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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Zangsam vorwärts. Dieses ist ein etwas gefährlicher Weg.
Mancher Fremde ist auf diesem Gang verunglückt; er ist von den
steinernen Versen der,/Gruppe aus dem Tartarus,, und der "Fantasie an
Laura" niedergeschmettert worden, und aus dem Platze geblieben, ohne
weiter zu schreiten. Die Sammlung von Schillers Gedichten gleicht
jenen Häusern, die nach vorn heraus die Fenster mit Steinen^ ver¬
mauert haben, während das Hintergebäude, in der Mitte eins reizen¬
den Gartens liegend, die schönste. Erquickung >em Auge/bietet. Ich
würde daher jedem nichtdeutschen rathen, bei Schiller denselben Weg
einzuschlagen, den man so oft im Leben einschlagen sieht, nämlich
den. Weg durch die Hinterthüre.' Der^.Franzose.-namentlich^ stößt hier
alsogleich auf, einen guten Bekannten, nämlich auf das,Gedicht, , ,an
Göthe, als er' den Mahomet auf die. Bühne, brachte, und er-kann
sogleich, hören, wie Schiller , über die deutsche Poesie, gegenüber der
französischen, gedacht. , - .'

Nicht Muster darf uns der Frcinke werden,
Aus seiner Kunst spricht kein lebend'ger Geist, . -
.Des falschen Anstands drückende Geberden >
Verschmähe der Sinn, der nur daS Wahre Preise;
-M FüHrn-Mr zum-Bessmt-soll er werden/ .. .-
/Er.komme, wie' ein abgeschiedner' Geist-, / . ...
V ZU'reinigen die oft'entweihte Scene ' /
Zum würd'gen Sitz der alten MeHomene. "'-^

Zu den besten Dichtern der Schillerschen Schule .Zahlt man
Gustav . Schwab, Justinus Kerner . und Baron von. Zedlitz -- vor.
allen andern aber den herrlichen, von ganz Deutschland mit Begeiste¬
rung geliebten Uhland. Der Letztere, Ludwig Uhland nämlich,, wird
von einigen modernen Kritikern noch über seinen Meister. Friedrich
Schiller gesetzt. So viel wenigstens ist gewiß, daß seit Schiller kein
deutscher Dichter in daS Herz des Volkes so.eingedrungen ist, als
Uhland, dessen Gedichtsammlung zum Erstenmale-1313 erschien, und
seitdem nicht weniger als 16 Auflagen erlebt hat.

Indem ich aber Uhland der Schillerschen Schule beizähle, muß
ich zugleich erwähnen, daß er auch einen der Hauptrepräsentanten
der vierten . Klasse der. deutschen Lyriker bildet, nämlich jener> welche
den Staat zum Gegenstände ihrer Lieder/machen, oder.mit andern.
Worten, der'sogenannten politischen Dichter.


Zangsam vorwärts. Dieses ist ein etwas gefährlicher Weg.
Mancher Fremde ist auf diesem Gang verunglückt; er ist von den
steinernen Versen der,/Gruppe aus dem Tartarus,, und der "Fantasie an
Laura„ niedergeschmettert worden, und aus dem Platze geblieben, ohne
weiter zu schreiten. Die Sammlung von Schillers Gedichten gleicht
jenen Häusern, die nach vorn heraus die Fenster mit Steinen^ ver¬
mauert haben, während das Hintergebäude, in der Mitte eins reizen¬
den Gartens liegend, die schönste. Erquickung >em Auge/bietet. Ich
würde daher jedem nichtdeutschen rathen, bei Schiller denselben Weg
einzuschlagen, den man so oft im Leben einschlagen sieht, nämlich
den. Weg durch die Hinterthüre.' Der^.Franzose.-namentlich^ stößt hier
alsogleich auf, einen guten Bekannten, nämlich auf das,Gedicht, , ,an
Göthe, als er' den Mahomet auf die. Bühne, brachte, und er-kann
sogleich, hören, wie Schiller , über die deutsche Poesie, gegenüber der
französischen, gedacht. , - .'

Nicht Muster darf uns der Frcinke werden,
Aus seiner Kunst spricht kein lebend'ger Geist, . -
.Des falschen Anstands drückende Geberden >
Verschmähe der Sinn, der nur daS Wahre Preise;
-M FüHrn-Mr zum-Bessmt-soll er werden/ .. .-
/Er.komme, wie' ein abgeschiedner' Geist-, / . ...
V ZU'reinigen die oft'entweihte Scene ' /
Zum würd'gen Sitz der alten MeHomene. "'-^

Zu den besten Dichtern der Schillerschen Schule .Zahlt man
Gustav . Schwab, Justinus Kerner . und Baron von. Zedlitz — vor.
allen andern aber den herrlichen, von ganz Deutschland mit Begeiste¬
rung geliebten Uhland. Der Letztere, Ludwig Uhland nämlich,, wird
von einigen modernen Kritikern noch über seinen Meister. Friedrich
Schiller gesetzt. So viel wenigstens ist gewiß, daß seit Schiller kein
deutscher Dichter in daS Herz des Volkes so.eingedrungen ist, als
Uhland, dessen Gedichtsammlung zum Erstenmale-1313 erschien, und
seitdem nicht weniger als 16 Auflagen erlebt hat.

Indem ich aber Uhland der Schillerschen Schule beizähle, muß
ich zugleich erwähnen, daß er auch einen der Hauptrepräsentanten
der vierten . Klasse der. deutschen Lyriker bildet, nämlich jener> welche
den Staat zum Gegenstände ihrer Lieder/machen, oder.mit andern.
Worten, der'sogenannten politischen Dichter.


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[0620] Zangsam vorwärts. Dieses ist ein etwas gefährlicher Weg. Mancher Fremde ist auf diesem Gang verunglückt; er ist von den steinernen Versen der,/Gruppe aus dem Tartarus,, und der "Fantasie an Laura„ niedergeschmettert worden, und aus dem Platze geblieben, ohne weiter zu schreiten. Die Sammlung von Schillers Gedichten gleicht jenen Häusern, die nach vorn heraus die Fenster mit Steinen^ ver¬ mauert haben, während das Hintergebäude, in der Mitte eins reizen¬ den Gartens liegend, die schönste. Erquickung >em Auge/bietet. Ich würde daher jedem nichtdeutschen rathen, bei Schiller denselben Weg einzuschlagen, den man so oft im Leben einschlagen sieht, nämlich den. Weg durch die Hinterthüre.' Der^.Franzose.-namentlich^ stößt hier alsogleich auf, einen guten Bekannten, nämlich auf das,Gedicht, , ,an Göthe, als er' den Mahomet auf die. Bühne, brachte, und er-kann sogleich, hören, wie Schiller , über die deutsche Poesie, gegenüber der französischen, gedacht. , - .' Nicht Muster darf uns der Frcinke werden, Aus seiner Kunst spricht kein lebend'ger Geist, . - .Des falschen Anstands drückende Geberden > Verschmähe der Sinn, der nur daS Wahre Preise; -M FüHrn-Mr zum-Bessmt-soll er werden/ .. .- /Er.komme, wie' ein abgeschiedner' Geist-, / . ... V ZU'reinigen die oft'entweihte Scene ' / Zum würd'gen Sitz der alten MeHomene. "'-^ Zu den besten Dichtern der Schillerschen Schule .Zahlt man Gustav . Schwab, Justinus Kerner . und Baron von. Zedlitz — vor. allen andern aber den herrlichen, von ganz Deutschland mit Begeiste¬ rung geliebten Uhland. Der Letztere, Ludwig Uhland nämlich,, wird von einigen modernen Kritikern noch über seinen Meister. Friedrich Schiller gesetzt. So viel wenigstens ist gewiß, daß seit Schiller kein deutscher Dichter in daS Herz des Volkes so.eingedrungen ist, als Uhland, dessen Gedichtsammlung zum Erstenmale-1313 erschien, und seitdem nicht weniger als 16 Auflagen erlebt hat. Indem ich aber Uhland der Schillerschen Schule beizähle, muß ich zugleich erwähnen, daß er auch einen der Hauptrepräsentanten der vierten . Klasse der. deutschen Lyriker bildet, nämlich jener> welche den Staat zum Gegenstände ihrer Lieder/machen, oder.mit andern. Worten, der'sogenannten politischen Dichter.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/620>, abgerufen am 04.07.2024.