in Aller Mund ist, dessen Bilder, die man aus dem Salon als auf¬ rührerisch verwiesen, ganz Paris nach seinem Atelier zogen, und wel¬ cher so schnell werden sollte, was er jetzt ist: der berühmteste, popu¬ lärste, und fruchtbarste Maler des heutigen Frankreichs.
Horace Vernet ist weder ein Schüler Raphael's, Rubens', noch David's; er ist weder ein großer Zeichner, noch ein großer Colorist, seine Werke zeigen weder die Grazie da Vinci's, die Farbengluth Titian's, noch die Kraft Michelangelo's; als Schlachtenmaler erhebt er sich eben so wenig über Salvator Rosa wie über van der Meu- ten und Gros; als Historienmaler zeigt er weder die reinen und ausdrucksvollen Konturen von JngreS, noch den dramatischen Eklek- tizismus von Delaroche, noch die oft glückliche Kühnheit von Dela- croir :c.; eS ist unmöglich, ihn in eine der Abtheilungen einzureihen" in welche sich die heutige französische Malerschule trennt: und doch ist er ein großer Maler.
Ich lasse mich nicht mehr als jeder Andere von der Populari- tät blenden. Ich gebe gern zu, daß Vernet, wenn er statt Ereig¬ nissen, die noch im Herzen des Volkes lebten, griechische und römische Schlachten gemalt hätte, vielleicht nicht als Entschädigung für seine Popularität den Beifall der Kenner davon getragen haben würde. Der Gegenstand seiner Gemälde hat allerdings viel zu seinem Ruhme beigetragen, und ich fühle recht gut, wie viel die Correctheit der Zeich¬ nung, die Wärme und der Reichthum des Colorits, die Ausführung des Details, die Tiefe und der Schwung der Gedanken, und die Poesie des Ensemble in Vernet's Kompositionen zu wünschen übrig lassen. Aber wenn seine Erfindung zuweilen auch ärmlich, der Aus¬ druck im Ensemble dürftig ist, mit welchem Feuer, welcher Handlung, welcher Mannigfaltigkeit in Anordnung und Ausführung entschädigt er uns dafür im Einzelnen! Welche bewundernswerthe Geschicklich- keit, Bewegung und Gewühl festzuhalten und doch lebendig vor die Augen zu bringen, die unendliche Verschiedenheit der Stellungen und Gruppen der Kämpfenden in Ordnung zu halten; den Schwierig¬ keiten auszuweichen, welche die regelmäßigen Massen der heutigen Kriegsführung dem Künstler entgegenstellen; welche Fruchtbarkeit, welche gewandte Technik! Man darf von der Kunst Verres nicht die Eigen¬ schaften verlangen, welche Nachdenken und Mühe geben; nehmen wir den Künstler als das, was er ist und wohl auch sein will:
in Aller Mund ist, dessen Bilder, die man aus dem Salon als auf¬ rührerisch verwiesen, ganz Paris nach seinem Atelier zogen, und wel¬ cher so schnell werden sollte, was er jetzt ist: der berühmteste, popu¬ lärste, und fruchtbarste Maler des heutigen Frankreichs.
Horace Vernet ist weder ein Schüler Raphael's, Rubens', noch David's; er ist weder ein großer Zeichner, noch ein großer Colorist, seine Werke zeigen weder die Grazie da Vinci's, die Farbengluth Titian's, noch die Kraft Michelangelo's; als Schlachtenmaler erhebt er sich eben so wenig über Salvator Rosa wie über van der Meu- ten und Gros; als Historienmaler zeigt er weder die reinen und ausdrucksvollen Konturen von JngreS, noch den dramatischen Eklek- tizismus von Delaroche, noch die oft glückliche Kühnheit von Dela- croir :c.; eS ist unmöglich, ihn in eine der Abtheilungen einzureihen» in welche sich die heutige französische Malerschule trennt: und doch ist er ein großer Maler.
Ich lasse mich nicht mehr als jeder Andere von der Populari- tät blenden. Ich gebe gern zu, daß Vernet, wenn er statt Ereig¬ nissen, die noch im Herzen des Volkes lebten, griechische und römische Schlachten gemalt hätte, vielleicht nicht als Entschädigung für seine Popularität den Beifall der Kenner davon getragen haben würde. Der Gegenstand seiner Gemälde hat allerdings viel zu seinem Ruhme beigetragen, und ich fühle recht gut, wie viel die Correctheit der Zeich¬ nung, die Wärme und der Reichthum des Colorits, die Ausführung des Details, die Tiefe und der Schwung der Gedanken, und die Poesie des Ensemble in Vernet's Kompositionen zu wünschen übrig lassen. Aber wenn seine Erfindung zuweilen auch ärmlich, der Aus¬ druck im Ensemble dürftig ist, mit welchem Feuer, welcher Handlung, welcher Mannigfaltigkeit in Anordnung und Ausführung entschädigt er uns dafür im Einzelnen! Welche bewundernswerthe Geschicklich- keit, Bewegung und Gewühl festzuhalten und doch lebendig vor die Augen zu bringen, die unendliche Verschiedenheit der Stellungen und Gruppen der Kämpfenden in Ordnung zu halten; den Schwierig¬ keiten auszuweichen, welche die regelmäßigen Massen der heutigen Kriegsführung dem Künstler entgegenstellen; welche Fruchtbarkeit, welche gewandte Technik! Man darf von der Kunst Verres nicht die Eigen¬ schaften verlangen, welche Nachdenken und Mühe geben; nehmen wir den Künstler als das, was er ist und wohl auch sein will:
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in Aller Mund ist, dessen Bilder, die man aus dem Salon als auf¬
rührerisch verwiesen, ganz Paris nach seinem Atelier zogen, und wel¬
cher so schnell werden sollte, was er jetzt ist: der berühmteste, popu¬
lärste, und fruchtbarste Maler des heutigen Frankreichs.
Horace Vernet ist weder ein Schüler Raphael's, Rubens', noch
David's; er ist weder ein großer Zeichner, noch ein großer Colorist,
seine Werke zeigen weder die Grazie da Vinci's, die Farbengluth
Titian's, noch die Kraft Michelangelo's; als Schlachtenmaler erhebt
er sich eben so wenig über Salvator Rosa wie über van der Meu-
ten und Gros; als Historienmaler zeigt er weder die reinen und
ausdrucksvollen Konturen von JngreS, noch den dramatischen Eklek-
tizismus von Delaroche, noch die oft glückliche Kühnheit von Dela-
croir :c.; eS ist unmöglich, ihn in eine der Abtheilungen einzureihen»
in welche sich die heutige französische Malerschule trennt: und doch
ist er ein großer Maler.
Ich lasse mich nicht mehr als jeder Andere von der Populari-
tät blenden. Ich gebe gern zu, daß Vernet, wenn er statt Ereig¬
nissen, die noch im Herzen des Volkes lebten, griechische und römische
Schlachten gemalt hätte, vielleicht nicht als Entschädigung für seine
Popularität den Beifall der Kenner davon getragen haben würde. Der
Gegenstand seiner Gemälde hat allerdings viel zu seinem Ruhme
beigetragen, und ich fühle recht gut, wie viel die Correctheit der Zeich¬
nung, die Wärme und der Reichthum des Colorits, die Ausführung
des Details, die Tiefe und der Schwung der Gedanken, und die
Poesie des Ensemble in Vernet's Kompositionen zu wünschen übrig
lassen. Aber wenn seine Erfindung zuweilen auch ärmlich, der Aus¬
druck im Ensemble dürftig ist, mit welchem Feuer, welcher Handlung,
welcher Mannigfaltigkeit in Anordnung und Ausführung entschädigt
er uns dafür im Einzelnen! Welche bewundernswerthe Geschicklich-
keit, Bewegung und Gewühl festzuhalten und doch lebendig vor die
Augen zu bringen, die unendliche Verschiedenheit der Stellungen und
Gruppen der Kämpfenden in Ordnung zu halten; den Schwierig¬
keiten auszuweichen, welche die regelmäßigen Massen der heutigen
Kriegsführung dem Künstler entgegenstellen; welche Fruchtbarkeit, welche
gewandte Technik! Man darf von der Kunst Verres nicht die Eigen¬
schaften verlangen, welche Nachdenken und Mühe geben; nehmen
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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/140>, abgerufen am 22.12.2024.
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