Nicht ohne Wehmuth kann man auf diese Ruine alter Kraft und Wissenschaft blicken, sie zerfällt wie so manches Herrliche, lang¬ sam, allmälig, nicht einmal mit einem Schrei des Schmerzes oder Zornes. Und dabei ist der Geist der Studirenden unverkennbar ein reger, erfreulicher, aber: "ES ist dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen." Ein Leseverein, das sogenannte Mu¬ seum, hat einen reichhaltigen Vorrath von Schriften und Journalen, aber von der dabei beabsichtigten Annäherung der Professoren zu den Studirenden ist keine Spur zu finden. Im Gegentheil ist über mancherlei Vorfälle Mißtrauen und Zwist entstanden, und wiewohl im Ausschuß die Stimmen zwischen Professoren und Studirenden gleich vertheilt sind, so weiß man doch zu wohl bei den Wahlen umsichtig zu verfahren und der Kastengeist ist hier wieder im Conflict mit dem allgemeinen, -- auch unter den Studirenden.
Hier haben Sie ein Bild, eine Skizze der heutigen Philippina, derselben, die einst der Stolz des protestantischen Deutschlands war, derselben, auf welcher jetzt allein die Jugend Kurhesseus zum Staats¬ dienst, zur Lebensfreiheit herangebildet wird. Ich beuge mein Haupt in Demuth.
Nicht ohne Wehmuth kann man auf diese Ruine alter Kraft und Wissenschaft blicken, sie zerfällt wie so manches Herrliche, lang¬ sam, allmälig, nicht einmal mit einem Schrei des Schmerzes oder Zornes. Und dabei ist der Geist der Studirenden unverkennbar ein reger, erfreulicher, aber: „ES ist dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen." Ein Leseverein, das sogenannte Mu¬ seum, hat einen reichhaltigen Vorrath von Schriften und Journalen, aber von der dabei beabsichtigten Annäherung der Professoren zu den Studirenden ist keine Spur zu finden. Im Gegentheil ist über mancherlei Vorfälle Mißtrauen und Zwist entstanden, und wiewohl im Ausschuß die Stimmen zwischen Professoren und Studirenden gleich vertheilt sind, so weiß man doch zu wohl bei den Wahlen umsichtig zu verfahren und der Kastengeist ist hier wieder im Conflict mit dem allgemeinen, — auch unter den Studirenden.
Hier haben Sie ein Bild, eine Skizze der heutigen Philippina, derselben, die einst der Stolz des protestantischen Deutschlands war, derselben, auf welcher jetzt allein die Jugend Kurhesseus zum Staats¬ dienst, zur Lebensfreiheit herangebildet wird. Ich beuge mein Haupt in Demuth.
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Nicht ohne Wehmuth kann man auf diese Ruine alter Kraft
und Wissenschaft blicken, sie zerfällt wie so manches Herrliche, lang¬
sam, allmälig, nicht einmal mit einem Schrei des Schmerzes oder
Zornes. Und dabei ist der Geist der Studirenden unverkennbar
ein reger, erfreulicher, aber: „ES ist dafür gesorgt, daß die Bäume
nicht in den Himmel wachsen." Ein Leseverein, das sogenannte Mu¬
seum, hat einen reichhaltigen Vorrath von Schriften und Journalen,
aber von der dabei beabsichtigten Annäherung der Professoren zu
den Studirenden ist keine Spur zu finden. Im Gegentheil ist über
mancherlei Vorfälle Mißtrauen und Zwist entstanden, und wiewohl
im Ausschuß die Stimmen zwischen Professoren und Studirenden
gleich vertheilt sind, so weiß man doch zu wohl bei den Wahlen
umsichtig zu verfahren und der Kastengeist ist hier wieder im Conflict
mit dem allgemeinen, — auch unter den Studirenden.
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derselben, die einst der Stolz des protestantischen Deutschlands war,
derselben, auf welcher jetzt allein die Jugend Kurhesseus zum Staats¬
dienst, zur Lebensfreiheit herangebildet wird. Ich beuge mein Haupt
in Demuth.
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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/154>, abgerufen am 22.12.2024.
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