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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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-- Das ist mir ganz klar/ antwortete der Nachbar des Greisen.

- Und dieselben Worte wurden von allen Lippen mit leiser Stimme
wiederVolt, und machten die Nunde im Saale^ ' > , - '

Und als sie an das Bett zurückgekommen, von- wo sie ausge¬
gangen, da murmelte Rothbart mit dem Ausdruck einer Höllenfreude:

-- Das ist also abgemacht, Ccimeraden, er ist verurtheilt. Aber
was entscheidet ihr über das Loos dieses Spions-und Verräthers?
Was bestimmt ihr Baptist dem Klumpfuß für eine Straft?

, -- Er sterbe! antworteten sogleich alle Anwesenden, wie mit ei¬
ner, Stimme. Und das schreckliche Wort ballte wieder unter den
dunkeln Gewölben des Saals, gleich einem jener unterirdischen Echos,
welche sonst der Mund der Vehmrichter oft unter die'Menschen, wie
aus der Tiefe einer andern Welt hinaufsandte.

--Also, er soll sterben! wiederholte Rothbart. Und Gott be¬
zeichne, wessen Arm berufen ist, den Schuldigen zu bestrafen Und un¬
ser aller Rächer zu werden; -- hier-ist.die Urne des Geschicks. Wen
das braune Papier trifft, der ist der Auserwählte des Himmels, der
Erkorne des Schicksals.

^ Und bei diesen Worten zog er unter dem Stroh seines Betts
hervor, was die Vorsicht des Gefangenen daselbst stets in Bereitschaft
hielt für die großen Gelegenheiten, dieser Art, wo es galt, gemeinsam ir¬
gend einen feierlichen Entschluß-zu fassen; zwei TabcckSdüten, die eine
von braunem, die andere von grauem Papier. Darauf zählte er 'die-
Häupter seiner Gefährten, zerriß das graue Papier in ebensoviel Stücke,,
als ihrer waren, weniger einen und vervollständigte die Zahl durch,ein
Stück von der braunen Düte.. Nachdem er so gethan und die Papier¬
stücke in seine Mütze geworfen, reichte er sie seinem Nachbar mit den
Worten: - " '

-- Nimm Jakob. Möge Gott Deine Hemd'segnen!

Jakob nahm ein Stück Papier daraus, und reichte die Mütze sei-
nen Kettengenossen, und so machte sie die Nunde von Hand zu Hand,
und als sie zu Rothbart zurückkehrte, enthielt sie nur noch einen, den
letzten Papierstreifen.

Der Greis nahm das Stück Papier zwischen Daumen und Zeige¬
finger und rieb es leicht,,um zusehen, welches Loos ihm geworden.

Verdammt! Der braune ist mir nicht geblieben! rief er mit einem
Ausdruck bittern Grolles. " ' -


71^

— Das ist mir ganz klar/ antwortete der Nachbar des Greisen.

- Und dieselben Worte wurden von allen Lippen mit leiser Stimme
wiederVolt, und machten die Nunde im Saale^ ' > , - '

Und als sie an das Bett zurückgekommen, von- wo sie ausge¬
gangen, da murmelte Rothbart mit dem Ausdruck einer Höllenfreude:

— Das ist also abgemacht, Ccimeraden, er ist verurtheilt. Aber
was entscheidet ihr über das Loos dieses Spions-und Verräthers?
Was bestimmt ihr Baptist dem Klumpfuß für eine Straft?

, — Er sterbe! antworteten sogleich alle Anwesenden, wie mit ei¬
ner, Stimme. Und das schreckliche Wort ballte wieder unter den
dunkeln Gewölben des Saals, gleich einem jener unterirdischen Echos,
welche sonst der Mund der Vehmrichter oft unter die'Menschen, wie
aus der Tiefe einer andern Welt hinaufsandte.

—Also, er soll sterben! wiederholte Rothbart. Und Gott be¬
zeichne, wessen Arm berufen ist, den Schuldigen zu bestrafen Und un¬
ser aller Rächer zu werden; — hier-ist.die Urne des Geschicks. Wen
das braune Papier trifft, der ist der Auserwählte des Himmels, der
Erkorne des Schicksals.

^ Und bei diesen Worten zog er unter dem Stroh seines Betts
hervor, was die Vorsicht des Gefangenen daselbst stets in Bereitschaft
hielt für die großen Gelegenheiten, dieser Art, wo es galt, gemeinsam ir¬
gend einen feierlichen Entschluß-zu fassen; zwei TabcckSdüten, die eine
von braunem, die andere von grauem Papier. Darauf zählte er 'die-
Häupter seiner Gefährten, zerriß das graue Papier in ebensoviel Stücke,,
als ihrer waren, weniger einen und vervollständigte die Zahl durch,ein
Stück von der braunen Düte.. Nachdem er so gethan und die Papier¬
stücke in seine Mütze geworfen, reichte er sie seinem Nachbar mit den
Worten: - " '

— Nimm Jakob. Möge Gott Deine Hemd'segnen!

Jakob nahm ein Stück Papier daraus, und reichte die Mütze sei-
nen Kettengenossen, und so machte sie die Nunde von Hand zu Hand,
und als sie zu Rothbart zurückkehrte, enthielt sie nur noch einen, den
letzten Papierstreifen.

Der Greis nahm das Stück Papier zwischen Daumen und Zeige¬
finger und rieb es leicht,,um zusehen, welches Loos ihm geworden.

Verdammt! Der braune ist mir nicht geblieben! rief er mit einem
Ausdruck bittern Grolles. " ' -


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[0541] — Das ist mir ganz klar/ antwortete der Nachbar des Greisen. - Und dieselben Worte wurden von allen Lippen mit leiser Stimme wiederVolt, und machten die Nunde im Saale^ ' > , - ' Und als sie an das Bett zurückgekommen, von- wo sie ausge¬ gangen, da murmelte Rothbart mit dem Ausdruck einer Höllenfreude: — Das ist also abgemacht, Ccimeraden, er ist verurtheilt. Aber was entscheidet ihr über das Loos dieses Spions-und Verräthers? Was bestimmt ihr Baptist dem Klumpfuß für eine Straft? , — Er sterbe! antworteten sogleich alle Anwesenden, wie mit ei¬ ner, Stimme. Und das schreckliche Wort ballte wieder unter den dunkeln Gewölben des Saals, gleich einem jener unterirdischen Echos, welche sonst der Mund der Vehmrichter oft unter die'Menschen, wie aus der Tiefe einer andern Welt hinaufsandte. —Also, er soll sterben! wiederholte Rothbart. Und Gott be¬ zeichne, wessen Arm berufen ist, den Schuldigen zu bestrafen Und un¬ ser aller Rächer zu werden; — hier-ist.die Urne des Geschicks. Wen das braune Papier trifft, der ist der Auserwählte des Himmels, der Erkorne des Schicksals. ^ Und bei diesen Worten zog er unter dem Stroh seines Betts hervor, was die Vorsicht des Gefangenen daselbst stets in Bereitschaft hielt für die großen Gelegenheiten, dieser Art, wo es galt, gemeinsam ir¬ gend einen feierlichen Entschluß-zu fassen; zwei TabcckSdüten, die eine von braunem, die andere von grauem Papier. Darauf zählte er 'die- Häupter seiner Gefährten, zerriß das graue Papier in ebensoviel Stücke,, als ihrer waren, weniger einen und vervollständigte die Zahl durch,ein Stück von der braunen Düte.. Nachdem er so gethan und die Papier¬ stücke in seine Mütze geworfen, reichte er sie seinem Nachbar mit den Worten: - " ' — Nimm Jakob. Möge Gott Deine Hemd'segnen! Jakob nahm ein Stück Papier daraus, und reichte die Mütze sei- nen Kettengenossen, und so machte sie die Nunde von Hand zu Hand, und als sie zu Rothbart zurückkehrte, enthielt sie nur noch einen, den letzten Papierstreifen. Der Greis nahm das Stück Papier zwischen Daumen und Zeige¬ finger und rieb es leicht,,um zusehen, welches Loos ihm geworden. Verdammt! Der braune ist mir nicht geblieben! rief er mit einem Ausdruck bittern Grolles. " ' - 71^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/541>, abgerufen am 22.12.2024.