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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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Allgemein ist dagegen der Beifall, den Baron von Kübeck durch
seine strengen Maßregeln gegen das Schnnigglcrwescn sich erworben
hat, das in Oesterreich, wie noch kann i" einem anderen Staate, sy¬
stematisch betrieben wurde. Daß der Wagen eines reichen Baro"S,
der bisher ungehindert mehrmals durch die Stadtlinicn aus- und ein¬
fuhr, endlich ein Mal genau durchsucht, und als ein großes Behältniß
zum Einschmärzc" von Tabak erkannt wurde, haben Sie in öffentli¬
chen Blättern bereits gelesen. Weniger bekannt dürfte es sein, daß
ein großer Theil des SchmuggclhandelS an der böhmischen Grenze
durch Bergleute befördert wurde. Man behauptet, daß ganze unter¬
irdische Gänge zu diesem Behuf gegraben oder benutzt wurden; sicher
ist, daß die größten Depots eingeschwärzter Waar"n in Schachten und
Gruben sich vorfanden. Die Ausbeute dieser Bergwerke war ungeheuer.

Der hiesige Musikverein mit seinem Conservatorium --- das ein-
zige Institut dieser Art in Wien -- drohte bankerott zu werde", und
der Verein beschloß, um sich aus seinen Nöthen zu helfen, daS große
Haus, das er erbauen ließ, durch eine Lotterie auszuspielen. Da nun
aber die berüchtigten österreichischen Güterlottcricn durch einen Befehl
des Kaisers fernerhin nicht gestattet werden solle" (blos einige, die vor
dem Verbot ihre Concession erlangt hatten, werden noch stattfin¬
den), so beschloß der Präses des MusikvcrcinS, Herr Landgraf von
Fürstenberg als Begünstigung für den schönen Zweck des Vereins ihm
eine Ausnahme von dem allgemeinen Verbot zu erwirken. Allein
kaum wurde dies bekannt, so beschloßen sogleich mehrere Wohlthätig,
kcitsanstaltcn, sich gleichfalls mit einem ähnlichen Gesuche an den Mo¬
narchen zu wenden. Landgraf Fürstenberg gab also seinen Plan auf,
stellte aber dem Kaiser die betrübte Lage des Instituts vor und erwarb
demselben einen jährlichen Zuschuß von dreitausend Gulden aus der
kaiserlichen Privatchatoulle, so daß jetzt das Schicksal des Vereins ge¬
sichert ist.

Morgen kommt das fast vergessene Stück CSsario von Pius A.
Wolf, wieder neu aufgegraben, in die Scene. Eine Notiz in der letz¬
ten Nummer der Grenzboten verdient eine Berichtigung; nicht Herr
von Holbein brachte dieses Stück in Vorschlag, sonder" der Befehl kam
ihm vom Hofe zu, wo man erst beabsichtigte, dasselbe von Dilettanten
spielen zu lasse", durch die Hoftrauer aber unterbrochen wurde und
nun den Wunsch äußerte, es auf dem Burgtheater zu scheu. Unter
den Novitäten, die demnächst zur Aufführung vorbereitet sind, befindet
sich ein Stück von Otto Prechtlcr, betitelt: "die Kronenwächtcr" (nach
Arnim's Novelle) und die Lucrcce von Ponsard (!) nach der Ueber-
setzung von Gabriel Seidl. Was die Lucrcec aus einer deutschen
Bühne soll, das wissen nnr die Götter, die ohnehin so viel dummes
Zeug von uns wissen. In Frankreich gefiel das Stück, weil es an
das alte classische Drama erinnerte, an die Bühne Racine's und Cor-


Allgemein ist dagegen der Beifall, den Baron von Kübeck durch
seine strengen Maßregeln gegen das Schnnigglcrwescn sich erworben
hat, das in Oesterreich, wie noch kann i» einem anderen Staate, sy¬
stematisch betrieben wurde. Daß der Wagen eines reichen Baro»S,
der bisher ungehindert mehrmals durch die Stadtlinicn aus- und ein¬
fuhr, endlich ein Mal genau durchsucht, und als ein großes Behältniß
zum Einschmärzc» von Tabak erkannt wurde, haben Sie in öffentli¬
chen Blättern bereits gelesen. Weniger bekannt dürfte es sein, daß
ein großer Theil des SchmuggclhandelS an der böhmischen Grenze
durch Bergleute befördert wurde. Man behauptet, daß ganze unter¬
irdische Gänge zu diesem Behuf gegraben oder benutzt wurden; sicher
ist, daß die größten Depots eingeschwärzter Waar«n in Schachten und
Gruben sich vorfanden. Die Ausbeute dieser Bergwerke war ungeheuer.

Der hiesige Musikverein mit seinem Conservatorium —- das ein-
zige Institut dieser Art in Wien — drohte bankerott zu werde«, und
der Verein beschloß, um sich aus seinen Nöthen zu helfen, daS große
Haus, das er erbauen ließ, durch eine Lotterie auszuspielen. Da nun
aber die berüchtigten österreichischen Güterlottcricn durch einen Befehl
des Kaisers fernerhin nicht gestattet werden solle» (blos einige, die vor
dem Verbot ihre Concession erlangt hatten, werden noch stattfin¬
den), so beschloß der Präses des MusikvcrcinS, Herr Landgraf von
Fürstenberg als Begünstigung für den schönen Zweck des Vereins ihm
eine Ausnahme von dem allgemeinen Verbot zu erwirken. Allein
kaum wurde dies bekannt, so beschloßen sogleich mehrere Wohlthätig,
kcitsanstaltcn, sich gleichfalls mit einem ähnlichen Gesuche an den Mo¬
narchen zu wenden. Landgraf Fürstenberg gab also seinen Plan auf,
stellte aber dem Kaiser die betrübte Lage des Instituts vor und erwarb
demselben einen jährlichen Zuschuß von dreitausend Gulden aus der
kaiserlichen Privatchatoulle, so daß jetzt das Schicksal des Vereins ge¬
sichert ist.

Morgen kommt das fast vergessene Stück CSsario von Pius A.
Wolf, wieder neu aufgegraben, in die Scene. Eine Notiz in der letz¬
ten Nummer der Grenzboten verdient eine Berichtigung; nicht Herr
von Holbein brachte dieses Stück in Vorschlag, sonder» der Befehl kam
ihm vom Hofe zu, wo man erst beabsichtigte, dasselbe von Dilettanten
spielen zu lasse», durch die Hoftrauer aber unterbrochen wurde und
nun den Wunsch äußerte, es auf dem Burgtheater zu scheu. Unter
den Novitäten, die demnächst zur Aufführung vorbereitet sind, befindet
sich ein Stück von Otto Prechtlcr, betitelt: „die Kronenwächtcr" (nach
Arnim's Novelle) und die Lucrcce von Ponsard (!) nach der Ueber-
setzung von Gabriel Seidl. Was die Lucrcec aus einer deutschen
Bühne soll, das wissen nnr die Götter, die ohnehin so viel dummes
Zeug von uns wissen. In Frankreich gefiel das Stück, weil es an
das alte classische Drama erinnerte, an die Bühne Racine's und Cor-


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[0289] Allgemein ist dagegen der Beifall, den Baron von Kübeck durch seine strengen Maßregeln gegen das Schnnigglcrwescn sich erworben hat, das in Oesterreich, wie noch kann i» einem anderen Staate, sy¬ stematisch betrieben wurde. Daß der Wagen eines reichen Baro»S, der bisher ungehindert mehrmals durch die Stadtlinicn aus- und ein¬ fuhr, endlich ein Mal genau durchsucht, und als ein großes Behältniß zum Einschmärzc» von Tabak erkannt wurde, haben Sie in öffentli¬ chen Blättern bereits gelesen. Weniger bekannt dürfte es sein, daß ein großer Theil des SchmuggclhandelS an der böhmischen Grenze durch Bergleute befördert wurde. Man behauptet, daß ganze unter¬ irdische Gänge zu diesem Behuf gegraben oder benutzt wurden; sicher ist, daß die größten Depots eingeschwärzter Waar«n in Schachten und Gruben sich vorfanden. Die Ausbeute dieser Bergwerke war ungeheuer. Der hiesige Musikverein mit seinem Conservatorium —- das ein- zige Institut dieser Art in Wien — drohte bankerott zu werde«, und der Verein beschloß, um sich aus seinen Nöthen zu helfen, daS große Haus, das er erbauen ließ, durch eine Lotterie auszuspielen. Da nun aber die berüchtigten österreichischen Güterlottcricn durch einen Befehl des Kaisers fernerhin nicht gestattet werden solle» (blos einige, die vor dem Verbot ihre Concession erlangt hatten, werden noch stattfin¬ den), so beschloß der Präses des MusikvcrcinS, Herr Landgraf von Fürstenberg als Begünstigung für den schönen Zweck des Vereins ihm eine Ausnahme von dem allgemeinen Verbot zu erwirken. Allein kaum wurde dies bekannt, so beschloßen sogleich mehrere Wohlthätig, kcitsanstaltcn, sich gleichfalls mit einem ähnlichen Gesuche an den Mo¬ narchen zu wenden. Landgraf Fürstenberg gab also seinen Plan auf, stellte aber dem Kaiser die betrübte Lage des Instituts vor und erwarb demselben einen jährlichen Zuschuß von dreitausend Gulden aus der kaiserlichen Privatchatoulle, so daß jetzt das Schicksal des Vereins ge¬ sichert ist. Morgen kommt das fast vergessene Stück CSsario von Pius A. Wolf, wieder neu aufgegraben, in die Scene. Eine Notiz in der letz¬ ten Nummer der Grenzboten verdient eine Berichtigung; nicht Herr von Holbein brachte dieses Stück in Vorschlag, sonder» der Befehl kam ihm vom Hofe zu, wo man erst beabsichtigte, dasselbe von Dilettanten spielen zu lasse», durch die Hoftrauer aber unterbrochen wurde und nun den Wunsch äußerte, es auf dem Burgtheater zu scheu. Unter den Novitäten, die demnächst zur Aufführung vorbereitet sind, befindet sich ein Stück von Otto Prechtlcr, betitelt: „die Kronenwächtcr" (nach Arnim's Novelle) und die Lucrcce von Ponsard (!) nach der Ueber- setzung von Gabriel Seidl. Was die Lucrcec aus einer deutschen Bühne soll, das wissen nnr die Götter, die ohnehin so viel dummes Zeug von uns wissen. In Frankreich gefiel das Stück, weil es an das alte classische Drama erinnerte, an die Bühne Racine's und Cor-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/289>, abgerufen am 26.06.2024.