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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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'Plaudereien.'

Karl Well. -- Die Berliner Academie und Herr CvrcmannS, -- Der Pianist Bai"
dcnecker.-- Der Bischof Mäander. -- Gcndarmcs. -- Kunswcreine, -- Die Rachel
und Emil Deoricnr. -- Die deutschen Damen und die französischen Shawls.

HerrV?. C. W e i l aus Stuttgart, Redacteur des '"deutschen Couriers", befindet
M auf seiner Durchreise nach Paris und London seit einigen Tagen in Brüssel.
Herr Dr. Weil gehört zu den deutschen Publicisten, welche zuerst offen und frei
für die Sache Belgiens, für dessen Anerkennung von Seiten des deutschen Bundes
rend für die friedliche Ausgleichung der Luxemburger Angelegenheit zu einer Zeit
auftrat, wo die öffentliche Meinung in Deutschland über die belgischen Zustände
'noch irre geführt war.

-- Die Berliner Academie der Wissenschaften ist eine >capriciöse Dame, die ihre
Vapeurs hat, wie nur irgend eine nervenschwache Schöne. Herr Do. CoremannS
hat ein sonderbares Schicksal bei dieser Academie erlitten. Bet der einen Sitzung
.wurde er von Herrn Ranke als rorrcspondirendeS Mitglied vorgeschlagen, und ob-
schon Einwendungen dagegen sich erhoben, dennoch als solches angenommen. Aber
bei der nächsten Sitzung hatte Herr Ranke anders sich besonnen und er trug darauf
-an, das neue Mitglied wieder auszustreichen. Auch dieses wurde einstimmig accep"
, dire. Was soll man nun von dieser ehrwürdigen Versammlung denken? Und na¬
mentlich von Herrn Ranke, der dem or. CorcmcmnS manche Gefälligkeit in Bezug
auf das Brüsseler Archiv zu danken hat?

-- Wahrlich, es gehört zu den grösste" Kunststücken der jetzigen Journalistik,
die Ankunft eines neuen Künstlers mit gehörigem Pomp in die Scene zu setzen.
Der- ganze Svrachkastcn enthusiastischer Ausdrücke ist bereits erschöpft! Die schöne
Naivetät des Publikums ist dahin -- es glaubt nicht mehr! Weder an Gespen¬
ster noch an -- Geister. Und doch erscheinen solche mit jedem Tage, freundliche, liebe
- Geister, die uns die Stunden versüßen wollen mit Tönen und Saitenspiel. - Ein
junger deutscher Künstler, Herr Baldenecker aus Frankfurt, befindet sich gegen-
- wärtig in Brüssel. Zahlreiche Briefe und Zeitungsblätter legen uns sein Talent an
das Herz. Tiefes Gefühl, glänzende Fingerfertigkeit, jene Elasticität des Vertrags,
die dem augenblicklichen Schwunge folgt -- Eigenschaften, welche die-Muse-der
Töne nur an ihre Lieblinge verschwendet. Und doch wagen wir es kaum, unsern Lesern
- die Absicht des Herrn Baldenecker mitzutheilen. Herr Baldenecker beabsichtigt, ein
die in diesem Win-


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'Plaudereien.'

Karl Well. — Die Berliner Academie und Herr CvrcmannS, — Der Pianist Bai«
dcnecker.— Der Bischof Mäander. — Gcndarmcs. — Kunswcreine, — Die Rachel
und Emil Deoricnr. — Die deutschen Damen und die französischen Shawls.

HerrV?. C. W e i l aus Stuttgart, Redacteur des '»deutschen Couriers", befindet
M auf seiner Durchreise nach Paris und London seit einigen Tagen in Brüssel.
Herr Dr. Weil gehört zu den deutschen Publicisten, welche zuerst offen und frei
für die Sache Belgiens, für dessen Anerkennung von Seiten des deutschen Bundes
rend für die friedliche Ausgleichung der Luxemburger Angelegenheit zu einer Zeit
auftrat, wo die öffentliche Meinung in Deutschland über die belgischen Zustände
'noch irre geführt war.

— Die Berliner Academie der Wissenschaften ist eine >capriciöse Dame, die ihre
Vapeurs hat, wie nur irgend eine nervenschwache Schöne. Herr Do. CoremannS
hat ein sonderbares Schicksal bei dieser Academie erlitten. Bet der einen Sitzung
.wurde er von Herrn Ranke als rorrcspondirendeS Mitglied vorgeschlagen, und ob-
schon Einwendungen dagegen sich erhoben, dennoch als solches angenommen. Aber
bei der nächsten Sitzung hatte Herr Ranke anders sich besonnen und er trug darauf
-an, das neue Mitglied wieder auszustreichen. Auch dieses wurde einstimmig accep»
, dire. Was soll man nun von dieser ehrwürdigen Versammlung denken? Und na¬
mentlich von Herrn Ranke, der dem or. CorcmcmnS manche Gefälligkeit in Bezug
auf das Brüsseler Archiv zu danken hat?

— Wahrlich, es gehört zu den grösste» Kunststücken der jetzigen Journalistik,
die Ankunft eines neuen Künstlers mit gehörigem Pomp in die Scene zu setzen.
Der- ganze Svrachkastcn enthusiastischer Ausdrücke ist bereits erschöpft! Die schöne
Naivetät des Publikums ist dahin — es glaubt nicht mehr! Weder an Gespen¬
ster noch an — Geister. Und doch erscheinen solche mit jedem Tage, freundliche, liebe
- Geister, die uns die Stunden versüßen wollen mit Tönen und Saitenspiel. - Ein
junger deutscher Künstler, Herr Baldenecker aus Frankfurt, befindet sich gegen-
- wärtig in Brüssel. Zahlreiche Briefe und Zeitungsblätter legen uns sein Talent an
das Herz. Tiefes Gefühl, glänzende Fingerfertigkeit, jene Elasticität des Vertrags,
die dem augenblicklichen Schwunge folgt — Eigenschaften, welche die-Muse-der
Töne nur an ihre Lieblinge verschwendet. Und doch wagen wir es kaum, unsern Lesern
- die Absicht des Herrn Baldenecker mitzutheilen. Herr Baldenecker beabsichtigt, ein
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[0327] Z. 'Plaudereien.' Karl Well. — Die Berliner Academie und Herr CvrcmannS, — Der Pianist Bai« dcnecker.— Der Bischof Mäander. — Gcndarmcs. — Kunswcreine, — Die Rachel und Emil Deoricnr. — Die deutschen Damen und die französischen Shawls. HerrV?. C. W e i l aus Stuttgart, Redacteur des '»deutschen Couriers", befindet M auf seiner Durchreise nach Paris und London seit einigen Tagen in Brüssel. Herr Dr. Weil gehört zu den deutschen Publicisten, welche zuerst offen und frei für die Sache Belgiens, für dessen Anerkennung von Seiten des deutschen Bundes rend für die friedliche Ausgleichung der Luxemburger Angelegenheit zu einer Zeit auftrat, wo die öffentliche Meinung in Deutschland über die belgischen Zustände 'noch irre geführt war. — Die Berliner Academie der Wissenschaften ist eine >capriciöse Dame, die ihre Vapeurs hat, wie nur irgend eine nervenschwache Schöne. Herr Do. CoremannS hat ein sonderbares Schicksal bei dieser Academie erlitten. Bet der einen Sitzung .wurde er von Herrn Ranke als rorrcspondirendeS Mitglied vorgeschlagen, und ob- schon Einwendungen dagegen sich erhoben, dennoch als solches angenommen. Aber bei der nächsten Sitzung hatte Herr Ranke anders sich besonnen und er trug darauf -an, das neue Mitglied wieder auszustreichen. Auch dieses wurde einstimmig accep» , dire. Was soll man nun von dieser ehrwürdigen Versammlung denken? Und na¬ mentlich von Herrn Ranke, der dem or. CorcmcmnS manche Gefälligkeit in Bezug auf das Brüsseler Archiv zu danken hat? — Wahrlich, es gehört zu den grösste» Kunststücken der jetzigen Journalistik, die Ankunft eines neuen Künstlers mit gehörigem Pomp in die Scene zu setzen. Der- ganze Svrachkastcn enthusiastischer Ausdrücke ist bereits erschöpft! Die schöne Naivetät des Publikums ist dahin — es glaubt nicht mehr! Weder an Gespen¬ ster noch an — Geister. Und doch erscheinen solche mit jedem Tage, freundliche, liebe - Geister, die uns die Stunden versüßen wollen mit Tönen und Saitenspiel. - Ein junger deutscher Künstler, Herr Baldenecker aus Frankfurt, befindet sich gegen- - wärtig in Brüssel. Zahlreiche Briefe und Zeitungsblätter legen uns sein Talent an das Herz. Tiefes Gefühl, glänzende Fingerfertigkeit, jene Elasticität des Vertrags, die dem augenblicklichen Schwunge folgt — Eigenschaften, welche die-Muse-der Töne nur an ihre Lieblinge verschwendet. Und doch wagen wir es kaum, unsern Lesern - die Absicht des Herrn Baldenecker mitzutheilen. Herr Baldenecker beabsichtigt, ein die in diesem Win- //^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/327>, abgerufen am 02.07.2024.