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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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Skizzen aus dem deutschen Universitätsleben.
Von Ernst Dronte.



II.
Die Universität Marburg.

Marburg ist bekanntlich eine der altem deutschen Universitäten;
-- wem es etwa nicht bekannt ist, den verweisen wir auf die all¬
jährlichen Reden der Prorectoren und Decane. Als die erste, d. h.
älteste protestantische Hochschule, als Landesuniversität eines deutschen
Bundesstaates verdient sie allein schon Beachtung, wenn es besonderer
Gründe zu einer Beleuchtung akademischer Verhältnisse bedürfen sollte:
allein wir glauben, daß eine öffentliche Anstalt auch der öffentlichen
Kritik unterworfen ist, trotzdem man sich auch in den jüngsten Tagen
mit solcher Hartnäckigkeit an gewissen Orten dagegen wehrt. Mar¬
burgs Vergangenheit war zudem eine große. 'Sein Name hat einst
an dem vaterländischen Himmel geglänzt wie ein Heller Stern, jetzt
ist er erblaßt, er will zerstieben: sollen wir nicht unsere Augen auf
ihn heften? Es war die Wiege großer Heroen; Savigny, Vangerow,
O. Müller, Mackeldey, Herrmann haben hier ihre Laufbahn begon¬
nen, keiner von ihnen beschlossen: sollen wir da nicht halten und
nach der Gegenwart fragen? Diese Gegenwart wird auch Ver¬
gangenheit.

Nicht ohne Absicht ist das Alter Marburgs vorangestellt. Die
Universität, -- nicht das Gebäude, denn ein solches gibt es nicht,
die Gewohnheit des Lehrers und Hörens in Marburg ist alt, seine
Institutionen sind alt, seine Professoren sind alt. Wir werden das
gleich sehen. Von dem historischen Alter bedarf es keines Nachweis


Ärcnzboten !Si". l. 19
Skizzen aus dem deutschen Universitätsleben.
Von Ernst Dronte.



II.
Die Universität Marburg.

Marburg ist bekanntlich eine der altem deutschen Universitäten;
— wem es etwa nicht bekannt ist, den verweisen wir auf die all¬
jährlichen Reden der Prorectoren und Decane. Als die erste, d. h.
älteste protestantische Hochschule, als Landesuniversität eines deutschen
Bundesstaates verdient sie allein schon Beachtung, wenn es besonderer
Gründe zu einer Beleuchtung akademischer Verhältnisse bedürfen sollte:
allein wir glauben, daß eine öffentliche Anstalt auch der öffentlichen
Kritik unterworfen ist, trotzdem man sich auch in den jüngsten Tagen
mit solcher Hartnäckigkeit an gewissen Orten dagegen wehrt. Mar¬
burgs Vergangenheit war zudem eine große. 'Sein Name hat einst
an dem vaterländischen Himmel geglänzt wie ein Heller Stern, jetzt
ist er erblaßt, er will zerstieben: sollen wir nicht unsere Augen auf
ihn heften? Es war die Wiege großer Heroen; Savigny, Vangerow,
O. Müller, Mackeldey, Herrmann haben hier ihre Laufbahn begon¬
nen, keiner von ihnen beschlossen: sollen wir da nicht halten und
nach der Gegenwart fragen? Diese Gegenwart wird auch Ver¬
gangenheit.

Nicht ohne Absicht ist das Alter Marburgs vorangestellt. Die
Universität, — nicht das Gebäude, denn ein solches gibt es nicht,
die Gewohnheit des Lehrers und Hörens in Marburg ist alt, seine
Institutionen sind alt, seine Professoren sind alt. Wir werden das
gleich sehen. Von dem historischen Alter bedarf es keines Nachweis


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[0149] Skizzen aus dem deutschen Universitätsleben. Von Ernst Dronte. II. Die Universität Marburg. Marburg ist bekanntlich eine der altem deutschen Universitäten; — wem es etwa nicht bekannt ist, den verweisen wir auf die all¬ jährlichen Reden der Prorectoren und Decane. Als die erste, d. h. älteste protestantische Hochschule, als Landesuniversität eines deutschen Bundesstaates verdient sie allein schon Beachtung, wenn es besonderer Gründe zu einer Beleuchtung akademischer Verhältnisse bedürfen sollte: allein wir glauben, daß eine öffentliche Anstalt auch der öffentlichen Kritik unterworfen ist, trotzdem man sich auch in den jüngsten Tagen mit solcher Hartnäckigkeit an gewissen Orten dagegen wehrt. Mar¬ burgs Vergangenheit war zudem eine große. 'Sein Name hat einst an dem vaterländischen Himmel geglänzt wie ein Heller Stern, jetzt ist er erblaßt, er will zerstieben: sollen wir nicht unsere Augen auf ihn heften? Es war die Wiege großer Heroen; Savigny, Vangerow, O. Müller, Mackeldey, Herrmann haben hier ihre Laufbahn begon¬ nen, keiner von ihnen beschlossen: sollen wir da nicht halten und nach der Gegenwart fragen? Diese Gegenwart wird auch Ver¬ gangenheit. Nicht ohne Absicht ist das Alter Marburgs vorangestellt. Die Universität, — nicht das Gebäude, denn ein solches gibt es nicht, die Gewohnheit des Lehrers und Hörens in Marburg ist alt, seine Institutionen sind alt, seine Professoren sind alt. Wir werden das gleich sehen. Von dem historischen Alter bedarf es keines Nachweis Ärcnzboten !Si«. l. 19

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/149>, abgerufen am 29.06.2024.