Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.Moralische Freiheit seines'Publikums, welches mit heiterer Seele, ohne ,2. Etwas über den Applaus. Unter, dieser Überschrift enthält das Taschenbuch Libussa einen Moralische Freiheit seines'Publikums, welches mit heiterer Seele, ohne ,2. Etwas über den Applaus. Unter, dieser Überschrift enthält das Taschenbuch Libussa einen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0479" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267692"/> <p xml:id="ID_1689" prev="#ID_1688"> Moralische Freiheit seines'Publikums, welches mit heiterer Seele, ohne<lb/> vorgefaßte Meinung, ohne sauertöpfische Secirlust in's Theater geht, be¬<lb/> reit, sich dem Spiele fröhlicher Muse mit aller Freiheit der Seele hin¬<lb/> zugeben. Es versteht sich von selbst, dass wir hier die französische Fri¬<lb/> volität nicht vertheidigen wollen; die deutschen Ohren sind keusch, und<lb/> diese, heilige 'Keuschheit wird auch dem ungebundensten deutschen Lustspiele<lb/> inne wohnen. Aber ungebunden muß der Dichter sein können, keine vor¬<lb/> gefaßten Regeln, keine Anforderung an Classicität dürfen ihn hindern.<lb/> Närrische sDeutschc! Bei jeder Production denken sie an die Unsterblich¬<lb/> keit, an die Zukunft, und lassen dariiber die schöne Gegenwart und das<lb/> fröhliche Leben des Augenblicks verschwinden. Schreibt dem Lustspiele<lb/> keine Gesetze vor. Laßt >es wie ein fröhliches Gesellschaftsspiel, wie eine<lb/> heitere Konversation von dem sich nähren, was der Augenblick bietet.<lb/> Wenn Ihr an einem fröhlichen Abend Euren Witz und Eure L.une schießen<lb/> laßt, denkt Ihr an einen Zweck für morgen? Ihr wollt eine Stunde<lb/> fröhlich verleben, und das ist Euch genug, aber nach Jahren denkt Ihr<lb/> noch an diese Stunde; sie ist unsterblich in Ellrein Gedächtniß, eben so<lb/> das Lustspiel; wult nicht daran, was die Nachwelt dazu sagen wird.<lb/> stachelt, kitzelt, peitscht den Augenblick, gleichviel ob Ihr die ewigen<lb/> oder die zeitlichen Fehler der Menschen geißelt. Derjenige, der den Au¬<lb/> genblick am glücklichsten traf, den wird die Zukunft lange verehren. Dies<lb/> beweisen alle alten Lustspiele von Aristophanes bis ans Goldoni., Mit<lb/> Euren deutschen Unsterblichkeitögedanken habt Ihr den guten Kotzebue zu<lb/> Tode gehetzt und den Jünger und alle die Vielen, deren heitere Laune<lb/> um kein Haar schlechter war, als der ganze Lustspielkram, den Ihr heute<lb/> von jenseits des Rheins Euch verschreiben müßt. Seit fünfzig Jahren<lb/> steht die deutsche Kritik wie ein altes grämliches Weib mit dem Fliegen¬<lb/> wedel in der Hand, und verscheucht jede fröhliche Biene, die auf ihren<lb/> Blumentöpfen sich niedersetzen will, und doch verlangt Ihr Honig, um<lb/> Eure Stunden zu versüßen, und Wachs, um Eure Abende zu erleuchten'.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="2"> <head> ,2.<lb/> Etwas über den Applaus.</head><lb/> <p xml:id="ID_1690"> Unter, dieser Überschrift enthält das Taschenbuch Libussa einen<lb/> allerliebsten' Aufsatz, den wir hier. unsern'. Lesern mittheilen wollen? ^</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0479]
Moralische Freiheit seines'Publikums, welches mit heiterer Seele, ohne
vorgefaßte Meinung, ohne sauertöpfische Secirlust in's Theater geht, be¬
reit, sich dem Spiele fröhlicher Muse mit aller Freiheit der Seele hin¬
zugeben. Es versteht sich von selbst, dass wir hier die französische Fri¬
volität nicht vertheidigen wollen; die deutschen Ohren sind keusch, und
diese, heilige 'Keuschheit wird auch dem ungebundensten deutschen Lustspiele
inne wohnen. Aber ungebunden muß der Dichter sein können, keine vor¬
gefaßten Regeln, keine Anforderung an Classicität dürfen ihn hindern.
Närrische sDeutschc! Bei jeder Production denken sie an die Unsterblich¬
keit, an die Zukunft, und lassen dariiber die schöne Gegenwart und das
fröhliche Leben des Augenblicks verschwinden. Schreibt dem Lustspiele
keine Gesetze vor. Laßt >es wie ein fröhliches Gesellschaftsspiel, wie eine
heitere Konversation von dem sich nähren, was der Augenblick bietet.
Wenn Ihr an einem fröhlichen Abend Euren Witz und Eure L.une schießen
laßt, denkt Ihr an einen Zweck für morgen? Ihr wollt eine Stunde
fröhlich verleben, und das ist Euch genug, aber nach Jahren denkt Ihr
noch an diese Stunde; sie ist unsterblich in Ellrein Gedächtniß, eben so
das Lustspiel; wult nicht daran, was die Nachwelt dazu sagen wird.
stachelt, kitzelt, peitscht den Augenblick, gleichviel ob Ihr die ewigen
oder die zeitlichen Fehler der Menschen geißelt. Derjenige, der den Au¬
genblick am glücklichsten traf, den wird die Zukunft lange verehren. Dies
beweisen alle alten Lustspiele von Aristophanes bis ans Goldoni., Mit
Euren deutschen Unsterblichkeitögedanken habt Ihr den guten Kotzebue zu
Tode gehetzt und den Jünger und alle die Vielen, deren heitere Laune
um kein Haar schlechter war, als der ganze Lustspielkram, den Ihr heute
von jenseits des Rheins Euch verschreiben müßt. Seit fünfzig Jahren
steht die deutsche Kritik wie ein altes grämliches Weib mit dem Fliegen¬
wedel in der Hand, und verscheucht jede fröhliche Biene, die auf ihren
Blumentöpfen sich niedersetzen will, und doch verlangt Ihr Honig, um
Eure Stunden zu versüßen, und Wachs, um Eure Abende zu erleuchten'.
,2.
Etwas über den Applaus.
Unter, dieser Überschrift enthält das Taschenbuch Libussa einen
allerliebsten' Aufsatz, den wir hier. unsern'. Lesern mittheilen wollen? ^
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