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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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und Correggio so katholisch waren, wie es Führich ist; von neuern
Malern gar nicht zu reden. Der bildende Künstler neigt sich zwar
unwillkürlich, instinctmäßig dem katholischen Himmel zu, er stage aber
nicht viel nach dem Dogma, sein Glaube liegt in seiner Phantasie;
er sucht ihn nicht erst durch Bekämpfung des Skepticismus zu errin¬
gen und durch eine Absonderung von allen geistigen Genüssen einer
Welt, die für ihn denkt, sich zu bewahren. Wenn der Künstler sonst
Nichts von Speculationen der modernen Philosophie wissen will, so
geschieht es, weil ihm diese keine gereisten Früchte, keine anschaulichen
Resultate bieten kann; er läßt sich dagegen Alles gefallen, was da¬
von in das Leben Übergängen ist. Führich dagegen spricht sich mit
leidenschaftlicher Polemik gegen alle moderne Erscheinung, Richtung
und Steigung aus; diese Stimmung, die kein unkatholisches Gefühl
begreifen und für wahr halten kann, ist nicht aus naivem Künstler¬
sinn erwachsen. Führich gibt sich selbst als einen Schüler der Schle¬
gel, Stollbergs und Görres', in gewissem Sinne sogar als einen
"Geretteten" zu erkennen. Nach dem Urtheil von Kunstkennern ist
Führich, in seinen Werken, eins eigene Schule, die aber keine Jünger
hat. Seine Gemälde haben alle streng kirchlichen Charakter.

Auch "Rank" fehlt in diesem Jahrgange der "Libussa". Wir
haben das Buch "aus dem Böhmerwalde" und die "vier Brüder aus
dem Volke" in diesen Blättern schon besprochen gesehen; es wäre
daher überflüssig, hier darauf zurückzukommen. Nur CineS sei be¬
merkt. Wer nicht ganz blind ist, wird an ihm ein Etwas erkennen,
das sich nicht gut definiren läßt, das ihn aber von all den deutschen,
im Czechenland erwachsenen Poeten unterscheidet. Dieser Unterschied
liegt nicht blos in der besondern Art und Weise seines Talents, son¬
dern in seinem grunddeutschen Wesen, das von einern. ungetrübten,
rein nationalen Volksleben gepflegt worden ist. So sehr Rank in
seinem provinziellen Böhmerwald wurzelt, ist er doch smehr allgemein
deutsch, als jene, die erst auf dem Umwege kosmopolitischer Bildung
zu ihrem Deutschthum gelangen.

Wir haben noch Uffo Horn zu erwähnen, der ein Vorspiel
zu seiner Tragödie: "König Ottokar" unter dem Titel: "Die drei
Fürsten" mittheilt. Aus einem Vorspiel läßt sich nicht auf das
Drama schließen, doch zeigt Horn hier, wie in allen poetischen Ver¬
suchen, die wir von ihm kennen, viel Schwung der Diction, mehr


und Correggio so katholisch waren, wie es Führich ist; von neuern
Malern gar nicht zu reden. Der bildende Künstler neigt sich zwar
unwillkürlich, instinctmäßig dem katholischen Himmel zu, er stage aber
nicht viel nach dem Dogma, sein Glaube liegt in seiner Phantasie;
er sucht ihn nicht erst durch Bekämpfung des Skepticismus zu errin¬
gen und durch eine Absonderung von allen geistigen Genüssen einer
Welt, die für ihn denkt, sich zu bewahren. Wenn der Künstler sonst
Nichts von Speculationen der modernen Philosophie wissen will, so
geschieht es, weil ihm diese keine gereisten Früchte, keine anschaulichen
Resultate bieten kann; er läßt sich dagegen Alles gefallen, was da¬
von in das Leben Übergängen ist. Führich dagegen spricht sich mit
leidenschaftlicher Polemik gegen alle moderne Erscheinung, Richtung
und Steigung aus; diese Stimmung, die kein unkatholisches Gefühl
begreifen und für wahr halten kann, ist nicht aus naivem Künstler¬
sinn erwachsen. Führich gibt sich selbst als einen Schüler der Schle¬
gel, Stollbergs und Görres', in gewissem Sinne sogar als einen
„Geretteten" zu erkennen. Nach dem Urtheil von Kunstkennern ist
Führich, in seinen Werken, eins eigene Schule, die aber keine Jünger
hat. Seine Gemälde haben alle streng kirchlichen Charakter.

Auch „Rank" fehlt in diesem Jahrgange der „Libussa". Wir
haben das Buch „aus dem Böhmerwalde" und die „vier Brüder aus
dem Volke" in diesen Blättern schon besprochen gesehen; es wäre
daher überflüssig, hier darauf zurückzukommen. Nur CineS sei be¬
merkt. Wer nicht ganz blind ist, wird an ihm ein Etwas erkennen,
das sich nicht gut definiren läßt, das ihn aber von all den deutschen,
im Czechenland erwachsenen Poeten unterscheidet. Dieser Unterschied
liegt nicht blos in der besondern Art und Weise seines Talents, son¬
dern in seinem grunddeutschen Wesen, das von einern. ungetrübten,
rein nationalen Volksleben gepflegt worden ist. So sehr Rank in
seinem provinziellen Böhmerwald wurzelt, ist er doch smehr allgemein
deutsch, als jene, die erst auf dem Umwege kosmopolitischer Bildung
zu ihrem Deutschthum gelangen.

Wir haben noch Uffo Horn zu erwähnen, der ein Vorspiel
zu seiner Tragödie: „König Ottokar" unter dem Titel: „Die drei
Fürsten" mittheilt. Aus einem Vorspiel läßt sich nicht auf das
Drama schließen, doch zeigt Horn hier, wie in allen poetischen Ver¬
suchen, die wir von ihm kennen, viel Schwung der Diction, mehr


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/108>, abgerufen am 29.06.2024.