Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

Bild:
<< vorherige Seite
Französische Ubvoka^eK.
Bon
P h it i/P p P " 5 * ".



Es versteht sich von selbst, daß auch wir in Deutschland überall
wieder jene alte Gerichtsverfassung, die Geschwornen-Gerichte, eingeführt
sehen möchten, wodurch unsere Vorfahrender wahren Civilisation näher
ständen als wir. Oeffentlichkeit der Anklage, Oeffentlichkeit der Ver¬
theidigung -- das ist es, warum wir unsrem französischen und englischen
Nachbaren am meisten beneiden müssen; das ist es, was die Bewohner
der Rheingegenden noch glücklicher Macht, als der herrliche Saft ihrer
Neben. Der Mensch aber bleibt sich gleich unter allen Zonen; der Bra¬
mine, der in Indien die Wittwe zum Scheiterhaufen mit Gesängen und
Gebeten begleitet, unterscheidet sich um nicht viel von dem hochwürdigen
Kreuzträger, der von der Kanzel Höllenstrafen herabdonnert gegen Dieje¬
nigen, die in den Fasten bei einem köstlichen Braten sich gütlich thun;
und der Advokat, der in Paris, in London, in Brüssel, in Mainz vor
dem Assisengerichte das Mitleid der Menge für seinen Clienten in An¬
spruch nimmt, ist darum um kein Haar besser, als derjenige, der im
nördlichen Deutschland durch klafterhohe Aktenstöße die Papierfabriken,
und durch centnerschwere Targebühren seine eigene Fabrik im Gange er¬
hält. Der Advokat ist ja überall der Vertheidiger der Wittwen und
Waisen, und er denkt vor Allein daran, daß seine eigene Wittwe und
seine eigenen Waisen dereinst keines Advokaten bedürfen" Doch unsere
deutschen Gerichtöhelden und ihre Kriegskunst sind uns hinlänglich be¬
kannt. ,

Wir wollen hier eins Charakteristik eines französischen Advokaten
geben, jenes mächtigen Geschlechtes, das in den Häusern wie in den


73
Französische Ubvoka^eK.
Bon
P h it i/P p P » 5 * ».



Es versteht sich von selbst, daß auch wir in Deutschland überall
wieder jene alte Gerichtsverfassung, die Geschwornen-Gerichte, eingeführt
sehen möchten, wodurch unsere Vorfahrender wahren Civilisation näher
ständen als wir. Oeffentlichkeit der Anklage, Oeffentlichkeit der Ver¬
theidigung — das ist es, warum wir unsrem französischen und englischen
Nachbaren am meisten beneiden müssen; das ist es, was die Bewohner
der Rheingegenden noch glücklicher Macht, als der herrliche Saft ihrer
Neben. Der Mensch aber bleibt sich gleich unter allen Zonen; der Bra¬
mine, der in Indien die Wittwe zum Scheiterhaufen mit Gesängen und
Gebeten begleitet, unterscheidet sich um nicht viel von dem hochwürdigen
Kreuzträger, der von der Kanzel Höllenstrafen herabdonnert gegen Dieje¬
nigen, die in den Fasten bei einem köstlichen Braten sich gütlich thun;
und der Advokat, der in Paris, in London, in Brüssel, in Mainz vor
dem Assisengerichte das Mitleid der Menge für seinen Clienten in An¬
spruch nimmt, ist darum um kein Haar besser, als derjenige, der im
nördlichen Deutschland durch klafterhohe Aktenstöße die Papierfabriken,
und durch centnerschwere Targebühren seine eigene Fabrik im Gange er¬
hält. Der Advokat ist ja überall der Vertheidiger der Wittwen und
Waisen, und er denkt vor Allein daran, daß seine eigene Wittwe und
seine eigenen Waisen dereinst keines Advokaten bedürfen» Doch unsere
deutschen Gerichtöhelden und ihre Kriegskunst sind uns hinlänglich be¬
kannt. ,

Wir wollen hier eins Charakteristik eines französischen Advokaten
geben, jenes mächtigen Geschlechtes, das in den Häusern wie in den


73
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0553" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267766"/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Französische Ubvoka^eK.<lb/><note type="byline"> Bon<lb/>
P h it i/P p  P » 5 * ».</note></head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p xml:id="ID_1938"> Es versteht sich von selbst, daß auch wir in Deutschland überall<lb/>
wieder jene alte Gerichtsverfassung, die Geschwornen-Gerichte, eingeführt<lb/>
sehen möchten, wodurch unsere Vorfahrender wahren Civilisation näher<lb/>
ständen als wir. Oeffentlichkeit der Anklage, Oeffentlichkeit der Ver¬<lb/>
theidigung &#x2014; das ist es, warum wir unsrem französischen und englischen<lb/>
Nachbaren am meisten beneiden müssen; das ist es, was die Bewohner<lb/>
der Rheingegenden noch glücklicher Macht, als der herrliche Saft ihrer<lb/>
Neben. Der Mensch aber bleibt sich gleich unter allen Zonen; der Bra¬<lb/>
mine, der in Indien die Wittwe zum Scheiterhaufen mit Gesängen und<lb/>
Gebeten begleitet, unterscheidet sich um nicht viel von dem hochwürdigen<lb/>
Kreuzträger, der von der Kanzel Höllenstrafen herabdonnert gegen Dieje¬<lb/>
nigen, die in den Fasten bei einem köstlichen Braten sich gütlich thun;<lb/>
und der Advokat, der in Paris, in London, in Brüssel, in Mainz vor<lb/>
dem Assisengerichte das Mitleid der Menge für seinen Clienten in An¬<lb/>
spruch nimmt, ist darum um kein Haar besser, als derjenige, der im<lb/>
nördlichen Deutschland durch klafterhohe Aktenstöße die Papierfabriken,<lb/>
und durch centnerschwere Targebühren seine eigene Fabrik im Gange er¬<lb/>
hält. Der Advokat ist ja überall der Vertheidiger der Wittwen und<lb/>
Waisen, und er denkt vor Allein daran, daß seine eigene Wittwe und<lb/>
seine eigenen Waisen dereinst keines Advokaten bedürfen» Doch unsere<lb/>
deutschen Gerichtöhelden und ihre Kriegskunst sind uns hinlänglich be¬<lb/>
kannt. ,</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1939" next="#ID_1940"> Wir wollen hier eins Charakteristik eines französischen Advokaten<lb/>
geben, jenes mächtigen Geschlechtes, das in den Häusern wie in den</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 73</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0553] Französische Ubvoka^eK. Bon P h it i/P p P » 5 * ». Es versteht sich von selbst, daß auch wir in Deutschland überall wieder jene alte Gerichtsverfassung, die Geschwornen-Gerichte, eingeführt sehen möchten, wodurch unsere Vorfahrender wahren Civilisation näher ständen als wir. Oeffentlichkeit der Anklage, Oeffentlichkeit der Ver¬ theidigung — das ist es, warum wir unsrem französischen und englischen Nachbaren am meisten beneiden müssen; das ist es, was die Bewohner der Rheingegenden noch glücklicher Macht, als der herrliche Saft ihrer Neben. Der Mensch aber bleibt sich gleich unter allen Zonen; der Bra¬ mine, der in Indien die Wittwe zum Scheiterhaufen mit Gesängen und Gebeten begleitet, unterscheidet sich um nicht viel von dem hochwürdigen Kreuzträger, der von der Kanzel Höllenstrafen herabdonnert gegen Dieje¬ nigen, die in den Fasten bei einem köstlichen Braten sich gütlich thun; und der Advokat, der in Paris, in London, in Brüssel, in Mainz vor dem Assisengerichte das Mitleid der Menge für seinen Clienten in An¬ spruch nimmt, ist darum um kein Haar besser, als derjenige, der im nördlichen Deutschland durch klafterhohe Aktenstöße die Papierfabriken, und durch centnerschwere Targebühren seine eigene Fabrik im Gange er¬ hält. Der Advokat ist ja überall der Vertheidiger der Wittwen und Waisen, und er denkt vor Allein daran, daß seine eigene Wittwe und seine eigenen Waisen dereinst keines Advokaten bedürfen» Doch unsere deutschen Gerichtöhelden und ihre Kriegskunst sind uns hinlänglich be¬ kannt. , Wir wollen hier eins Charakteristik eines französischen Advokaten geben, jenes mächtigen Geschlechtes, das in den Häusern wie in den 73

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/553
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/553>, abgerufen am 02.07.2024.