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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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wo wir wohnen, der Verbrüderung entgegenreifen, zu einem Organ zu
dienen! Wir finden in dem wachen Selbstbewußtsein der Völker einen
Erweis der innersten Gesundung. So thöricht und bedeutungslos uns
einerseits die eitle Prahlerei des Nationalitätsrauscheö erscheint, der es
an Herz für die gemeinsamen Zwecke der Völker fehlt/ so verwerflich bezeich¬
nen wir ebenfalls die Verflachung abstrakter Tendenzen, jenen schweifenden
Kosmopolitismus, der nichts weiter als das ist, welcher den Mittelpunkt,
den Quell der lebendigen Kraft, die Völkerpersonen und den Selbstbe¬
stand des freien Mannes in farblose Formeln auflösen möchte. Wir
würden dem Ort, der Hauptstadt eines rasch und muthig strebenden
Staates, nicht Genüge leisten, wir würden unserm Vaterlande, welches
.in der Mitte Europas wie ein Schutz- und Wachtposten der Bildung
steht, entsagen, wenn wir uns einer bleichen Deutschthümelei hingä¬
ben, welche, zu feig um die Marken ihres Reviers zu überschreiten, in
dem Völkerbewußtsein keine höhere herrschende und begeisternde Gewalt,
sondern nichts als eine trübe, bedauerliche Winkelfippschaft findet. Es
ist der Nationalgeist der Volker, den wir ehren, dessen Verkehr'zu för¬
dern Unsere höchste und stolzeste Aufgabe sein soll. In diesem Gefühl
hegen wir die feste Ueberzeugung, daß wir alle wahren Patrioten, in
Welcher Zunge sie auch reden, zu den Freunden dieser, Sache zählen
dürfen. Nicht, als ob wir den Kampf um Besitz und Recht scheu¬
ten oder vermieden; aber um werden ihn mir kämpfen, wenn Preis und
Waffen darnach sind. -- Daß das Unternehmen, der Grenzboten Beach¬
tung gesunden, hat uns die kurze Erfahrung des verflossenen Trimesters
gelehrt. Wir wollen hier nicht, auf die freundliche Aufmunterung hin¬
weisen, welche die deutsche Presse dem Blatte schenkte; es war vorauszusehen,
daß die im nationalen Sinne redigirten Blätter wie die Augs-
burger Allgemeine Zeitung, die Oberdeutsche Zeitung, die Kölnische Zei¬
tung ze. einem Organe nicht entgegentreten werden, dessen Wirken die
Geltendmachung deutschen Geisteslebens im Auslande erzielt, und, welches
allerdings, um Fortgang zu gewinnen, mit der deutschen Presse in Verband
stehen muß. Wichtig ist für das Unternehmen die, Anerkennung, welche die bel¬
gischen Blätter der entgegengesetzten Landesparteien (der O^sei-valeur, das
Hauptorgan der Liberalen, und das Form-ä cle Kruxelios als Hauptorgan
der Katholischen) demselben schenkten. Die Bemühungen für nationale Lite¬
ratur, Sprache und Kunst führen zu gemeinsamen Berührungspunkten. Von
diesem Gesichtspunkte aus ist uns sogar der Angriff von einigen französisch-
gesinnten Blättern eine Ermunterung. Man hat der Redaktion hier die


wo wir wohnen, der Verbrüderung entgegenreifen, zu einem Organ zu
dienen! Wir finden in dem wachen Selbstbewußtsein der Völker einen
Erweis der innersten Gesundung. So thöricht und bedeutungslos uns
einerseits die eitle Prahlerei des Nationalitätsrauscheö erscheint, der es
an Herz für die gemeinsamen Zwecke der Völker fehlt/ so verwerflich bezeich¬
nen wir ebenfalls die Verflachung abstrakter Tendenzen, jenen schweifenden
Kosmopolitismus, der nichts weiter als das ist, welcher den Mittelpunkt,
den Quell der lebendigen Kraft, die Völkerpersonen und den Selbstbe¬
stand des freien Mannes in farblose Formeln auflösen möchte. Wir
würden dem Ort, der Hauptstadt eines rasch und muthig strebenden
Staates, nicht Genüge leisten, wir würden unserm Vaterlande, welches
.in der Mitte Europas wie ein Schutz- und Wachtposten der Bildung
steht, entsagen, wenn wir uns einer bleichen Deutschthümelei hingä¬
ben, welche, zu feig um die Marken ihres Reviers zu überschreiten, in
dem Völkerbewußtsein keine höhere herrschende und begeisternde Gewalt,
sondern nichts als eine trübe, bedauerliche Winkelfippschaft findet. Es
ist der Nationalgeist der Volker, den wir ehren, dessen Verkehr'zu för¬
dern Unsere höchste und stolzeste Aufgabe sein soll. In diesem Gefühl
hegen wir die feste Ueberzeugung, daß wir alle wahren Patrioten, in
Welcher Zunge sie auch reden, zu den Freunden dieser, Sache zählen
dürfen. Nicht, als ob wir den Kampf um Besitz und Recht scheu¬
ten oder vermieden; aber um werden ihn mir kämpfen, wenn Preis und
Waffen darnach sind. — Daß das Unternehmen, der Grenzboten Beach¬
tung gesunden, hat uns die kurze Erfahrung des verflossenen Trimesters
gelehrt. Wir wollen hier nicht, auf die freundliche Aufmunterung hin¬
weisen, welche die deutsche Presse dem Blatte schenkte; es war vorauszusehen,
daß die im nationalen Sinne redigirten Blätter wie die Augs-
burger Allgemeine Zeitung, die Oberdeutsche Zeitung, die Kölnische Zei¬
tung ze. einem Organe nicht entgegentreten werden, dessen Wirken die
Geltendmachung deutschen Geisteslebens im Auslande erzielt, und, welches
allerdings, um Fortgang zu gewinnen, mit der deutschen Presse in Verband
stehen muß. Wichtig ist für das Unternehmen die, Anerkennung, welche die bel¬
gischen Blätter der entgegengesetzten Landesparteien (der O^sei-valeur, das
Hauptorgan der Liberalen, und das Form-ä cle Kruxelios als Hauptorgan
der Katholischen) demselben schenkten. Die Bemühungen für nationale Lite¬
ratur, Sprache und Kunst führen zu gemeinsamen Berührungspunkten. Von
diesem Gesichtspunkte aus ist uns sogar der Angriff von einigen französisch-
gesinnten Blättern eine Ermunterung. Man hat der Redaktion hier die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/71>, abgerufen am 04.07.2024.