Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

Brahe. Du bist gleichgültig, Splva/ gegen Ludolph, Du mißhandelst eine
Neigung, um welche Dich alle Welt beneiden möchte, die Neigung deö bravsten,
tüchtigsten und schönsten Mannes, dem Du bis vor wenig Tagen mit kindlicher
Traulichkeit zugethan warst.

Splva. Schilt nicht, Vater, bitte, bitte, schilt nicht. Du hast mich gelehrt,
vor allen Dingen wahr zu sein, und soll ich Freude heucheln, wo ich Angst em¬
pfinde? Lndolphö Drängen um Zärtlichkeit und Heirath ängstigt mich in diesem
Augenblicke, laß mir Zeit, Vater!

(leite co.)
Ein Diener Der Marquis von MonaideSchi im Auftrage Ihrer
n (ab.)
Majestät der Königi

Splva. Ach!

Brave. Mein Gott!


Zweite Seine.



MonaldeSchi -- die Vorigen.

i (verneigt sich gegen Sylva, und wendet sich dann zu Becihc.)
Monaldesch Ihre
Majestät die Königin wünscht Euch im Lause des Tages zu sehn, Herr Graf.

Brahe. Sie hat keine Stunde bestimmt?

MonaldeSchi. Nein. Ihr würdet ihr zu jeder Stunde willkommen sein,
sie verläßt ihre Gemächer nicht, sie ist schwermüthig.

Brave. Schwermüthig? Ist sie krank?

MonaldeSchi. Krank. Man alß es krank nennen; ihr Muth ist schwer,
ihr Geist ist traurig -- sollte ein Mann von Eurer diesen Menschenkenntniß, Graf
Brave, nicht längst gesehn haben, woran sie leidet? Sie will und muß herrschen,
sie ist eine geborne Königin, eS liegt'ihr im Blute, allen Willen sogleich in That
verwandelt zu sehn; aber sie mag nicht regieren: das Detail des Regiments, dies
Abwägen und Zuwägen, dies Theilen und Vertheilen, dies Sorgen und Borgen
ist ihr zuwider, das verstimmt sie. All jene raschen, schöpferischen Menschen sind
schlechte Verwalter.

Brahe. Aber fehlt es ihr denn an Ministern? Lebt denn Orenstierna
nicht mehr? Ist Schweden so arm geworden? Und selbst noch zu arm, wenn es
vom Auslande borgt?

MonaldeSchi. Wenn Kräfte wie die Euren sich zurückziehn, so gcrütv das
reichste Land in Mangel.

Brahe. Die zunimmt Lieber Gott! Ihr kennt mich nicht, Herr. Ich be¬
denke und berücksichtige zu Vier, um regieren zu können; ich will Niemand weh
thun, das muß man aber können, wenn man regieren will, ich kann Niemand


Brahe. Du bist gleichgültig, Splva/ gegen Ludolph, Du mißhandelst eine
Neigung, um welche Dich alle Welt beneiden möchte, die Neigung deö bravsten,
tüchtigsten und schönsten Mannes, dem Du bis vor wenig Tagen mit kindlicher
Traulichkeit zugethan warst.

Splva. Schilt nicht, Vater, bitte, bitte, schilt nicht. Du hast mich gelehrt,
vor allen Dingen wahr zu sein, und soll ich Freude heucheln, wo ich Angst em¬
pfinde? Lndolphö Drängen um Zärtlichkeit und Heirath ängstigt mich in diesem
Augenblicke, laß mir Zeit, Vater!

(leite co.)
Ein Diener Der Marquis von MonaideSchi im Auftrage Ihrer
n (ab.)
Majestät der Königi

Splva. Ach!

Brave. Mein Gott!


Zweite Seine.



MonaldeSchi — die Vorigen.

i (verneigt sich gegen Sylva, und wendet sich dann zu Becihc.)
Monaldesch Ihre
Majestät die Königin wünscht Euch im Lause des Tages zu sehn, Herr Graf.

Brahe. Sie hat keine Stunde bestimmt?

MonaldeSchi. Nein. Ihr würdet ihr zu jeder Stunde willkommen sein,
sie verläßt ihre Gemächer nicht, sie ist schwermüthig.

Brave. Schwermüthig? Ist sie krank?

MonaldeSchi. Krank. Man alß es krank nennen; ihr Muth ist schwer,
ihr Geist ist traurig — sollte ein Mann von Eurer diesen Menschenkenntniß, Graf
Brave, nicht längst gesehn haben, woran sie leidet? Sie will und muß herrschen,
sie ist eine geborne Königin, eS liegt'ihr im Blute, allen Willen sogleich in That
verwandelt zu sehn; aber sie mag nicht regieren: das Detail des Regiments, dies
Abwägen und Zuwägen, dies Theilen und Vertheilen, dies Sorgen und Borgen
ist ihr zuwider, das verstimmt sie. All jene raschen, schöpferischen Menschen sind
schlechte Verwalter.

Brahe. Aber fehlt es ihr denn an Ministern? Lebt denn Orenstierna
nicht mehr? Ist Schweden so arm geworden? Und selbst noch zu arm, wenn es
vom Auslande borgt?

MonaldeSchi. Wenn Kräfte wie die Euren sich zurückziehn, so gcrütv das
reichste Land in Mangel.

Brahe. Die zunimmt Lieber Gott! Ihr kennt mich nicht, Herr. Ich be¬
denke und berücksichtige zu Vier, um regieren zu können; ich will Niemand weh
thun, das muß man aber können, wenn man regieren will, ich kann Niemand


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <div n="4">
                <pb facs="#f0063" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267278"/>
                <p xml:id="ID_369"> Brahe. Du bist gleichgültig, Splva/ gegen Ludolph, Du mißhandelst eine<lb/>
Neigung, um welche Dich alle Welt beneiden möchte, die Neigung deö bravsten,<lb/>
tüchtigsten und schönsten Mannes, dem Du bis vor wenig Tagen mit kindlicher<lb/>
Traulichkeit zugethan warst.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_370"> Splva. Schilt nicht, Vater, bitte, bitte, schilt nicht. Du hast mich gelehrt,<lb/>
vor allen Dingen wahr zu sein, und soll ich Freude heucheln, wo ich Angst em¬<lb/>
pfinde? Lndolphö Drängen um Zärtlichkeit und Heirath ängstigt mich in diesem<lb/>
Augenblicke, laß mir Zeit, Vater!</p><lb/>
                <p xml:id="ID_371"><stage> (leite co.)</stage> Ein Diener Der Marquis von MonaideSchi im Auftrage Ihrer<lb/><stage> n (ab.)</stage> Majestät der Königi</p><lb/>
                <p xml:id="ID_372"> Splva. Ach!</p><lb/>
                <p xml:id="ID_373"> Brave. Mein Gott!</p><lb/>
              </div>
              <div n="4">
                <head> Zweite Seine.</head><lb/>
                <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
                <stage> MonaldeSchi &#x2014; die Vorigen.</stage><lb/>
                <p xml:id="ID_374"><stage> i (verneigt sich gegen Sylva, und wendet sich dann zu Becihc.)</stage> Monaldesch Ihre<lb/>
Majestät die Königin wünscht Euch im Lause des Tages zu sehn, Herr Graf.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_375"> Brahe. Sie hat keine Stunde bestimmt?</p><lb/>
                <p xml:id="ID_376"> MonaldeSchi. Nein. Ihr würdet ihr zu jeder Stunde willkommen sein,<lb/>
sie verläßt ihre Gemächer nicht, sie ist schwermüthig.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_377"> Brave. Schwermüthig? Ist sie krank?</p><lb/>
                <p xml:id="ID_378"> MonaldeSchi. Krank. Man alß es krank nennen; ihr Muth ist schwer,<lb/>
ihr Geist ist traurig &#x2014; sollte ein Mann von Eurer diesen Menschenkenntniß, Graf<lb/>
Brave, nicht längst gesehn haben, woran sie leidet? Sie will und muß herrschen,<lb/>
sie ist eine geborne Königin, eS liegt'ihr im Blute, allen Willen sogleich in That<lb/>
verwandelt zu sehn; aber sie mag nicht regieren: das Detail des Regiments, dies<lb/>
Abwägen und Zuwägen, dies Theilen und Vertheilen, dies Sorgen und Borgen<lb/>
ist ihr zuwider, das verstimmt sie. All jene raschen, schöpferischen Menschen sind<lb/>
schlechte Verwalter.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_379"> Brahe. Aber fehlt es ihr denn an Ministern? Lebt denn Orenstierna<lb/>
nicht mehr? Ist Schweden so arm geworden? Und selbst noch zu arm, wenn es<lb/>
vom Auslande borgt?</p><lb/>
                <p xml:id="ID_380"> MonaldeSchi. Wenn Kräfte wie die Euren sich zurückziehn, so gcrütv das<lb/>
reichste Land in Mangel.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_381" next="#ID_382"> Brahe. Die zunimmt Lieber Gott! Ihr kennt mich nicht, Herr. Ich be¬<lb/>
denke und berücksichtige zu Vier, um regieren zu können; ich will Niemand weh<lb/>
thun, das muß man aber können, wenn man regieren will, ich kann Niemand</p><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0063] Brahe. Du bist gleichgültig, Splva/ gegen Ludolph, Du mißhandelst eine Neigung, um welche Dich alle Welt beneiden möchte, die Neigung deö bravsten, tüchtigsten und schönsten Mannes, dem Du bis vor wenig Tagen mit kindlicher Traulichkeit zugethan warst. Splva. Schilt nicht, Vater, bitte, bitte, schilt nicht. Du hast mich gelehrt, vor allen Dingen wahr zu sein, und soll ich Freude heucheln, wo ich Angst em¬ pfinde? Lndolphö Drängen um Zärtlichkeit und Heirath ängstigt mich in diesem Augenblicke, laß mir Zeit, Vater! (leite co.) Ein Diener Der Marquis von MonaideSchi im Auftrage Ihrer n (ab.) Majestät der Königi Splva. Ach! Brave. Mein Gott! Zweite Seine. MonaldeSchi — die Vorigen. i (verneigt sich gegen Sylva, und wendet sich dann zu Becihc.) Monaldesch Ihre Majestät die Königin wünscht Euch im Lause des Tages zu sehn, Herr Graf. Brahe. Sie hat keine Stunde bestimmt? MonaldeSchi. Nein. Ihr würdet ihr zu jeder Stunde willkommen sein, sie verläßt ihre Gemächer nicht, sie ist schwermüthig. Brave. Schwermüthig? Ist sie krank? MonaldeSchi. Krank. Man alß es krank nennen; ihr Muth ist schwer, ihr Geist ist traurig — sollte ein Mann von Eurer diesen Menschenkenntniß, Graf Brave, nicht längst gesehn haben, woran sie leidet? Sie will und muß herrschen, sie ist eine geborne Königin, eS liegt'ihr im Blute, allen Willen sogleich in That verwandelt zu sehn; aber sie mag nicht regieren: das Detail des Regiments, dies Abwägen und Zuwägen, dies Theilen und Vertheilen, dies Sorgen und Borgen ist ihr zuwider, das verstimmt sie. All jene raschen, schöpferischen Menschen sind schlechte Verwalter. Brahe. Aber fehlt es ihr denn an Ministern? Lebt denn Orenstierna nicht mehr? Ist Schweden so arm geworden? Und selbst noch zu arm, wenn es vom Auslande borgt? MonaldeSchi. Wenn Kräfte wie die Euren sich zurückziehn, so gcrütv das reichste Land in Mangel. Brahe. Die zunimmt Lieber Gott! Ihr kennt mich nicht, Herr. Ich be¬ denke und berücksichtige zu Vier, um regieren zu können; ich will Niemand weh thun, das muß man aber können, wenn man regieren will, ich kann Niemand

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/63
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/63>, abgerufen am 22.12.2024.