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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Zollbreit mehr! -- Täusche Dich nicht! Beschwichtige Dich nicht, Santinelli, es
ist Dir nur ein Theil Deiner Hoffnungen geglückt, und damit ist Dein Schicksal
für immer entschieden. -- Ja wohl! Der Reiz der Neuheit, die Macht des ersten
Eindrucks sind dahin, und was sie mir nicht bringen, das erwerbe ich nicht.

Giulio hatte wohl Recht, bei unsern Unternehmungen mir immer spöttisch zu¬
zurufen: Wenn der Eroberer nicht alle Tage weiter geht, so geht er alle Tage zu¬
rück. Es ist also. Altern nicht die Kräfte und Vorzüge? Verringert sich nicht
meine Manneefchöne? So lange man noch wächst, ja was braucht man da zu-
sorgen, was heute nicht gelingt, gelingt morgen I Aber.-wenn man die Mannes-
höhe erreicht hat, und vor Einem aller Weg abwärts geht -- Und doch! Man
muß nur ein Ding im Leben unternehmen, auf dieses Eine Alles zusammendrän¬
gen! Alles, Alles, jeden Athemzug, jeden Gedanken, jede Handbewegung, jeden
Schritt, jedes Wort, jeden Gruß, jedes Ja, jedes Nein, Alles muß man nur
darauf richten, und man vollbringt's, man erreichtes. Kommt man nicht auf die
Spitze des Berges, so kommt man doch hoch -- täglich auf denselben Haufen einen
Stein gelegt, am Ende wird's doch ein Berg. Schöne, schöne Zeit, Mondenschein und Sommernacht und Manneskraft, ihr
fließt ungenützt dahin! Ich sehe nach ihren Fenstern hinüber und sie ruft mich nicht!
Eine Minute nach der andern vergeht, es werden Stunden daraus, Tage und
Monde; ein Jahr der besten Lebenszeit ist hin, ein langer Schritt bergabwärts ist
gethan. --


Siebente Scene.



M

(Kitt leise ni", und bleibt ruhig an der Thue" stehen.)

onaldcschi -- Santinelli.

S

(fährt plötzlich auf und zieht den Degen.)
antinclli Lebt da waS?

M

(zieht den seinen auch,)
onaldeScht Wenn Jhrs erlaubt, so lebt hier was.

Santinelli. Ein Degen blitzt - wer seid, we-S wollt Ihr?

Monaldeschi. Der Degen blitzt aus Gefälligkeit für den Euren, wie man
grüßt, so dankt man -- ich weiß nicht, was Ihr bei Mondschein für Laune habt,
und ein langer Degen ist immer ein guter Wetterableiter, wenn nichts Besseres.--

Santinelli. Wer seid'Ihr?

Monaldeschi. WennJhr nicht so oft fragt, .kann ich Euch öfter antworten.
Kennt Ihr unsre Sprache nicht mehr? Ein Römer bin ich, wie Du.

Santinelli. Wie Heißt Du, was willst Du?

Monaldeschi. Was ich will? Was-willst Du? Dein Glück machen!
Was ist Glück? Und was soll man Jemand auf der Thürschwelle sagen, zwischen
Guten Abend lind der Degcnspitze?


Zollbreit mehr! — Täusche Dich nicht! Beschwichtige Dich nicht, Santinelli, es
ist Dir nur ein Theil Deiner Hoffnungen geglückt, und damit ist Dein Schicksal
für immer entschieden. — Ja wohl! Der Reiz der Neuheit, die Macht des ersten
Eindrucks sind dahin, und was sie mir nicht bringen, das erwerbe ich nicht.

Giulio hatte wohl Recht, bei unsern Unternehmungen mir immer spöttisch zu¬
zurufen: Wenn der Eroberer nicht alle Tage weiter geht, so geht er alle Tage zu¬
rück. Es ist also. Altern nicht die Kräfte und Vorzüge? Verringert sich nicht
meine Manneefchöne? So lange man noch wächst, ja was braucht man da zu-
sorgen, was heute nicht gelingt, gelingt morgen I Aber.-wenn man die Mannes-
höhe erreicht hat, und vor Einem aller Weg abwärts geht — Und doch! Man
muß nur ein Ding im Leben unternehmen, auf dieses Eine Alles zusammendrän¬
gen! Alles, Alles, jeden Athemzug, jeden Gedanken, jede Handbewegung, jeden
Schritt, jedes Wort, jeden Gruß, jedes Ja, jedes Nein, Alles muß man nur
darauf richten, und man vollbringt's, man erreichtes. Kommt man nicht auf die
Spitze des Berges, so kommt man doch hoch — täglich auf denselben Haufen einen
Stein gelegt, am Ende wird's doch ein Berg. Schöne, schöne Zeit, Mondenschein und Sommernacht und Manneskraft, ihr
fließt ungenützt dahin! Ich sehe nach ihren Fenstern hinüber und sie ruft mich nicht!
Eine Minute nach der andern vergeht, es werden Stunden daraus, Tage und
Monde; ein Jahr der besten Lebenszeit ist hin, ein langer Schritt bergabwärts ist
gethan. --


Siebente Scene.



M

(Kitt leise ni», und bleibt ruhig an der Thue« stehen.)

onaldcschi — Santinelli.

S

(fährt plötzlich auf und zieht den Degen.)
antinclli Lebt da waS?

M

(zieht den seinen auch,)
onaldeScht Wenn Jhrs erlaubt, so lebt hier was.

Santinelli. Ein Degen blitzt - wer seid, we-S wollt Ihr?

Monaldeschi. Der Degen blitzt aus Gefälligkeit für den Euren, wie man
grüßt, so dankt man — ich weiß nicht, was Ihr bei Mondschein für Laune habt,
und ein langer Degen ist immer ein guter Wetterableiter, wenn nichts Besseres.—

Santinelli. Wer seid'Ihr?

Monaldeschi. WennJhr nicht so oft fragt, .kann ich Euch öfter antworten.
Kennt Ihr unsre Sprache nicht mehr? Ein Römer bin ich, wie Du.

Santinelli. Wie Heißt Du, was willst Du?

Monaldeschi. Was ich will? Was-willst Du? Dein Glück machen!
Was ist Glück? Und was soll man Jemand auf der Thürschwelle sagen, zwischen
Guten Abend lind der Degcnspitze?


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/48>, abgerufen am 04.07.2024.