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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Es hat einigen Fiysterlingen und kalten' FisckMturett gefallen^ jene
Energie, mit welcher unser Publikum in letzterer Zeit, die ^Anerkennung
einiger Künstler im Theater, aussprach, zu tadeln. In so fern, dieser
Tadel so weit -geht, den richtigen Geschmack des Publikums zu bezwei¬
feln, ,da Mittelmäßigkeit zu vermuthen, wo des Volkes (also Gottes)-
Stimme unter donnerndem Applaus die Candidatur der Unsterblichkeit
laut proclamirte: so zerfällt dieser Tadel in sich selbst, und verdient
durchaus keine weitere Berücksichtigung. Das Publikum ist und bleibt
einmall die höchste Instanz, durch deren Bestätigung erst das Urtheil
der Kritik rechtskräftig wird; von ihn: giebt es keine weitere Appellation,,
nicht einmal die: 6e nunc sei ineliu.? iukoemstura, weil immer ange¬
nommen werden, muß, das Publikum sei jetzt schon auf der höchsten
Stufe der Information, was allerdings, wenn man die einzelnen Bei¬
sitzer deö vielköpfigen Gerichts genauer ins Auge saßt, seine bedeutenden
logischen-Difft'ankleiden lM Wir wollen hier nur Jenen antworten, die
nicht den Inhalt, sondern blos die-Form, man möchte sagen, den Styl
des öffentlichen Urtheils anzufechten wagen. Bevor wir "jedoch Hand
an's Werk legen, erklären wir, daß die nachfolgenden Zeilen nur den
Zweck haben, das richterliche, Ansehen der öffentlichen Meinung auf's
Neue zu bekräftigen, daß/sie zur.im Interesse , der Kunst geschrieben sind,
und nicht in dem eines oder des anderii Künstlers,, dem Neid und Scheel-,
sucht so gern den Loorbeer von der Stirn rissen, den ihm zwei-Genien
mit zierlichen Händen im Beisein des ganzen, Balletkorps,, um die Schläfe
wanden. Im Gegentheil, wir überlassen dies dem Betheiligten selbst;
der ächte Künstler verliert eher den Kopf als den Loorbeer- daran;, den
Kopf schätzt er mit Recht gering, er ist nichts als die Unterlage des
Kranzes; der Kranz- ist dem Künstler die Hauptsache; den Kopf gab die
rohe Natur, den Kranz die edle Kunst, Kopf haben, kam jeder-Nary
den Kranz blos der Künstler. Wir , führen hier, wie gesagt, nur die
Sache des Publikums. Man hat dem Enthusiasmus, der sich gewiß, nur
zufällig bei Künstlerinnen etwas lebhafter äußerte, von manchen Sei¬
ten unlautere Motive unterlegen, man hat darin mehr Galanterie für
das Geschlecht, als Hingebung für die Himmelstochter Kunst finden wol¬
len. Mit großem Unrecht. Waren die Künstlerinnen nicht hübsch, so
muß es doch wohl nur die Kunst, gewesen sein, die so' allgemein begei¬
sterte, Wd war die , Künstlerin schön, so ist, das Schorfen , an und für
sich ja auch eine, Kunst, eine Kunst, welche die feiner orgamsirte, Hälfte
de? Menschheit zur Aufgabe ihres Lebens gemacht hat, eine Kunst end-


Es hat einigen Fiysterlingen und kalten' FisckMturett gefallen^ jene
Energie, mit welcher unser Publikum in letzterer Zeit, die ^Anerkennung
einiger Künstler im Theater, aussprach, zu tadeln. In so fern, dieser
Tadel so weit -geht, den richtigen Geschmack des Publikums zu bezwei¬
feln, ,da Mittelmäßigkeit zu vermuthen, wo des Volkes (also Gottes)-
Stimme unter donnerndem Applaus die Candidatur der Unsterblichkeit
laut proclamirte: so zerfällt dieser Tadel in sich selbst, und verdient
durchaus keine weitere Berücksichtigung. Das Publikum ist und bleibt
einmall die höchste Instanz, durch deren Bestätigung erst das Urtheil
der Kritik rechtskräftig wird; von ihn: giebt es keine weitere Appellation,,
nicht einmal die: 6e nunc sei ineliu.? iukoemstura, weil immer ange¬
nommen werden, muß, das Publikum sei jetzt schon auf der höchsten
Stufe der Information, was allerdings, wenn man die einzelnen Bei¬
sitzer deö vielköpfigen Gerichts genauer ins Auge saßt, seine bedeutenden
logischen-Difft'ankleiden lM Wir wollen hier nur Jenen antworten, die
nicht den Inhalt, sondern blos die-Form, man möchte sagen, den Styl
des öffentlichen Urtheils anzufechten wagen. Bevor wir «jedoch Hand
an's Werk legen, erklären wir, daß die nachfolgenden Zeilen nur den
Zweck haben, das richterliche, Ansehen der öffentlichen Meinung auf's
Neue zu bekräftigen, daß/sie zur.im Interesse , der Kunst geschrieben sind,
und nicht in dem eines oder des anderii Künstlers,, dem Neid und Scheel-,
sucht so gern den Loorbeer von der Stirn rissen, den ihm zwei-Genien
mit zierlichen Händen im Beisein des ganzen, Balletkorps,, um die Schläfe
wanden. Im Gegentheil, wir überlassen dies dem Betheiligten selbst;
der ächte Künstler verliert eher den Kopf als den Loorbeer- daran;, den
Kopf schätzt er mit Recht gering, er ist nichts als die Unterlage des
Kranzes; der Kranz- ist dem Künstler die Hauptsache; den Kopf gab die
rohe Natur, den Kranz die edle Kunst, Kopf haben, kam jeder-Nary
den Kranz blos der Künstler. Wir , führen hier, wie gesagt, nur die
Sache des Publikums. Man hat dem Enthusiasmus, der sich gewiß, nur
zufällig bei Künstlerinnen etwas lebhafter äußerte, von manchen Sei¬
ten unlautere Motive unterlegen, man hat darin mehr Galanterie für
das Geschlecht, als Hingebung für die Himmelstochter Kunst finden wol¬
len. Mit großem Unrecht. Waren die Künstlerinnen nicht hübsch, so
muß es doch wohl nur die Kunst, gewesen sein, die so' allgemein begei¬
sterte, Wd war die , Künstlerin schön, so ist, das Schorfen , an und für
sich ja auch eine, Kunst, eine Kunst, welche die feiner orgamsirte, Hälfte
de? Menschheit zur Aufgabe ihres Lebens gemacht hat, eine Kunst end-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/480>, abgerufen am 30.06.2024.