvereine bilden, im Huttcms und Fla< eins Illyriens lesen, auch wenn Herr Professor Sack keine Hilfs- truppen schickte, die mit Gnade und Gerechtigkeit, Durchbruch und Versiegelung gewappnet sind. - Nach dem Apostel Paulus ist ja die Gottseligkeit zu allen Dingen nütze, folglich ganz gewiß auch zur Erlangung einer Bonner evangelisch-theologischen Professur. G> Kin¬ kel, ein verdienter hiesiger Privatdocent, steht nicht gerade auf Nitzsch- schem Standpunkte; kein Wunder, daß man ihm die Thüre vor der Nase zuschlägt und einen anderen Lehrer der Kirchengeschichte beruft,
Galerie - man lacht; eine ganz platt komische Scene — man lacht eine höchst pathetische Stelle — man lacht; König Philipp im Don Carlos tritt auf — man lacht; Herzog Alba — gewaltiges Gelächter! Warum? El, weil der Mann vom Kopf bis zu den Füßen roth und schwarz gekleidet ist und einen grimmigen Schnurrbart trägt, natur< lich, das ist doch zum Lachen! Ich wollte wetten, wenn' die Decke des Theaters plötzlich einstürzte und alle Zuschauer zerschmetterte und begrübe, im Moment würden sie gewiß noch einmal in ein allgemein mes Gelächter ausbrechen über das unerwartete Intermezzo. — Noch Eins siel mir im Kölner Theater auf. Vor Beginn des Stückes behält natürlich Alles den Hut auf dem Kopfe. Blos in der ersten Rangloge wird das von Seiten des Parterres nicht geduldet und durch stürmisches Hutab!-Schreien strenge Justiz geübt. Wer sich nämlich in seinem aristokratischen Range zeigen zu müssen glaubt, dem will der demokratische Sinn der Uebrigen auch das Unbequeme der nobeln Etikette nicht schenken. Ist das nicht echt kölnisch?
Wenn Köln ein klein Paris der Rheinprovinz ist und in poli¬ tischen, kirchlichen, mercantilischen Dingen tonangebend, so bildet Bonn dagegen einen Centralpunkt der Wissenschaft von echt preußischer Färbung, der mit dem übrigen rheinischen Treiben wenig zu schaffen hat. — Bonn ist gegenwärtig von dem Unglück betroffen, ein Paar recht ausgezeichnete Docenten zu besitzen unter vielen recht unbedeu¬ tenden ; — ein Unglück, weil der allzustarke Einfluß Eines, auch des genialsten Mannes, nur zu starrer Einseitigkeit führen kann. Man betrachte z. B. die evangelisch-theologische Facultät: hier ist Nitzsch lind — nun ja, damit sind wir zu Ende. Kein Wunder, daß also fast alle Studiosen der Theologie auf einem einseitig orthodorcn Standpunkte stehen, Missionsvereine bilden, im Huttcms und Fla< eins Illyriens lesen, auch wenn Herr Professor Sack keine Hilfs- truppen schickte, die mit Gnade und Gerechtigkeit, Durchbruch und Versiegelung gewappnet sind. - Nach dem Apostel Paulus ist ja die Gottseligkeit zu allen Dingen nütze, folglich ganz gewiß auch zur Erlangung einer Bonner evangelisch-theologischen Professur. G> Kin¬ kel, ein verdienter hiesiger Privatdocent, steht nicht gerade auf Nitzsch- schem Standpunkte; kein Wunder, daß man ihm die Thüre vor der Nase zuschlägt und einen anderen Lehrer der Kirchengeschichte beruft,
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Galerie - man lacht; eine ganz platt komische Scene — man lacht
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Warum? El, weil der Mann vom Kopf bis zu den Füßen roth und
schwarz gekleidet ist und einen grimmigen Schnurrbart trägt, natur<
lich, das ist doch zum Lachen! Ich wollte wetten, wenn' die Decke
des Theaters plötzlich einstürzte und alle Zuschauer zerschmetterte und
begrübe, im Moment würden sie gewiß noch einmal in ein allgemein
mes Gelächter ausbrechen über das unerwartete Intermezzo. — Noch
Eins siel mir im Kölner Theater auf. Vor Beginn des Stückes
behält natürlich Alles den Hut auf dem Kopfe. Blos in der ersten
Rangloge wird das von Seiten des Parterres nicht geduldet und
durch stürmisches Hutab!-Schreien strenge Justiz geübt. Wer sich
nämlich in seinem aristokratischen Range zeigen zu müssen glaubt,
dem will der demokratische Sinn der Uebrigen auch das Unbequeme
der nobeln Etikette nicht schenken. Ist das nicht echt kölnisch?
Wenn Köln ein klein Paris der Rheinprovinz ist und in poli¬
tischen, kirchlichen, mercantilischen Dingen tonangebend, so bildet Bonn
dagegen einen Centralpunkt der Wissenschaft von echt preußischer
Färbung, der mit dem übrigen rheinischen Treiben wenig zu schaffen
hat. — Bonn ist gegenwärtig von dem Unglück betroffen, ein Paar
recht ausgezeichnete Docenten zu besitzen unter vielen recht unbedeu¬
tenden ; — ein Unglück, weil der allzustarke Einfluß Eines, auch des
genialsten Mannes, nur zu starrer Einseitigkeit führen kann. Man
betrachte z. B. die evangelisch-theologische Facultät: hier ist Nitzsch
lind — nun ja, damit sind wir zu Ende. Kein Wunder, daß also
fast alle Studiosen der Theologie auf einem einseitig orthodorcn
Standpunkte stehen, Missionsvereine bilden, im Huttcms und Fla<
eins Illyriens lesen, auch wenn Herr Professor Sack keine Hilfs-
truppen schickte, die mit Gnade und Gerechtigkeit, Durchbruch und
Versiegelung gewappnet sind. - Nach dem Apostel Paulus ist ja die
Gottseligkeit zu allen Dingen nütze, folglich ganz gewiß auch zur
Erlangung einer Bonner evangelisch-theologischen Professur. G> Kin¬
kel, ein verdienter hiesiger Privatdocent, steht nicht gerade auf Nitzsch-
schem Standpunkte; kein Wunder, daß man ihm die Thüre vor der
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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/319>, abgerufen am 22.12.2024.
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