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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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selbst, Eisen und Blei, Kupfer und Zinn, ja sogar Silber. Die Joa-
chimötbalcr Silberminen, ganz, nahe bei Carlsbad, haben eine große
Berühmtheit erlangt, denn gar viele Millionen sind aus ihnen gezogen
worden. Böhmen besitzt außerdem Kohlenbergwerke, die mehr werth
sind oder vielmehr, wenn man sie benutzen wird, mehr werth sein wer¬
den als Goldminen. Diese Schätze der Oberfläche und des Innern der
Erde werden fast alle mit wachsendem Erfolge ausgebeutet. Eine Per¬
son, der man alles Zutrauen schenken kann, hat mich versichert, daß es
kein Land in Europa gäbe, das in materieller Beziehung .seit dreißig
Jahren größere Fortschritte gemacht habe, als Böhmen

Ob die böhmische und österreichische Bevölkerung diesen Charakter
der Ruhe, den man im ganzen deutschen Theile des Kaiserreichs findet,
stets behalten wird? Ich bin geneigt, eine bejahende Antwort zu ge¬
ben. Es scheint, als wären die Revolutionen noch fern davon, diese
friedlichen Bienenkörbe zu stören.

, Joseph II. hatte die Laufbahn der politischen und socialen Refor¬
men betreten, ehe bei uns noch praktisch die Rede davon war. , Da er
nun, gleich allen neuerem, nicht die Erfahrungen Anderer zu Führern
nehmen konnte, so beging er Fehler. Sein Geist schritt seinen Zeitge¬
nossen zu weit voraus. Für einen Denker, der nur beobachtet und me-
ditirt, ist dies eine ruhmvolle Scharfsichtigkeit; bei einen: König, der mit
Seelen und Körpern zu thun' hat, ist es eine gefährliche Eile. Der
Fürst, der seine Unterthanen glücklich machen will, darf sich nicht unter
die Tirailleurs oder Pioniers in der Avantgarde werfen, sondern muß
dem Gros der Armee nahe bleiben. Ueberzeugt, daß in der innern Lage
seiner Völker eine Aenderung unerläßlich sei, und daß ihre strenge Schei¬
dung in abgesonderte Kasten aufhören müsse, fing Joseph II. kraft sei¬
ner Machtvollkommenheit eine gänzliche freisinnige Umgestaltung der Ge¬
setze seines Reichs an; aber er sah nicht, daß der eigenthümliche Geist
seiner Völker plötzlichen Veränderungen und Zerreißungen ganz beson¬
ders abgeneigt war. Er begriff nicht hinlänglich, daß er den Glauben,
den kostbarsten Schatz einer Nation, berücksichtigen müsse. Er fühlte-
nicht, daß, indem er gegen die religiösen Ideen anstieß, er das festeste
Bollwerk der Throne erschütterte. In Frankreich, wo man in die reli¬
giösen Ansichten Bresche gebrochen hatte, und wo der Nationalcharakter
glühend, leicht erhitzbar und außerordentlich ungeduldig ist, würde ein
König, wie Joseph II., Anfangs einen überströmenden Enthusiasmus
erregt haben; wie die Sache aber geendet haben würde, das weiß ich


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selbst, Eisen und Blei, Kupfer und Zinn, ja sogar Silber. Die Joa-
chimötbalcr Silberminen, ganz, nahe bei Carlsbad, haben eine große
Berühmtheit erlangt, denn gar viele Millionen sind aus ihnen gezogen
worden. Böhmen besitzt außerdem Kohlenbergwerke, die mehr werth
sind oder vielmehr, wenn man sie benutzen wird, mehr werth sein wer¬
den als Goldminen. Diese Schätze der Oberfläche und des Innern der
Erde werden fast alle mit wachsendem Erfolge ausgebeutet. Eine Per¬
son, der man alles Zutrauen schenken kann, hat mich versichert, daß es
kein Land in Europa gäbe, das in materieller Beziehung .seit dreißig
Jahren größere Fortschritte gemacht habe, als Böhmen

Ob die böhmische und österreichische Bevölkerung diesen Charakter
der Ruhe, den man im ganzen deutschen Theile des Kaiserreichs findet,
stets behalten wird? Ich bin geneigt, eine bejahende Antwort zu ge¬
ben. Es scheint, als wären die Revolutionen noch fern davon, diese
friedlichen Bienenkörbe zu stören.

, Joseph II. hatte die Laufbahn der politischen und socialen Refor¬
men betreten, ehe bei uns noch praktisch die Rede davon war. , Da er
nun, gleich allen neuerem, nicht die Erfahrungen Anderer zu Führern
nehmen konnte, so beging er Fehler. Sein Geist schritt seinen Zeitge¬
nossen zu weit voraus. Für einen Denker, der nur beobachtet und me-
ditirt, ist dies eine ruhmvolle Scharfsichtigkeit; bei einen: König, der mit
Seelen und Körpern zu thun' hat, ist es eine gefährliche Eile. Der
Fürst, der seine Unterthanen glücklich machen will, darf sich nicht unter
die Tirailleurs oder Pioniers in der Avantgarde werfen, sondern muß
dem Gros der Armee nahe bleiben. Ueberzeugt, daß in der innern Lage
seiner Völker eine Aenderung unerläßlich sei, und daß ihre strenge Schei¬
dung in abgesonderte Kasten aufhören müsse, fing Joseph II. kraft sei¬
ner Machtvollkommenheit eine gänzliche freisinnige Umgestaltung der Ge¬
setze seines Reichs an; aber er sah nicht, daß der eigenthümliche Geist
seiner Völker plötzlichen Veränderungen und Zerreißungen ganz beson¬
ders abgeneigt war. Er begriff nicht hinlänglich, daß er den Glauben,
den kostbarsten Schatz einer Nation, berücksichtigen müsse. Er fühlte-
nicht, daß, indem er gegen die religiösen Ideen anstieß, er das festeste
Bollwerk der Throne erschütterte. In Frankreich, wo man in die reli¬
giösen Ansichten Bresche gebrochen hatte, und wo der Nationalcharakter
glühend, leicht erhitzbar und außerordentlich ungeduldig ist, würde ein
König, wie Joseph II., Anfangs einen überströmenden Enthusiasmus
erregt haben; wie die Sache aber geendet haben würde, das weiß ich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/501>, abgerufen am 22.12.2024.