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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Schäfte. Wenn auch ringsum die Hämmer dröhnend schlagen, die
Blasebälge sausen, die Kohlen knistern und sprühen, und die rastlosen
Wellen in den Rädern rauschen; so sällt doch sein Blick, wenn er
ihn erhebt, auf die nahen Berge, von deren Höhen fette Alpenwie¬
sen, die sich im Sonnenscheine still und friedlich dehnen, sein Herz
erquicken, und die nackten Felsspitzen des Gemsgcbirges senden kühle
Winde, seine heiße Stirne zu fächeln.

.Der Hauptstapelplatz der meisten, in den oben beschriebenen Thä¬
lern erzeugten Eisenwaaren ist die freundliche "Kreisstadt Steyr, die
am Zusammenflusse der Steyr und Enns, am Ende der Herrlichen
Gebirgswelt liegt; auf den letzten Hügeln der sich hier verflachenden
Alpenzuge stehen ihre Häuser.

Wer sich dieser Stadt von der Steyermärkschen Seite nähert,
wird lange nicht den eigenthümlichen Eindruck bei ihrem Anblicke em¬
pfinden, wie Der, welcher sie auf der Poststraße von Linz her erreicht.
Ms der natürliche Schlußstein der durchreisten, gewerblichen Thäler
wird sie Jenen lange nicht so sehr überraschen Wie Diesen, dem sie mit
ihrer wohllMgen, alterthümlichen Physiognomie, als die imposante
Pforte eines eigenthümlichen, seit Jahrhunderten blühenden Lebens
entgegentritt. Ich erreichte sie zum Erstenmale von Linz herübex-
reiseyd. ' ., ,>,', ' ' ,",

Nachdem, ich an, dem Frauenkloster, Glcink, das bis zu Dach
und Thurm uralte Bäume und der Blumenduft, und die reiche Fülle
lieblicher Gärten verhüllen, vorbeigefahren, und dem waldigenDamm-
berge auffallend nahe gekommen war, ohne von der? Stadt, die ich
doch an seinem Fuße liegend wußte, auch nur die mindeste Ansicht,zu
erhalten, lehnte ich mich mit dem Gedanken: "heute komme ich doch
noch nach Steyr," in die Wagenkissen zurück. Vor mir erhob sich
das herrlichste Alpen-Panorama, vom Dammberge sich steigernd bis
zum hohen Buchberge, dessen Fuß in den rauschenden Wellen der
Steyr steht. Hinter diesem minder hohen, und ansehnlich bewaldeten
Zuge ragte der kahle Kamm dxs hohen Sensgebirgs, mit seiner höch¬
sten Spitze, dem in botanischer und, geognostischer Hinsicht so interes¬
santen hohen Ock, weiter rechts der große Brüll, und in duftiger
Ferne der riesige Traunstein.

"Es kommt bald ein Regen," sagte der Postillon, sich gegen
mich wendend, "die Berge sind nahe, und die Hämmer hört man


Schäfte. Wenn auch ringsum die Hämmer dröhnend schlagen, die
Blasebälge sausen, die Kohlen knistern und sprühen, und die rastlosen
Wellen in den Rädern rauschen; so sällt doch sein Blick, wenn er
ihn erhebt, auf die nahen Berge, von deren Höhen fette Alpenwie¬
sen, die sich im Sonnenscheine still und friedlich dehnen, sein Herz
erquicken, und die nackten Felsspitzen des Gemsgcbirges senden kühle
Winde, seine heiße Stirne zu fächeln.

.Der Hauptstapelplatz der meisten, in den oben beschriebenen Thä¬
lern erzeugten Eisenwaaren ist die freundliche "Kreisstadt Steyr, die
am Zusammenflusse der Steyr und Enns, am Ende der Herrlichen
Gebirgswelt liegt; auf den letzten Hügeln der sich hier verflachenden
Alpenzuge stehen ihre Häuser.

Wer sich dieser Stadt von der Steyermärkschen Seite nähert,
wird lange nicht den eigenthümlichen Eindruck bei ihrem Anblicke em¬
pfinden, wie Der, welcher sie auf der Poststraße von Linz her erreicht.
Ms der natürliche Schlußstein der durchreisten, gewerblichen Thäler
wird sie Jenen lange nicht so sehr überraschen Wie Diesen, dem sie mit
ihrer wohllMgen, alterthümlichen Physiognomie, als die imposante
Pforte eines eigenthümlichen, seit Jahrhunderten blühenden Lebens
entgegentritt. Ich erreichte sie zum Erstenmale von Linz herübex-
reiseyd. ' ., ,>,', ' ' ,„,

Nachdem, ich an, dem Frauenkloster, Glcink, das bis zu Dach
und Thurm uralte Bäume und der Blumenduft, und die reiche Fülle
lieblicher Gärten verhüllen, vorbeigefahren, und dem waldigenDamm-
berge auffallend nahe gekommen war, ohne von der? Stadt, die ich
doch an seinem Fuße liegend wußte, auch nur die mindeste Ansicht,zu
erhalten, lehnte ich mich mit dem Gedanken: "heute komme ich doch
noch nach Steyr," in die Wagenkissen zurück. Vor mir erhob sich
das herrlichste Alpen-Panorama, vom Dammberge sich steigernd bis
zum hohen Buchberge, dessen Fuß in den rauschenden Wellen der
Steyr steht. Hinter diesem minder hohen, und ansehnlich bewaldeten
Zuge ragte der kahle Kamm dxs hohen Sensgebirgs, mit seiner höch¬
sten Spitze, dem in botanischer und, geognostischer Hinsicht so interes¬
santen hohen Ock, weiter rechts der große Brüll, und in duftiger
Ferne der riesige Traunstein.

„Es kommt bald ein Regen," sagte der Postillon, sich gegen
mich wendend, „die Berge sind nahe, und die Hämmer hört man


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/628>, abgerufen am 04.07.2024.