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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Meister eingeweiht, ein tüchtiger Colorist, ein sehr corr^ter Zeichner,
war er-dazu ausersehen, die-flamändische Kunst wieder ins Leben zu rufen,
und sie aus der liefen Entartung "zu heben, 'worin'die Geschmacklosigkeit
und die Ungunst der- Zeit sie gestürzt hatte/ Woll Kühnheit hatte er die
höhere Geschichtöckalerei ergriffen, und sich durch den Schwung'des Ge¬
fühles und" des Gedankens den Meistern'genähert, welche -Lens durch
seine weichen und kalten'Compositionen umsonst zu erreichen strebte. Zwei
Ursachen waren H e r r'e y n ö hinderlich, jene Erneuerung ' zu bewirken,
deren 'die ssamändische Schule-Sarr'ete,'und die erst in der Folgezeit ein¬
treten sollte/ Das erste und größte' Hinderniß > lag in ihm selbst;- ein
anderes war die neue Ausbildung der französischen Kunst durch Vier
und David, -Herr'eyns ganzes -Talent lag im' Gedanken'; es mangelte
eben' die'Stärke des WilleUs^' Er war -eilt- Mnstle'r und-nichts weiter;
er arbeitete-für sich selbst, bescheiden und in'der Stille, ohne an den
Lärm der Welt zu denken, ohne sich um den-Beifall von 'Außen her^ zu
kümmernd Es ^ fehlte ihm vor Allem' der Ehrgeiz^ und sodann der Muth.
Es gebrach ihm-an-der Kühnheit'dereii-ein Erneuerer bedarf, >und an
der Begeisterung wodurch er die Nachwelt'fortreißt.' Er fürchtete sich,
eine Rolle'zu-spielen,-und War Zufrieden einen bescheidenen Platz im'-Ge¬
folge der größen Meister einzunehmen/in deren Sinne er, in dieser Pe¬
riode des''Verfalles -fortarbettet'e.',-' AüßerdeiK hatte Auch in Frankreich
die Kunst sich gewaltig ' zusammen genommen. Nachdem sie sich lange
in dein durch Watteau gezogenen Kreise bewegt,'und- alle Quellen.ga¬
lanter'und unzüchtiger Motive" erschöpft waren, hatte sie sich plötzlich
Wem wahrhaften Gehalte UM Geiste -wieder zugewandt, dem'Geiste der
Historie-, Lie'ohnehin für ein Volk-, das ganz- That,!'Aeußerlichkeit'-und
Bewegung-ist, die'natürlichste Gattung zu sein- Heine> und! die-schon
Poussin, Lesueur und 'Lebrun' mit-'soviel Er'folg ' und' Ruhm angebaut
hatten. Diese -Kunsterneuerung wurde durch Vier, den würdigen Nach¬
folger'von Lemoine, bewirkt.. -', - - ^ - - - ' -

Uebechaupt wär jene Zeit ganz-der höhern Historie zugethan; das
Jahr 1739'nahete heran', und-die furchtbarste aller Revolutionen-'ver¬
dunkelte'schon den H'örizont/--Die frau'zösische Gesellschaft - stürzte zusam¬
men, um sich neu aufzubauen. Der Geschmack erfuhr eine völlige Um¬
wälzung. Talma, mit seinem edlen Antlitz,-nach dem Muster irgend
einer-alten Statue gebildet, sollte die-Bühne beherrschen, wie Mivabeau
die Tribune.- Fast im Augenblick wo die große Staatserplosiott ausbrechen
sollte, kehrte einer von^ Vier's'Schülern voll Rom"-zurück; -voll von den


Meister eingeweiht, ein tüchtiger Colorist, ein sehr corr^ter Zeichner,
war er-dazu ausersehen, die-flamändische Kunst wieder ins Leben zu rufen,
und sie aus der liefen Entartung "zu heben, 'worin'die Geschmacklosigkeit
und die Ungunst der- Zeit sie gestürzt hatte/ Woll Kühnheit hatte er die
höhere Geschichtöckalerei ergriffen, und sich durch den Schwung'des Ge¬
fühles und" des Gedankens den Meistern'genähert, welche -Lens durch
seine weichen und kalten'Compositionen umsonst zu erreichen strebte. Zwei
Ursachen waren H e r r'e y n ö hinderlich, jene Erneuerung ' zu bewirken,
deren 'die ssamändische Schule-Sarr'ete,'und die erst in der Folgezeit ein¬
treten sollte/ Das erste und größte' Hinderniß > lag in ihm selbst;- ein
anderes war die neue Ausbildung der französischen Kunst durch Vier
und David, -Herr'eyns ganzes -Talent lag im' Gedanken'; es mangelte
eben' die'Stärke des WilleUs^' Er war -eilt- Mnstle'r und-nichts weiter;
er arbeitete-für sich selbst, bescheiden und in'der Stille, ohne an den
Lärm der Welt zu denken, ohne sich um den-Beifall von 'Außen her^ zu
kümmernd Es ^ fehlte ihm vor Allem' der Ehrgeiz^ und sodann der Muth.
Es gebrach ihm-an-der Kühnheit'dereii-ein Erneuerer bedarf, >und an
der Begeisterung wodurch er die Nachwelt'fortreißt.' Er fürchtete sich,
eine Rolle'zu-spielen,-und War Zufrieden einen bescheidenen Platz im'-Ge¬
folge der größen Meister einzunehmen/in deren Sinne er, in dieser Pe¬
riode des''Verfalles -fortarbettet'e.',-' AüßerdeiK hatte Auch in Frankreich
die Kunst sich gewaltig ' zusammen genommen. Nachdem sie sich lange
in dein durch Watteau gezogenen Kreise bewegt,'und- alle Quellen.ga¬
lanter'und unzüchtiger Motive" erschöpft waren, hatte sie sich plötzlich
Wem wahrhaften Gehalte UM Geiste -wieder zugewandt, dem'Geiste der
Historie-, Lie'ohnehin für ein Volk-, das ganz- That,!'Aeußerlichkeit'-und
Bewegung-ist, die'natürlichste Gattung zu sein- Heine> und! die-schon
Poussin, Lesueur und 'Lebrun' mit-'soviel Er'folg ' und' Ruhm angebaut
hatten. Diese -Kunsterneuerung wurde durch Vier, den würdigen Nach¬
folger'von Lemoine, bewirkt.. -', - - ^ - - - ' -

Uebechaupt wär jene Zeit ganz-der höhern Historie zugethan; das
Jahr 1739'nahete heran', und-die furchtbarste aller Revolutionen-'ver¬
dunkelte'schon den H'örizont/--Die frau'zösische Gesellschaft - stürzte zusam¬
men, um sich neu aufzubauen. Der Geschmack erfuhr eine völlige Um¬
wälzung. Talma, mit seinem edlen Antlitz,-nach dem Muster irgend
einer-alten Statue gebildet, sollte die-Bühne beherrschen, wie Mivabeau
die Tribune.- Fast im Augenblick wo die große Staatserplosiott ausbrechen
sollte, kehrte einer von^ Vier's'Schülern voll Rom"-zurück; -voll von den


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/33>, abgerufen am 22.12.2024.