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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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nachgegeben werden sollen. Wir sind bei den Angelegenheiten der
preußischen Presse deshalb etwas länger verweilt, weil der Kampf allge^
mein gegen diesen Gegenstand sich gewendet hat, und die errungene Frei -
heil hierin immer die erste und breiteste Basis des öffentlichen Staats¬
lebens sowohl in Preußen als in Deutschland bilden wird. Auch
kann Preußen ohne eine aufrichtige, freisinnige und kräftige Beschulung
derselben nimmermehr hoffen, eine allgemeine Sympathie im Gesammt-
vaterlande zu erlangen. Wir sprechen daher eben so sehr im Interesse
der Regierung als der Nation, und es freut uns, melden zu können,
daß die nächsten Landtagsabschiede, die seit neun Monaten in reift
sicher Ueberlegung und Bearbeitung begriffen sind, einige (Lrleichter-
ungcn, wie aus guter Quelle verlautet, bringen werden. Auch scheint
das Ministerium in neuester Zeit die Unterdrückung und Vernichtung
der noch bestehenden selbständigen Zeitungen nicht mehr bezwecken
zu wollen, eine Richtung, die wir um so mehr lobend anerkennen
müssen, als in geistuzen Dingen auch der glänzendste Sieg immer zu
einer Niederlage für die Negierung in der öffentlichen Meinung sich
gestaltet.

Dies sollten auch die kleinern Staaten beherzigen und ent¬
schiedener, als es bisher geschehen ist, für die Freiheit der Presse und
die aufrichtige Verwirklichung eines öffentlichen Staatslebens auf¬
treten, weil dadurch ihre innere, wie ihre äußere Sicherheit nur wachsen
kann. In der zweiten baierischen Kammer ist jedoch, während die
erste darüber ein feierliches Schweigen beobachtet hat, kräftig für die
freie Presse gesprochen worden, wie nicht minder in der sächsischen
Kammer, die auch entschieden für das öffentliche Gerichtsverfahren
sich erklärt hat. Während aber das sächsische Ministerium dieser
neuen Entwickelung, die überall in Deutschland den freudigsten An
klang gefunden hat, den hartnäckigsten Widerstand entgegensetzte, hat
das neue Badische Ministerium ein auf Oeffentlichkeit und Münd-
lichkeit basirteS Criminalproceßverfahrcn den versammelten Ständen vor<
gelegt, das nicht allein dort angenommen, sondern auch wohl später
im Bunde mit dem rheinischen Verfahren, die. Runde über ganz
Deutschland machen wird.

Wir haben in unsrer flüchtigen Skizze wegen Mangel an Raum
und um die Zeit und Geduld der Leser nicht zu sehr in Anspruch zu
nehmen, nur die wichtigsten Lebensfragen, welche Deutschland jetzt


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nachgegeben werden sollen. Wir sind bei den Angelegenheiten der
preußischen Presse deshalb etwas länger verweilt, weil der Kampf allge^
mein gegen diesen Gegenstand sich gewendet hat, und die errungene Frei -
heil hierin immer die erste und breiteste Basis des öffentlichen Staats¬
lebens sowohl in Preußen als in Deutschland bilden wird. Auch
kann Preußen ohne eine aufrichtige, freisinnige und kräftige Beschulung
derselben nimmermehr hoffen, eine allgemeine Sympathie im Gesammt-
vaterlande zu erlangen. Wir sprechen daher eben so sehr im Interesse
der Regierung als der Nation, und es freut uns, melden zu können,
daß die nächsten Landtagsabschiede, die seit neun Monaten in reift
sicher Ueberlegung und Bearbeitung begriffen sind, einige (Lrleichter-
ungcn, wie aus guter Quelle verlautet, bringen werden. Auch scheint
das Ministerium in neuester Zeit die Unterdrückung und Vernichtung
der noch bestehenden selbständigen Zeitungen nicht mehr bezwecken
zu wollen, eine Richtung, die wir um so mehr lobend anerkennen
müssen, als in geistuzen Dingen auch der glänzendste Sieg immer zu
einer Niederlage für die Negierung in der öffentlichen Meinung sich
gestaltet.

Dies sollten auch die kleinern Staaten beherzigen und ent¬
schiedener, als es bisher geschehen ist, für die Freiheit der Presse und
die aufrichtige Verwirklichung eines öffentlichen Staatslebens auf¬
treten, weil dadurch ihre innere, wie ihre äußere Sicherheit nur wachsen
kann. In der zweiten baierischen Kammer ist jedoch, während die
erste darüber ein feierliches Schweigen beobachtet hat, kräftig für die
freie Presse gesprochen worden, wie nicht minder in der sächsischen
Kammer, die auch entschieden für das öffentliche Gerichtsverfahren
sich erklärt hat. Während aber das sächsische Ministerium dieser
neuen Entwickelung, die überall in Deutschland den freudigsten An
klang gefunden hat, den hartnäckigsten Widerstand entgegensetzte, hat
das neue Badische Ministerium ein auf Oeffentlichkeit und Münd-
lichkeit basirteS Criminalproceßverfahrcn den versammelten Ständen vor<
gelegt, das nicht allein dort angenommen, sondern auch wohl später
im Bunde mit dem rheinischen Verfahren, die. Runde über ganz
Deutschland machen wird.

Wir haben in unsrer flüchtigen Skizze wegen Mangel an Raum
und um die Zeit und Geduld der Leser nicht zu sehr in Anspruch zu
nehmen, nur die wichtigsten Lebensfragen, welche Deutschland jetzt


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[0017] nachgegeben werden sollen. Wir sind bei den Angelegenheiten der preußischen Presse deshalb etwas länger verweilt, weil der Kampf allge^ mein gegen diesen Gegenstand sich gewendet hat, und die errungene Frei - heil hierin immer die erste und breiteste Basis des öffentlichen Staats¬ lebens sowohl in Preußen als in Deutschland bilden wird. Auch kann Preußen ohne eine aufrichtige, freisinnige und kräftige Beschulung derselben nimmermehr hoffen, eine allgemeine Sympathie im Gesammt- vaterlande zu erlangen. Wir sprechen daher eben so sehr im Interesse der Regierung als der Nation, und es freut uns, melden zu können, daß die nächsten Landtagsabschiede, die seit neun Monaten in reift sicher Ueberlegung und Bearbeitung begriffen sind, einige (Lrleichter- ungcn, wie aus guter Quelle verlautet, bringen werden. Auch scheint das Ministerium in neuester Zeit die Unterdrückung und Vernichtung der noch bestehenden selbständigen Zeitungen nicht mehr bezwecken zu wollen, eine Richtung, die wir um so mehr lobend anerkennen müssen, als in geistuzen Dingen auch der glänzendste Sieg immer zu einer Niederlage für die Negierung in der öffentlichen Meinung sich gestaltet. Dies sollten auch die kleinern Staaten beherzigen und ent¬ schiedener, als es bisher geschehen ist, für die Freiheit der Presse und die aufrichtige Verwirklichung eines öffentlichen Staatslebens auf¬ treten, weil dadurch ihre innere, wie ihre äußere Sicherheit nur wachsen kann. In der zweiten baierischen Kammer ist jedoch, während die erste darüber ein feierliches Schweigen beobachtet hat, kräftig für die freie Presse gesprochen worden, wie nicht minder in der sächsischen Kammer, die auch entschieden für das öffentliche Gerichtsverfahren sich erklärt hat. Während aber das sächsische Ministerium dieser neuen Entwickelung, die überall in Deutschland den freudigsten An klang gefunden hat, den hartnäckigsten Widerstand entgegensetzte, hat das neue Badische Ministerium ein auf Oeffentlichkeit und Münd- lichkeit basirteS Criminalproceßverfahrcn den versammelten Ständen vor< gelegt, das nicht allein dort angenommen, sondern auch wohl später im Bunde mit dem rheinischen Verfahren, die. Runde über ganz Deutschland machen wird. Wir haben in unsrer flüchtigen Skizze wegen Mangel an Raum und um die Zeit und Geduld der Leser nicht zu sehr in Anspruch zu nehmen, nur die wichtigsten Lebensfragen, welche Deutschland jetzt G'r-nzl'oder 5«^- 1- ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/17>, abgerufen am 03.07.2024.