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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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das ganze Werk 1731 im Januar einstudirte, probirte und aufführte.
Dies Letztere war eine große Feierlichkeit; hier konnte, wer daran seine,
Lust hatte, reichliche Vergleichungen machen, da es sich von zwei über
denselben Gegenstand geschriebenen Opern handelte. Nicht Ein Gluckst,
nicht Ein Piccinist, fehlte bei dieser Gelegenheit, und nie bot, das Opern¬
haus einen belebteren Anblick dar. Trotz dem, daß die Bewunderer der
andern JphigenieOpposition machten, wurde doch diePiccini's mit en¬
thusiastischem Beifall aufgenommen. Um aber den Erfolg dieses ersten
Abends zu bestätigen und zu sichern, bedürfte es einer zweiten Vor¬
stellung. Das Resultat dieser zweiten Probe wäre. aber fast sehr un¬
glücklich ausgefallen, in Folge eines in den Annalen der Oper einzigen,
Vorfalls, wodurch der viele Verdruß, welchen dein Verfasser dieses Stück
schon verursacht hatte, noch vermehrt wurde. Mademoiselle Laguerre näm¬
lich, für welche er die Rolle der Iphigenie geschrieben, der er sie mit
unsäglicher Geduld während mehrerer Monate gelehrt hatte, deren so schöne
und so rührende Stimme in keiner andern Rolle mit demselben Vortheil
glänzte, Mademoiselle Laguerre kommt in ihrer ersten Scene taumelnd
auf'ö Theater, stammelt, scheint betrunken, und ist es auch, wie man
bald bemerkt, in der That so sehr, daß sie sich kaum aufrecht erhalten
kann. Man stelle sich die Lage des unglücklichen Piccini vor, als, er
dies bemerkte; M er sah, was der ganze volle Saal ebenfalls wahrge¬
nommen hatte, lind als er rings um sich her das an und ^ für sich spa߬
hafte, für ihn aber tragische Witzwort: Iphigenie in der Cham-,
pagne circuliren hörte. Zwar hatte die Sängerinn nicht ,ganz und gar
den Kopf verloren, und sie schleppte sich bis an'ö Ende, ohne sich je jn
ihrer Rolle zu irren, ohne den Tact oder den rechten Augenblick, des.
Auftretens zu verfehlen, aber doch konnten Parterre und Logen, trotz
des Mitleids, das ihnen der unglückliche Componist einflößte, an Stel¬
len, wo sie wahrscheinlich sonst zu Thränen gerührt worden wären, ein
lautes Lachen oder Witze nicht zurückhalten. Die Sängerin büßte dieses
Vergehen mit einer Festungsgefangenschast, die aber nur, 2 Tage dauerte;
denn mich Verlauf dieser Zeit wurde sie aus dem Fort-L'Eveque, wo sie
eingesperrt gewesen, aufs Theater geholt, um ihre Rolle in derselben
Oper wieder zu spielen. Diesmal war sie nüchtern und bewunderungs¬
würdig. Als sie tief ergriffen und voll empfindsamen Gefühls diese bei¬
den ersten Verse ihrer Rolle saug:

Verhängnißvoller Tag, den ich vergebens
Nicht zählen möcht' bei denen meines Lebens,

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das ganze Werk 1731 im Januar einstudirte, probirte und aufführte.
Dies Letztere war eine große Feierlichkeit; hier konnte, wer daran seine,
Lust hatte, reichliche Vergleichungen machen, da es sich von zwei über
denselben Gegenstand geschriebenen Opern handelte. Nicht Ein Gluckst,
nicht Ein Piccinist, fehlte bei dieser Gelegenheit, und nie bot, das Opern¬
haus einen belebteren Anblick dar. Trotz dem, daß die Bewunderer der
andern JphigenieOpposition machten, wurde doch diePiccini's mit en¬
thusiastischem Beifall aufgenommen. Um aber den Erfolg dieses ersten
Abends zu bestätigen und zu sichern, bedürfte es einer zweiten Vor¬
stellung. Das Resultat dieser zweiten Probe wäre. aber fast sehr un¬
glücklich ausgefallen, in Folge eines in den Annalen der Oper einzigen,
Vorfalls, wodurch der viele Verdruß, welchen dein Verfasser dieses Stück
schon verursacht hatte, noch vermehrt wurde. Mademoiselle Laguerre näm¬
lich, für welche er die Rolle der Iphigenie geschrieben, der er sie mit
unsäglicher Geduld während mehrerer Monate gelehrt hatte, deren so schöne
und so rührende Stimme in keiner andern Rolle mit demselben Vortheil
glänzte, Mademoiselle Laguerre kommt in ihrer ersten Scene taumelnd
auf'ö Theater, stammelt, scheint betrunken, und ist es auch, wie man
bald bemerkt, in der That so sehr, daß sie sich kaum aufrecht erhalten
kann. Man stelle sich die Lage des unglücklichen Piccini vor, als, er
dies bemerkte; M er sah, was der ganze volle Saal ebenfalls wahrge¬
nommen hatte, lind als er rings um sich her das an und ^ für sich spa߬
hafte, für ihn aber tragische Witzwort: Iphigenie in der Cham-,
pagne circuliren hörte. Zwar hatte die Sängerinn nicht ,ganz und gar
den Kopf verloren, und sie schleppte sich bis an'ö Ende, ohne sich je jn
ihrer Rolle zu irren, ohne den Tact oder den rechten Augenblick, des.
Auftretens zu verfehlen, aber doch konnten Parterre und Logen, trotz
des Mitleids, das ihnen der unglückliche Componist einflößte, an Stel¬
len, wo sie wahrscheinlich sonst zu Thränen gerührt worden wären, ein
lautes Lachen oder Witze nicht zurückhalten. Die Sängerin büßte dieses
Vergehen mit einer Festungsgefangenschast, die aber nur, 2 Tage dauerte;
denn mich Verlauf dieser Zeit wurde sie aus dem Fort-L'Eveque, wo sie
eingesperrt gewesen, aufs Theater geholt, um ihre Rolle in derselben
Oper wieder zu spielen. Diesmal war sie nüchtern und bewunderungs¬
würdig. Als sie tief ergriffen und voll empfindsamen Gefühls diese bei¬
den ersten Verse ihrer Rolle saug:

Verhängnißvoller Tag, den ich vergebens
Nicht zählen möcht' bei denen meines Lebens,

39*
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/282>, abgerufen am 22.12.2024.