aller Gewandtheit eines thätigen Glückskindes, und so jung schon General und Gesandter, hatte er in der großen Welt, nachdem er sie einmal betreten, leichtes Spiel gehabt; als Günstling seines Königs war er bei fremden Hosen unter der Voraussetzung erschienen, ein vollkommener Absolutist zu sein, doch hatte er Klugheit genug, einzu¬ sehen, daß diese Meinung nicht überall zum Vortheil gereiche, und er wußte sie durch Benehmen und Wort gelegentlich einzuschränken. Unter dem Anschein bequemer Lässigkeit merkte er wachsam auf Alles, was um ihn her vorging; man glaubte ihn mit Frauen, Musik, Theater, Eleganz und Mode beschäftigt, und dahinter steckte kühles Beobachten, meist in" Dienste seiner Selbstsucht und seiner stärksten Leidenschaft, des Spiels, die er doch gern wieder unter vornehmer Gleichgiltigkeit verdecken wollte. Er war ohne Zweifel tapfer, sogar waghalsig, aber doch weniger auf eigentliche Kriegsthaten, als auf militärische Abenteuer gerichtet, sein rasches Aufsteigen verdankte er, wie ich selbst ihn eines Abends erzählen horte, dem wilden, unter den Augen des Königs gefaßten Entschlüsse, bei noch zweifelhaftem An¬ laß, ohne sich viel zu bekümmern, ob Freund oder Feind getroffen werde, ein blutiges Gemetzel anzurichten. Solch ein Offizier war höchst willkommen und wurde bestens ausgezeichnet. Aber sich in seiner Erhebung am Hofe zu halten, war ihm doch nicht gelungen; er hatte weichen müssen, indeß nur zu neuem Glücke, denn der fen"e Gesandtschaftsposten, den die Gunst ihm ausersah, war den Verhält¬ nissen, die für ihn daheim offen standen, weit vorzuziehen, sowohl an Genuß des Lebens, als an Ehre. Die Politik brauchte ihn hier wenig zu kümmern. Jetzt schien er ganz von Musik erfüllt und nur mit Parteinahme für Rossini beschäftigt, und da die Damen seinen Urtheilen widersprachen, so vertheidigte er ihn mit Lebhaftigkeit. Er wandte sich aber hauptsächlich an Frau von Varnhagen und trug ihr seine Meinung umständlich vor, ja zum bessern Belege zog er ein Blatt des kumm-i-lei- ti'un^is aus der Tasche und las einen von ihm selbst verfaßten und dem Pariser Journal zugesandten Artikel, worüber nicht wenig Verwunderung entstand, denn im Gesandten Ferdinand's VII. einen Mitarbeiter des heftigsten französischen Oppositionsblattes zu entdecken, war allerdings befremdlich genug; er hatte aber auch hier wahrscheinlich nicht erst lange unterscheiden mögen, ob er Freund oder Feind vor sich habe, das Blatt stand ihm durch seinen Landsmann,
Grenjbotcn I8ii. l. 24
aller Gewandtheit eines thätigen Glückskindes, und so jung schon General und Gesandter, hatte er in der großen Welt, nachdem er sie einmal betreten, leichtes Spiel gehabt; als Günstling seines Königs war er bei fremden Hosen unter der Voraussetzung erschienen, ein vollkommener Absolutist zu sein, doch hatte er Klugheit genug, einzu¬ sehen, daß diese Meinung nicht überall zum Vortheil gereiche, und er wußte sie durch Benehmen und Wort gelegentlich einzuschränken. Unter dem Anschein bequemer Lässigkeit merkte er wachsam auf Alles, was um ihn her vorging; man glaubte ihn mit Frauen, Musik, Theater, Eleganz und Mode beschäftigt, und dahinter steckte kühles Beobachten, meist in» Dienste seiner Selbstsucht und seiner stärksten Leidenschaft, des Spiels, die er doch gern wieder unter vornehmer Gleichgiltigkeit verdecken wollte. Er war ohne Zweifel tapfer, sogar waghalsig, aber doch weniger auf eigentliche Kriegsthaten, als auf militärische Abenteuer gerichtet, sein rasches Aufsteigen verdankte er, wie ich selbst ihn eines Abends erzählen horte, dem wilden, unter den Augen des Königs gefaßten Entschlüsse, bei noch zweifelhaftem An¬ laß, ohne sich viel zu bekümmern, ob Freund oder Feind getroffen werde, ein blutiges Gemetzel anzurichten. Solch ein Offizier war höchst willkommen und wurde bestens ausgezeichnet. Aber sich in seiner Erhebung am Hofe zu halten, war ihm doch nicht gelungen; er hatte weichen müssen, indeß nur zu neuem Glücke, denn der fen»e Gesandtschaftsposten, den die Gunst ihm ausersah, war den Verhält¬ nissen, die für ihn daheim offen standen, weit vorzuziehen, sowohl an Genuß des Lebens, als an Ehre. Die Politik brauchte ihn hier wenig zu kümmern. Jetzt schien er ganz von Musik erfüllt und nur mit Parteinahme für Rossini beschäftigt, und da die Damen seinen Urtheilen widersprachen, so vertheidigte er ihn mit Lebhaftigkeit. Er wandte sich aber hauptsächlich an Frau von Varnhagen und trug ihr seine Meinung umständlich vor, ja zum bessern Belege zog er ein Blatt des kumm-i-lei- ti'un^is aus der Tasche und las einen von ihm selbst verfaßten und dem Pariser Journal zugesandten Artikel, worüber nicht wenig Verwunderung entstand, denn im Gesandten Ferdinand's VII. einen Mitarbeiter des heftigsten französischen Oppositionsblattes zu entdecken, war allerdings befremdlich genug; er hatte aber auch hier wahrscheinlich nicht erst lange unterscheiden mögen, ob er Freund oder Feind vor sich habe, das Blatt stand ihm durch seinen Landsmann,
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aller Gewandtheit eines thätigen Glückskindes, und so jung schon
General und Gesandter, hatte er in der großen Welt, nachdem er sie
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war er bei fremden Hosen unter der Voraussetzung erschienen, ein
vollkommener Absolutist zu sein, doch hatte er Klugheit genug, einzu¬
sehen, daß diese Meinung nicht überall zum Vortheil gereiche, und er
wußte sie durch Benehmen und Wort gelegentlich einzuschränken.
Unter dem Anschein bequemer Lässigkeit merkte er wachsam auf Alles,
was um ihn her vorging; man glaubte ihn mit Frauen, Musik,
Theater, Eleganz und Mode beschäftigt, und dahinter steckte kühles
Beobachten, meist in» Dienste seiner Selbstsucht und seiner stärksten
Leidenschaft, des Spiels, die er doch gern wieder unter vornehmer
Gleichgiltigkeit verdecken wollte. Er war ohne Zweifel tapfer, sogar
waghalsig, aber doch weniger auf eigentliche Kriegsthaten, als auf
militärische Abenteuer gerichtet, sein rasches Aufsteigen verdankte er,
wie ich selbst ihn eines Abends erzählen horte, dem wilden, unter den
Augen des Königs gefaßten Entschlüsse, bei noch zweifelhaftem An¬
laß, ohne sich viel zu bekümmern, ob Freund oder Feind getroffen
werde, ein blutiges Gemetzel anzurichten. Solch ein Offizier war
höchst willkommen und wurde bestens ausgezeichnet. Aber sich in
seiner Erhebung am Hofe zu halten, war ihm doch nicht gelungen;
er hatte weichen müssen, indeß nur zu neuem Glücke, denn der fen»e
Gesandtschaftsposten, den die Gunst ihm ausersah, war den Verhält¬
nissen, die für ihn daheim offen standen, weit vorzuziehen, sowohl an
Genuß des Lebens, als an Ehre. Die Politik brauchte ihn hier
wenig zu kümmern. Jetzt schien er ganz von Musik erfüllt und nur
mit Parteinahme für Rossini beschäftigt, und da die Damen seinen
Urtheilen widersprachen, so vertheidigte er ihn mit Lebhaftigkeit. Er
wandte sich aber hauptsächlich an Frau von Varnhagen und trug
ihr seine Meinung umständlich vor, ja zum bessern Belege zog er ein
Blatt des kumm-i-lei- ti'un^is aus der Tasche und las einen von ihm
selbst verfaßten und dem Pariser Journal zugesandten Artikel, worüber
nicht wenig Verwunderung entstand, denn im Gesandten Ferdinand's VII.
einen Mitarbeiter des heftigsten französischen Oppositionsblattes zu
entdecken, war allerdings befremdlich genug; er hatte aber auch hier
wahrscheinlich nicht erst lange unterscheiden mögen, ob er Freund oder
Feind vor sich habe, das Blatt stand ihm durch seinen Landsmann,
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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/185>, abgerufen am 23.12.2024.
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