Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.Und aus allen Häusern, klappern den ganzen'Tag die regelmä¬ Jeder Feilschmiedmcister prägt seinen Erzeugnissen ein eigenthüm¬ Auf der einen Seite deö Platzes wohnen alle ansehnlichen. Ein- Und aus allen Häusern, klappern den ganzen'Tag die regelmä¬ Jeder Feilschmiedmcister prägt seinen Erzeugnissen ein eigenthüm¬ Auf der einen Seite deö Platzes wohnen alle ansehnlichen. Ein- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0630" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267843"/> <p xml:id="ID_2176"> Und aus allen Häusern, klappern den ganzen'Tag die regelmä¬<lb/> ßigen Schläge, welche die Feilschmiede - mit kurzgestielten HämMern<lb/> auf den scharfen Meißel führen, den sie der Länge nach mit sicherer<lb/> Hand - auf den 'Feilen auf- und niederlenken, und so diese nützlichen<lb/> Werkzeuge zu Stande bringen ",' ,</p><lb/> <p xml:id="ID_2177"> Jeder Feilschmiedmcister prägt seinen Erzeugnissen ein eigenthüm¬<lb/> liches Merkmal ein; die Zeichen: Kleeblatt, Weltkugel, Hellebarde<lb/> u. s. w. sind in der Handelswelt genugsam bekannt. In andern<lb/> Werkstätten werden'Messerwaaren, vom feinsten Tafel- und Rasier¬<lb/> messer bis zum gröbsten Schnitzer von ausgezeichneter Güte verfertigt.<lb/> Da schallt ein Hämmern und Feilen an vielen Feuern, Amboßen und<lb/> Schraub stocken, während am Wasser die Eisenhämmer pochen, und<lb/> die schnellen Schleissteine schwirren. . Die feine Scheere,' womit die<lb/> Dame die Seidenfäden ihrer künstlichen Stickerei, so wie jene, mit<lb/> welcher die emsige Hansfrau das weiße Leinen, die Scheere, womit<lb/> der Gelehrte und Dichter die Bogen seiner Manuscripte, und jene,<lb/> womit der nomadisirende Araber die Haare des Schiffes der'Wüste,<lb/> seines Kameels, schneidet, werden hier erzeugt.' So bewegt sich das<lb/> Leben der Drauß'dern in angenehmen, altbürgerlichcn Formen, der<lb/> Sonn- oder Feiertag, hoch in Ehren gehalten, bringt den andächtigen<lb/> Kirchev'gang,' Ruhe, und , heitere, Lust. , Die ' uralte /Verfassung der<lb/> Zünfte besteht noch. Die Bürgermädchen erfreuen das Auge'in ih¬<lb/> rer eigenthümlichen Tracht — eine reiche Goldsande, ein dunkler<lb/> Spense'r mit sammtnen Kragen, dunkelscidener Rock und eben solche<lb/> Schürze. Bei einzelnen Meistern findet man auffallende Bildung und<lb/> Belesenheit,doch'gehen Erfahrung und Kenntnisse bei den Meisten in der<lb/> Regel nicht über die Grenzen ihres Geschäftes hinaus. Haus '-und<lb/> Küche sind überall gut bestellt, und so lobt sich das weibliche Ge¬<lb/> schlecht selbst. - Wohlgestaltet, gesund, fleißig, lebenslustig, und nur<lb/> in'wenigen Ausnahmen übermüthig, so ' sind, die Drauß'dern; doch<lb/> sondern sie sich in ihren Unterhaltungen gerne von den eigentlichen<lb/> Städtern ab, sie sind der eigentliche Kern, der Bevölkerung von Stevr,<lb/> sie haben einen eigenthümlichen Typus, ihre Masse hat Charakter.<lb/> Dieß läßt sich von den eigentlichen Städtern nicht behaupten. Die<lb/> Bewohner des großen, schönen StadtplatzeS bindet kein gemeinschaft¬<lb/> liches Interesse.</p><lb/> <p xml:id="ID_2178" next="#ID_2179"> Auf der einen Seite deö Platzes wohnen alle ansehnlichen. Ein-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0630]
Und aus allen Häusern, klappern den ganzen'Tag die regelmä¬
ßigen Schläge, welche die Feilschmiede - mit kurzgestielten HämMern
auf den scharfen Meißel führen, den sie der Länge nach mit sicherer
Hand - auf den 'Feilen auf- und niederlenken, und so diese nützlichen
Werkzeuge zu Stande bringen ",' ,
Jeder Feilschmiedmcister prägt seinen Erzeugnissen ein eigenthüm¬
liches Merkmal ein; die Zeichen: Kleeblatt, Weltkugel, Hellebarde
u. s. w. sind in der Handelswelt genugsam bekannt. In andern
Werkstätten werden'Messerwaaren, vom feinsten Tafel- und Rasier¬
messer bis zum gröbsten Schnitzer von ausgezeichneter Güte verfertigt.
Da schallt ein Hämmern und Feilen an vielen Feuern, Amboßen und
Schraub stocken, während am Wasser die Eisenhämmer pochen, und
die schnellen Schleissteine schwirren. . Die feine Scheere,' womit die
Dame die Seidenfäden ihrer künstlichen Stickerei, so wie jene, mit
welcher die emsige Hansfrau das weiße Leinen, die Scheere, womit
der Gelehrte und Dichter die Bogen seiner Manuscripte, und jene,
womit der nomadisirende Araber die Haare des Schiffes der'Wüste,
seines Kameels, schneidet, werden hier erzeugt.' So bewegt sich das
Leben der Drauß'dern in angenehmen, altbürgerlichcn Formen, der
Sonn- oder Feiertag, hoch in Ehren gehalten, bringt den andächtigen
Kirchev'gang,' Ruhe, und , heitere, Lust. , Die ' uralte /Verfassung der
Zünfte besteht noch. Die Bürgermädchen erfreuen das Auge'in ih¬
rer eigenthümlichen Tracht — eine reiche Goldsande, ein dunkler
Spense'r mit sammtnen Kragen, dunkelscidener Rock und eben solche
Schürze. Bei einzelnen Meistern findet man auffallende Bildung und
Belesenheit,doch'gehen Erfahrung und Kenntnisse bei den Meisten in der
Regel nicht über die Grenzen ihres Geschäftes hinaus. Haus '-und
Küche sind überall gut bestellt, und so lobt sich das weibliche Ge¬
schlecht selbst. - Wohlgestaltet, gesund, fleißig, lebenslustig, und nur
in'wenigen Ausnahmen übermüthig, so ' sind, die Drauß'dern; doch
sondern sie sich in ihren Unterhaltungen gerne von den eigentlichen
Städtern ab, sie sind der eigentliche Kern, der Bevölkerung von Stevr,
sie haben einen eigenthümlichen Typus, ihre Masse hat Charakter.
Dieß läßt sich von den eigentlichen Städtern nicht behaupten. Die
Bewohner des großen, schönen StadtplatzeS bindet kein gemeinschaft¬
liches Interesse.
Auf der einen Seite deö Platzes wohnen alle ansehnlichen. Ein-
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