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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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den früher, ehe man sie öffnete. So hatten sie Zeit genug, durch die
Erzählung eines gefälligen Nachbars zu erfahren, in Folge welcher Er¬
eignisse die Oper in den Tuileriensaal übergesiedelt worden sei.

Durch die Nachlässigkeit von Arbeitern, die an, Opernsaal ange¬
wendet wurden, brach darin den 6. April 1763 ein Feuer aus; durch
einen unglücklichen Zufall waren die Theaterwächter abwesend, so daß
man nicht zur Zeit sich nach Hülfe umsah. Bald erreichte das Feuer
die Gebäude des Palais Royal, und der' Flügel des ersten Hofes bil¬
dete in kurzer Zeit mit dem Opernsaale nur einen unermeßlichen glü¬
henden Heerd. Als die Rede davon war, einen neuen Bauplatz zu wäh¬
len, sprach man vom Carrousel, vom Louvre und von einigen andern
Orten; aber der Herzog von Orleans wünschte die Oper in seiner Nach¬
barschaft zu behalten. Er beeilte sich daher, in Versailles die Erlaubniß
zum Wiederaufbau des Theaters an demselben Orte nachzusuchen, indem
er eine jährliche Unterstützung von 100,000 Thalern , als-Miethprei.6
seiner Logen versprach; Ludwig XV. bewilligte sein Gesuch: Da in¬
dessen ein,großer Saal, der Maschinensaal, in den Tuilerien sich leer
befand, so erlaubte der König, daß er auf seine eigenen ^Kosten zum Ge¬
brauch der Oper eingerichtet wurde.

Während Leopold Mozart durch seinen Nachbar von diesen eben er¬
zählten Thatsachen unterrichtet ward, hatte die wartende Menge bedeu¬
tend zugenommen, und fing schon an, durch Murren ein Zeichen ihrer
Langeweile und Ungeduld zu geben, als sich das Zeichen zur Oeffnung
der Thüren hören ließ. Unsere Reisenden fanden ihren Platz im Pa¬
radies, das nebst dem Parterre der einzige disponible Platz war; denn
beide Logenreihen waren von Standespersonen besetzt. - Nie hatte sich
ihren Blicken ein ähnliches Schauspiel dargeboten; s> waren daher auch
"och'.lange nicht mit ihren Beobachtungen fertig, als der Kapellmeister
das Zeichen zum Beginn der Ouvertüre gab.

Wolfgang. Mozart, dieses geniale Kind, das die Musik nicht er¬
lernt, sondern, errathen hatte, urtheilte über diese Kunst mit einem weit
richtigern Gefühl, als irgend einer von den zahlreichen im großen Tui-
leriensaale versammelten Zuhörern. Und er war noch nicht acht Jahre
alt-! Das Orchester der Oper, das man in ganz Europa so sehr
rühmte, weil man den Lobeserhebungen der Franzosen ohne Prüfung
glaubte, schien ihm weit unter seinem Ruhme zu stehen. Von der Zahl
abgesehen, konnte es mit keinem derer einen Vergleich aushalten, die
der junge Künstler in Deutschland gehört zu haben sich erinnerte. Ihm


den früher, ehe man sie öffnete. So hatten sie Zeit genug, durch die
Erzählung eines gefälligen Nachbars zu erfahren, in Folge welcher Er¬
eignisse die Oper in den Tuileriensaal übergesiedelt worden sei.

Durch die Nachlässigkeit von Arbeitern, die an, Opernsaal ange¬
wendet wurden, brach darin den 6. April 1763 ein Feuer aus; durch
einen unglücklichen Zufall waren die Theaterwächter abwesend, so daß
man nicht zur Zeit sich nach Hülfe umsah. Bald erreichte das Feuer
die Gebäude des Palais Royal, und der' Flügel des ersten Hofes bil¬
dete in kurzer Zeit mit dem Opernsaale nur einen unermeßlichen glü¬
henden Heerd. Als die Rede davon war, einen neuen Bauplatz zu wäh¬
len, sprach man vom Carrousel, vom Louvre und von einigen andern
Orten; aber der Herzog von Orleans wünschte die Oper in seiner Nach¬
barschaft zu behalten. Er beeilte sich daher, in Versailles die Erlaubniß
zum Wiederaufbau des Theaters an demselben Orte nachzusuchen, indem
er eine jährliche Unterstützung von 100,000 Thalern , als-Miethprei.6
seiner Logen versprach; Ludwig XV. bewilligte sein Gesuch: Da in¬
dessen ein,großer Saal, der Maschinensaal, in den Tuilerien sich leer
befand, so erlaubte der König, daß er auf seine eigenen ^Kosten zum Ge¬
brauch der Oper eingerichtet wurde.

Während Leopold Mozart durch seinen Nachbar von diesen eben er¬
zählten Thatsachen unterrichtet ward, hatte die wartende Menge bedeu¬
tend zugenommen, und fing schon an, durch Murren ein Zeichen ihrer
Langeweile und Ungeduld zu geben, als sich das Zeichen zur Oeffnung
der Thüren hören ließ. Unsere Reisenden fanden ihren Platz im Pa¬
radies, das nebst dem Parterre der einzige disponible Platz war; denn
beide Logenreihen waren von Standespersonen besetzt. - Nie hatte sich
ihren Blicken ein ähnliches Schauspiel dargeboten; s> waren daher auch
«och'.lange nicht mit ihren Beobachtungen fertig, als der Kapellmeister
das Zeichen zum Beginn der Ouvertüre gab.

Wolfgang. Mozart, dieses geniale Kind, das die Musik nicht er¬
lernt, sondern, errathen hatte, urtheilte über diese Kunst mit einem weit
richtigern Gefühl, als irgend einer von den zahlreichen im großen Tui-
leriensaale versammelten Zuhörern. Und er war noch nicht acht Jahre
alt-! Das Orchester der Oper, das man in ganz Europa so sehr
rühmte, weil man den Lobeserhebungen der Franzosen ohne Prüfung
glaubte, schien ihm weit unter seinem Ruhme zu stehen. Von der Zahl
abgesehen, konnte es mit keinem derer einen Vergleich aushalten, die
der junge Künstler in Deutschland gehört zu haben sich erinnerte. Ihm


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/461>, abgerufen am 22.12.2024.