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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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(ihn ""starrend.)
Margaretha Ja Fremdling!
Aus diesen Zügen steigen wunderbare
Erinnerungen auf; Gestalten, längst
Entschlafen, grüßen mich in Jugendkraft.
O, wendet Euch, mein Bruder liegt im Grabe,
Und diese Züge rütteln alte Schmerzen
Mit Weheruf aus ihrem Bette auf.
Was soll's mit diesem Brief, wie Ihr es nennt?

Pilger. Nur zum Beglaub'gungsschreiben dienet er,
Um meiner Rede Inhalt zu bekräftigen.
Denn so tönt meine Botschaft t Herzogin!
Vernimm, ein Lügner ist's der mit dem Namen
Richard von York die Welt und Dich getäuscht;
Auch nicht ein Tropfen von dem edeln Blute
Des Königs Eduard fließt in seinen Adern;
Denn wisse, Margarethe, ich bin Richard
Von England, Deines Bruders Sohn und Erbe!

Margaretha. O Mann, Du weißt nicht, wie mein Herz der Wunsch
Durchglühet, Deiner Rede Sinn zu trauen;
Gleich einem Mädchen, das die Minneworte
Aus des Geliebten Munde gierig einsaugt,
Und keinen Zweifel setzt in ihre Wahrheit,
So möcht' ich Deine Worte zweifelfrei
In mich aufnehmen. Doch kein gläubig Mägdlein
Ist Margareth'. Die edeln Züge, welche
Euch die Natur in's Angesicht geschrieben,,
Sie können gleich den Zügen eines Briefes
Der wahren Schrift wohl gleichen, ohne doch
Sie selbst zu sein. Sagt Ihr nicht, jener Richard
Sei trotz der Aehnlichkeit nur ein Betrüger,
Wie sollt' ich nun der Eurigen vertrauen ?

Pilger. Denkt Ihr des Tages noch, als in Westminster
, Den kleinen Richard auf dem Arm Ihr hieltet,
Und er der Taufe heil'geh Sacrament
Empfing? Des Kindes Hals umhingt Ihr damals
Mit einem Amulet, das Euer Ahnherr
Der ruhmgekronte Richard Löwenherz
Aus heil'gen Land zurückgebracht; erkennt


(ihn «»starrend.)
Margaretha Ja Fremdling!
Aus diesen Zügen steigen wunderbare
Erinnerungen auf; Gestalten, längst
Entschlafen, grüßen mich in Jugendkraft.
O, wendet Euch, mein Bruder liegt im Grabe,
Und diese Züge rütteln alte Schmerzen
Mit Weheruf aus ihrem Bette auf.
Was soll's mit diesem Brief, wie Ihr es nennt?

Pilger. Nur zum Beglaub'gungsschreiben dienet er,
Um meiner Rede Inhalt zu bekräftigen.
Denn so tönt meine Botschaft t Herzogin!
Vernimm, ein Lügner ist's der mit dem Namen
Richard von York die Welt und Dich getäuscht;
Auch nicht ein Tropfen von dem edeln Blute
Des Königs Eduard fließt in seinen Adern;
Denn wisse, Margarethe, ich bin Richard
Von England, Deines Bruders Sohn und Erbe!

Margaretha. O Mann, Du weißt nicht, wie mein Herz der Wunsch
Durchglühet, Deiner Rede Sinn zu trauen;
Gleich einem Mädchen, das die Minneworte
Aus des Geliebten Munde gierig einsaugt,
Und keinen Zweifel setzt in ihre Wahrheit,
So möcht' ich Deine Worte zweifelfrei
In mich aufnehmen. Doch kein gläubig Mägdlein
Ist Margareth'. Die edeln Züge, welche
Euch die Natur in's Angesicht geschrieben,,
Sie können gleich den Zügen eines Briefes
Der wahren Schrift wohl gleichen, ohne doch
Sie selbst zu sein. Sagt Ihr nicht, jener Richard
Sei trotz der Aehnlichkeit nur ein Betrüger,
Wie sollt' ich nun der Eurigen vertrauen ?

Pilger. Denkt Ihr des Tages noch, als in Westminster
, Den kleinen Richard auf dem Arm Ihr hieltet,
Und er der Taufe heil'geh Sacrament
Empfing? Des Kindes Hals umhingt Ihr damals
Mit einem Amulet, das Euer Ahnherr
Der ruhmgekronte Richard Löwenherz
Aus heil'gen Land zurückgebracht; erkennt


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[0308] (ihn «»starrend.) Margaretha Ja Fremdling! Aus diesen Zügen steigen wunderbare Erinnerungen auf; Gestalten, längst Entschlafen, grüßen mich in Jugendkraft. O, wendet Euch, mein Bruder liegt im Grabe, Und diese Züge rütteln alte Schmerzen Mit Weheruf aus ihrem Bette auf. Was soll's mit diesem Brief, wie Ihr es nennt? Pilger. Nur zum Beglaub'gungsschreiben dienet er, Um meiner Rede Inhalt zu bekräftigen. Denn so tönt meine Botschaft t Herzogin! Vernimm, ein Lügner ist's der mit dem Namen Richard von York die Welt und Dich getäuscht; Auch nicht ein Tropfen von dem edeln Blute Des Königs Eduard fließt in seinen Adern; Denn wisse, Margarethe, ich bin Richard Von England, Deines Bruders Sohn und Erbe! Margaretha. O Mann, Du weißt nicht, wie mein Herz der Wunsch Durchglühet, Deiner Rede Sinn zu trauen; Gleich einem Mädchen, das die Minneworte Aus des Geliebten Munde gierig einsaugt, Und keinen Zweifel setzt in ihre Wahrheit, So möcht' ich Deine Worte zweifelfrei In mich aufnehmen. Doch kein gläubig Mägdlein Ist Margareth'. Die edeln Züge, welche Euch die Natur in's Angesicht geschrieben,, Sie können gleich den Zügen eines Briefes Der wahren Schrift wohl gleichen, ohne doch Sie selbst zu sein. Sagt Ihr nicht, jener Richard Sei trotz der Aehnlichkeit nur ein Betrüger, Wie sollt' ich nun der Eurigen vertrauen ? Pilger. Denkt Ihr des Tages noch, als in Westminster , Den kleinen Richard auf dem Arm Ihr hieltet, Und er der Taufe heil'geh Sacrament Empfing? Des Kindes Hals umhingt Ihr damals Mit einem Amulet, das Euer Ahnherr Der ruhmgekronte Richard Löwenherz Aus heil'gen Land zurückgebracht; erkennt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/308>, abgerufen am 22.12.2024.