Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.Es ist hier nicht der Ort, über die politischen Zustände zu spre¬ Den Anblick eines solchen gebundenen, aber schreienden Mannes Man kann nicht behaupten, daß die Poesie an, und für sich da¬ Die politische Poesie hat in Deutschland die Gemüther aufge¬ 82!
Es ist hier nicht der Ort, über die politischen Zustände zu spre¬ Den Anblick eines solchen gebundenen, aber schreienden Mannes Man kann nicht behaupten, daß die Poesie an, und für sich da¬ Die politische Poesie hat in Deutschland die Gemüther aufge¬ 82!
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0621" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267834"/> <p xml:id="ID_2154"> Es ist hier nicht der Ort, über die politischen Zustände zu spre¬<lb/> chen, welche wie Bandwürmer im Bauche Deutschlands sich winden;<lb/> wenige Andeutungen werden genügen» In einem -Lande, wo die<lb/> Presse in ihren Bewegungen-gehemmt ist, muß sich der Gedanke<lb/> mündlich mitzutheilen suchen, grade so, wie ein Mensch, dein man<lb/> die Hände auf den Rücken gebunden hat, e6 versucht, wenigstens<lb/> durch Schreien sich Lust zu machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2155"> Den Anblick eines solchen gebundenen, aber schreienden Mannes<lb/> bietet nun Deutschland in seinen sogenannten politischen'Poeten. Alles<lb/> was die Censur aus den Tagesblättern zurückweist, häuft sich als<lb/> Stoff in diesen politischen Poesieen, und- all die Beschwerden, welche<lb/> nicht erlaubt sind, auszusprechen, versuchen diese Dichter auszusagen.<lb/> Denn die Poesie hat dem Vortheil voraus, daß sie-manches verhül¬<lb/> len kam, was die Prosa grade heraussagen, und daß sie hin¬<lb/> ter einem Bilde manches errathen/ lassen.darf, was diese- klar und<lb/> deutlich auseinandersetzen muß>,So -giebt es.in Deutschland, nament¬<lb/> lich in den letzten zehn Jahren, eine Art poetische Jäger, die hinter<lb/> demgrünen Busche der Poesie her die gefährlichsten Schüsse in die Mi߬<lb/> bräuche der politischen und socialen-Welt senden.</p><lb/> <p xml:id="ID_2156"> Man kann nicht behaupten, daß die Poesie an, und für sich da¬<lb/> durch bereichert werde — ein politisch Lied, ein garstig Lied, sagt<lb/> Göthe. Die Poesie ist etwas Ewiges, und die Politik nur zeitlich,<lb/> wo sich das Ewige mit dem Zeitlichen verbindet, da wird es immer<lb/> von seiner Höhe herabgerissen. Wenn wir in neuester Zeit Hoffmann<lb/> von Fallersleben, Herwegh und ähnlichen politischen Dichtern tausend<lb/> Kränze reichen sehen, so, sind dieß freilich keine solche, wie Göthe sie<lb/> seinem Tasso auf die Stirne drücken läßt. Es sind keine Kränze, die aus<lb/> den ewigen Gärten der Hespcriven gepflückt sind; es sind nur Blät¬<lb/> ter, welche der Wirbelwind der Zeit zusammengefügt hat. Aber die<lb/> Zeit zahlt dabei nur den Tribut der Dankbarkeit an die edlen Käm¬<lb/> pen, die für die Bedrängte den Handschuh hinwerfen, und mit tau¬<lb/> send Stimmen nach West und Süd, und Nord und Ost die Unbill<lb/> verkünden, welche man ihr zugefügt. — Wird ihre Stimme gehört<lb/> werden?</p><lb/> <p xml:id="ID_2157" next="#ID_2158"> Die politische Poesie hat in Deutschland die Gemüther aufge¬<lb/> regt, und ihnen Theilnahme eingeflößt, für die jahrelange Gefangen¬<lb/> schaft der Presse. Mit -Aengstlichkeit harret die Nation der neuen<lb/> ''</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 82!</fw><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0621]
Es ist hier nicht der Ort, über die politischen Zustände zu spre¬
chen, welche wie Bandwürmer im Bauche Deutschlands sich winden;
wenige Andeutungen werden genügen» In einem -Lande, wo die
Presse in ihren Bewegungen-gehemmt ist, muß sich der Gedanke
mündlich mitzutheilen suchen, grade so, wie ein Mensch, dein man
die Hände auf den Rücken gebunden hat, e6 versucht, wenigstens
durch Schreien sich Lust zu machen.
Den Anblick eines solchen gebundenen, aber schreienden Mannes
bietet nun Deutschland in seinen sogenannten politischen'Poeten. Alles
was die Censur aus den Tagesblättern zurückweist, häuft sich als
Stoff in diesen politischen Poesieen, und- all die Beschwerden, welche
nicht erlaubt sind, auszusprechen, versuchen diese Dichter auszusagen.
Denn die Poesie hat dem Vortheil voraus, daß sie-manches verhül¬
len kam, was die Prosa grade heraussagen, und daß sie hin¬
ter einem Bilde manches errathen/ lassen.darf, was diese- klar und
deutlich auseinandersetzen muß>,So -giebt es.in Deutschland, nament¬
lich in den letzten zehn Jahren, eine Art poetische Jäger, die hinter
demgrünen Busche der Poesie her die gefährlichsten Schüsse in die Mi߬
bräuche der politischen und socialen-Welt senden.
Man kann nicht behaupten, daß die Poesie an, und für sich da¬
durch bereichert werde — ein politisch Lied, ein garstig Lied, sagt
Göthe. Die Poesie ist etwas Ewiges, und die Politik nur zeitlich,
wo sich das Ewige mit dem Zeitlichen verbindet, da wird es immer
von seiner Höhe herabgerissen. Wenn wir in neuester Zeit Hoffmann
von Fallersleben, Herwegh und ähnlichen politischen Dichtern tausend
Kränze reichen sehen, so, sind dieß freilich keine solche, wie Göthe sie
seinem Tasso auf die Stirne drücken läßt. Es sind keine Kränze, die aus
den ewigen Gärten der Hespcriven gepflückt sind; es sind nur Blät¬
ter, welche der Wirbelwind der Zeit zusammengefügt hat. Aber die
Zeit zahlt dabei nur den Tribut der Dankbarkeit an die edlen Käm¬
pen, die für die Bedrängte den Handschuh hinwerfen, und mit tau¬
send Stimmen nach West und Süd, und Nord und Ost die Unbill
verkünden, welche man ihr zugefügt. — Wird ihre Stimme gehört
werden?
Die politische Poesie hat in Deutschland die Gemüther aufge¬
regt, und ihnen Theilnahme eingeflößt, für die jahrelange Gefangen¬
schaft der Presse. Mit -Aengstlichkeit harret die Nation der neuen
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