Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

Monaldcschi. Ich kannte Euch nicht eher/ als bis ich Euch hier das erste
Mal gesehn hatte, seit zwei Minuten also kenn' ich Euch -- ich bin seit einigen
Stunden zum ersten Male in dieser Stadt, und besuchte dort drüben den einzigen
Mann, den ich hier kenne, meinen Landsmann Smitinclli.

Christine. Ist er Dein Freund?

MonaldeSchi. Nein, er ist keines Menschen Freund, um nur sein eigner
zu sein -- meines Erachtens eine schlechte Spekulation, die Spekulation des Geiz¬
halses.

Christine. Wie nahm er Dich auf?

MonaldeSchi. Wie ein mürrischer Feind/ der befürchtet, ich könnte seine
Wege benutzen und ihn benachtheiligen.

Christine. - Kennst Du seine Wege?

'MonaldeSchi. Nein.

Christine. Was willst Du in Stockholm?,

MonaldeSchi. Ich suche mein Glück.

Christine. Mas macht Dich glücklich?

MonaldeSchi. DaS weiß ich noch nicht -- wenn mein's wüßte, so hätte
mein'ö schon besessen und nur verloren, dann wär's nicht so schwer,zu finden. Aber
was mich heute beglückt, beglückt mich vielleicht morgen nicht.

Christine. Was beglückt Dich heute?

MonaldeSchi. Macht und Liebe.

Christine. So viel aus einmal?

MonaldeSchi. Eins gehört zum Andern: find' ich Liebe in mir und zu
mir, so bin ich des Glücks mächtig, und soll ich Macht finden, so ist dies nur durch
Liebe möglich, da mir die Macht nicht angeerbt ist, und sich überhaupt nur schein¬
bar vererben läßt. . ,

Christine. Und warum suchest Dn das in so weiter Ferne, und nicht
daheim?

MonaldeSchi. schimmern nicht,die rauhsten Berge in der Ferne lieblich
blau? Es ist unsre Trägheit und eine krankhafte Himmelssehnsucht, daß wir im¬
mer nach der Ferne langen. Bon dem, was wir in der Nähe erreichen können,
sehen wir alle steile, mühselige Beschwerde deutlich, und deshalb versuchen wir uns
nicht daran; von dem, was uns in der Ferne lockt, sehen wir nur die Lockung
deutlich, die Hindernisse aber undeutlich,, und so gehen wir mit besserem Muthe
'daran.

Ch

(für sich)
ristine. Du hast Recht --so lockt's auch mich von hinnen! ---
(zu ihm)
was lockte Dich nach Schweden?

Monaldcschi. Das Regiment einer Königin.


Monaldcschi. Ich kannte Euch nicht eher/ als bis ich Euch hier das erste
Mal gesehn hatte, seit zwei Minuten also kenn' ich Euch — ich bin seit einigen
Stunden zum ersten Male in dieser Stadt, und besuchte dort drüben den einzigen
Mann, den ich hier kenne, meinen Landsmann Smitinclli.

Christine. Ist er Dein Freund?

MonaldeSchi. Nein, er ist keines Menschen Freund, um nur sein eigner
zu sein — meines Erachtens eine schlechte Spekulation, die Spekulation des Geiz¬
halses.

Christine. Wie nahm er Dich auf?

MonaldeSchi. Wie ein mürrischer Feind/ der befürchtet, ich könnte seine
Wege benutzen und ihn benachtheiligen.

Christine. - Kennst Du seine Wege?

'MonaldeSchi. Nein.

Christine. Was willst Du in Stockholm?,

MonaldeSchi. Ich suche mein Glück.

Christine. Mas macht Dich glücklich?

MonaldeSchi. DaS weiß ich noch nicht — wenn mein's wüßte, so hätte
mein'ö schon besessen und nur verloren, dann wär's nicht so schwer,zu finden. Aber
was mich heute beglückt, beglückt mich vielleicht morgen nicht.

Christine. Was beglückt Dich heute?

MonaldeSchi. Macht und Liebe.

Christine. So viel aus einmal?

MonaldeSchi. Eins gehört zum Andern: find' ich Liebe in mir und zu
mir, so bin ich des Glücks mächtig, und soll ich Macht finden, so ist dies nur durch
Liebe möglich, da mir die Macht nicht angeerbt ist, und sich überhaupt nur schein¬
bar vererben läßt. . ,

Christine. Und warum suchest Dn das in so weiter Ferne, und nicht
daheim?

MonaldeSchi. schimmern nicht,die rauhsten Berge in der Ferne lieblich
blau? Es ist unsre Trägheit und eine krankhafte Himmelssehnsucht, daß wir im¬
mer nach der Ferne langen. Bon dem, was wir in der Nähe erreichen können,
sehen wir alle steile, mühselige Beschwerde deutlich, und deshalb versuchen wir uns
nicht daran; von dem, was uns in der Ferne lockt, sehen wir nur die Lockung
deutlich, die Hindernisse aber undeutlich,, und so gehen wir mit besserem Muthe
'daran.

Ch

(für sich)
ristine. Du hast Recht —so lockt's auch mich von hinnen! —-
(zu ihm)
was lockte Dich nach Schweden?

Monaldcschi. Das Regiment einer Königin.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <div n="4">
                <pb facs="#f0058" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267273"/>
                <p xml:id="ID_296"> Monaldcschi. Ich kannte Euch nicht eher/ als bis ich Euch hier das erste<lb/>
Mal gesehn hatte, seit zwei Minuten also kenn' ich Euch &#x2014; ich bin seit einigen<lb/>
Stunden zum ersten Male in dieser Stadt, und besuchte dort drüben den einzigen<lb/>
Mann, den ich hier kenne, meinen Landsmann Smitinclli.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_297"> Christine. Ist er Dein Freund?</p><lb/>
                <p xml:id="ID_298"> MonaldeSchi. Nein, er ist keines Menschen Freund, um nur sein eigner<lb/>
zu sein &#x2014; meines Erachtens eine schlechte Spekulation, die Spekulation des Geiz¬<lb/>
halses.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_299"> Christine. Wie nahm er Dich auf?</p><lb/>
                <p xml:id="ID_300"> MonaldeSchi. Wie ein mürrischer Feind/ der befürchtet, ich könnte seine<lb/>
Wege benutzen und ihn benachtheiligen.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_301"> Christine. - Kennst Du seine Wege?</p><lb/>
                <p xml:id="ID_302"> 'MonaldeSchi. Nein.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_303"> Christine. Was willst Du in Stockholm?,</p><lb/>
                <p xml:id="ID_304"> MonaldeSchi. Ich suche mein Glück.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_305"> Christine. Mas macht Dich glücklich?</p><lb/>
                <p xml:id="ID_306"> MonaldeSchi. DaS weiß ich noch nicht &#x2014; wenn mein's wüßte, so hätte<lb/>
mein'ö schon besessen und nur verloren, dann wär's nicht so schwer,zu finden. Aber<lb/>
was mich heute beglückt, beglückt mich vielleicht morgen nicht.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_307"> Christine. Was beglückt Dich heute?</p><lb/>
                <p xml:id="ID_308"> MonaldeSchi. Macht und Liebe.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_309"> Christine. So viel aus einmal?</p><lb/>
                <p xml:id="ID_310"> MonaldeSchi. Eins gehört zum Andern: find' ich Liebe in mir und zu<lb/>
mir, so bin ich des Glücks mächtig, und soll ich Macht finden, so ist dies nur durch<lb/>
Liebe möglich, da mir die Macht nicht angeerbt ist, und sich überhaupt nur schein¬<lb/>
bar vererben läßt. . ,</p><lb/>
                <p xml:id="ID_311"> Christine. Und warum suchest Dn das in so weiter Ferne, und nicht<lb/>
daheim?</p><lb/>
                <p xml:id="ID_312"> MonaldeSchi. schimmern nicht,die rauhsten Berge in der Ferne lieblich<lb/>
blau? Es ist unsre Trägheit und eine krankhafte Himmelssehnsucht, daß wir im¬<lb/>
mer nach der Ferne langen. Bon dem, was wir in der Nähe erreichen können,<lb/>
sehen wir alle steile, mühselige Beschwerde deutlich, und deshalb versuchen wir uns<lb/>
nicht daran; von dem, was uns in der Ferne lockt, sehen wir nur die Lockung<lb/>
deutlich, die Hindernisse aber undeutlich,, und so gehen wir mit besserem Muthe<lb/>
'daran.</p><lb/>
                <p xml:id="ID_313"> Ch<stage> (für sich) </stage> ristine. Du hast Recht &#x2014;so lockt's auch mich von hinnen! &#x2014;-<lb/><stage> (zu ihm) </stage> was lockte Dich nach Schweden?</p><lb/>
                <p xml:id="ID_314"> Monaldcschi. Das Regiment einer Königin.</p><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0058] Monaldcschi. Ich kannte Euch nicht eher/ als bis ich Euch hier das erste Mal gesehn hatte, seit zwei Minuten also kenn' ich Euch — ich bin seit einigen Stunden zum ersten Male in dieser Stadt, und besuchte dort drüben den einzigen Mann, den ich hier kenne, meinen Landsmann Smitinclli. Christine. Ist er Dein Freund? MonaldeSchi. Nein, er ist keines Menschen Freund, um nur sein eigner zu sein — meines Erachtens eine schlechte Spekulation, die Spekulation des Geiz¬ halses. Christine. Wie nahm er Dich auf? MonaldeSchi. Wie ein mürrischer Feind/ der befürchtet, ich könnte seine Wege benutzen und ihn benachtheiligen. Christine. - Kennst Du seine Wege? 'MonaldeSchi. Nein. Christine. Was willst Du in Stockholm?, MonaldeSchi. Ich suche mein Glück. Christine. Mas macht Dich glücklich? MonaldeSchi. DaS weiß ich noch nicht — wenn mein's wüßte, so hätte mein'ö schon besessen und nur verloren, dann wär's nicht so schwer,zu finden. Aber was mich heute beglückt, beglückt mich vielleicht morgen nicht. Christine. Was beglückt Dich heute? MonaldeSchi. Macht und Liebe. Christine. So viel aus einmal? MonaldeSchi. Eins gehört zum Andern: find' ich Liebe in mir und zu mir, so bin ich des Glücks mächtig, und soll ich Macht finden, so ist dies nur durch Liebe möglich, da mir die Macht nicht angeerbt ist, und sich überhaupt nur schein¬ bar vererben läßt. . , Christine. Und warum suchest Dn das in so weiter Ferne, und nicht daheim? MonaldeSchi. schimmern nicht,die rauhsten Berge in der Ferne lieblich blau? Es ist unsre Trägheit und eine krankhafte Himmelssehnsucht, daß wir im¬ mer nach der Ferne langen. Bon dem, was wir in der Nähe erreichen können, sehen wir alle steile, mühselige Beschwerde deutlich, und deshalb versuchen wir uns nicht daran; von dem, was uns in der Ferne lockt, sehen wir nur die Lockung deutlich, die Hindernisse aber undeutlich,, und so gehen wir mit besserem Muthe 'daran. Ch (für sich) ristine. Du hast Recht —so lockt's auch mich von hinnen! —- (zu ihm) was lockte Dich nach Schweden? Monaldcschi. Das Regiment einer Königin.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/58
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/58>, abgerufen am 04.07.2024.