Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.Unterschriften fehlen. ' Diese Sammlungen haben nämlich das Unglück Wir setzen natürlich voraus, daß, wenn wir von Sammlungen Die schönste Sammlung Spazierstöcke, die man seit langer Zeit kennt, Unterschriften fehlen. ' Diese Sammlungen haben nämlich das Unglück Wir setzen natürlich voraus, daß, wenn wir von Sammlungen Die schönste Sammlung Spazierstöcke, die man seit langer Zeit kennt, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0210" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267424"/> <p xml:id="ID_936" prev="#ID_935"> Unterschriften fehlen. ' Diese Sammlungen haben nämlich das Unglück<lb/> gehabt, einem Unterschriften-Sammler in die Hände zu fallen: einen<lb/> Brief nehmen, für einen solchen Diebstahl ist sein Gewissen nicht weit<lb/> genug; aber die Unterschrift nehmen, wenn man den Brief läßt, das ist<lb/> etwas so Unbedeutendes, daß man es sich leicht verzeiht.</p><lb/> <p xml:id="ID_937"> Wir setzen natürlich voraus, daß, wenn wir von Sammlungen<lb/> reden, keiner unsrer Leser an künstlerische oder wissenschaftliche Samm¬<lb/> lungen denken wolle. Die Manie beginnt erst da, wo es sich von Ge¬<lb/> genständen handelt, denen mir die Laune oder Phantasie einen Werth<lb/> verleiht.. Derartig sind die Sammlungen von Spazierstöcken, von Ta¬<lb/> baksdosen, von Pfeifen, Waffen, Alterthümern u. f. w. Für diese letz¬<lb/> teren ist Brüssel das gelobte Land, denn es giebt vielleicht keinen Ort<lb/> auf Erden, wo es mehr sogenannte Curiositäten-Händler giebt, als<lb/> hier. In Italien fabricirt man sehr schöne Alterthümer, und ist dessen<lb/> so offen eingeständig, wie in Deutschland die Champagner-Fabriken; nun<lb/> glaube ich zwar nicht, daß man in Brüssel CurioMen fabricirt, aber<lb/> man muß dort irgendwo eine unerschöpfliche Fundgrube besitzen; denn<lb/> man begegnet ihnen auf jedem Schritt.</p><lb/> <p xml:id="ID_938" next="#ID_939"> Die schönste Sammlung Spazierstöcke, die man seit langer Zeit kennt,<lb/> besaß bekanntlich Lafayette. Manbrauchtnicht erst zu erwähnen, daß er einen<lb/> von Voltaire's Spazierstöcken besaß; denn wer , auch nur drei Spazier-'<lb/> Stöcke besitzt, hat nothwendig einen von Voltaire darunter; es sind deren<lb/> seit dem Tode des berühmten Philosophen mehr als verkauft wor¬<lb/> den. Aber Lafayette besaß das Rohr Carls des Ersten, Königs von<lb/> England, dasjenige, welches er in der Hand hatte, als er von dem<lb/> Unterhause gerichtet.wurde.,. Dieses Rohr hatte keinen Knopf, und das<lb/> war für Lafayette ,der größte^ Beweis seiner Aechtheit, und zwar aus<lb/> folgendem Grunde: Als Carl den 20. Januar 1649 zum ersten Male<lb/> vor'dem vom Unterhause eingesetzten hohen Gerichtshöfe erschien, berührte<lb/> der König den General-Fiscal Coke mit seinem Stocke an der Schulter<lb/> und gebot ihm in dem Augenblicke, als er aufstand, um die Anklage zu<lb/> beginnen, Stillschweigen. Coke drehte sich erstaunt und zornig um, und<lb/> durch diese Bewegung fiel der Knopf des Stockes herunter. In den<lb/> Zügen des Königs zeigte sich eine rasch vorübergehende aber tiefe Krän¬<lb/> kung; keiner seiner Diener war in der Nähe, um den Knopf aufzuhe¬<lb/> ben; er war also genöthigt, sich selbst danach zu bücken, worauf er sich<lb/> ruhig wieder hinsetzte. So durste also Carls des Ersten Stock keinen<lb/> Knopf haben. Obendrein hatte derjenige, der in der Sammlung La-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0210]
Unterschriften fehlen. ' Diese Sammlungen haben nämlich das Unglück
gehabt, einem Unterschriften-Sammler in die Hände zu fallen: einen
Brief nehmen, für einen solchen Diebstahl ist sein Gewissen nicht weit
genug; aber die Unterschrift nehmen, wenn man den Brief läßt, das ist
etwas so Unbedeutendes, daß man es sich leicht verzeiht.
Wir setzen natürlich voraus, daß, wenn wir von Sammlungen
reden, keiner unsrer Leser an künstlerische oder wissenschaftliche Samm¬
lungen denken wolle. Die Manie beginnt erst da, wo es sich von Ge¬
genständen handelt, denen mir die Laune oder Phantasie einen Werth
verleiht.. Derartig sind die Sammlungen von Spazierstöcken, von Ta¬
baksdosen, von Pfeifen, Waffen, Alterthümern u. f. w. Für diese letz¬
teren ist Brüssel das gelobte Land, denn es giebt vielleicht keinen Ort
auf Erden, wo es mehr sogenannte Curiositäten-Händler giebt, als
hier. In Italien fabricirt man sehr schöne Alterthümer, und ist dessen
so offen eingeständig, wie in Deutschland die Champagner-Fabriken; nun
glaube ich zwar nicht, daß man in Brüssel CurioMen fabricirt, aber
man muß dort irgendwo eine unerschöpfliche Fundgrube besitzen; denn
man begegnet ihnen auf jedem Schritt.
Die schönste Sammlung Spazierstöcke, die man seit langer Zeit kennt,
besaß bekanntlich Lafayette. Manbrauchtnicht erst zu erwähnen, daß er einen
von Voltaire's Spazierstöcken besaß; denn wer , auch nur drei Spazier-'
Stöcke besitzt, hat nothwendig einen von Voltaire darunter; es sind deren
seit dem Tode des berühmten Philosophen mehr als verkauft wor¬
den. Aber Lafayette besaß das Rohr Carls des Ersten, Königs von
England, dasjenige, welches er in der Hand hatte, als er von dem
Unterhause gerichtet.wurde.,. Dieses Rohr hatte keinen Knopf, und das
war für Lafayette ,der größte^ Beweis seiner Aechtheit, und zwar aus
folgendem Grunde: Als Carl den 20. Januar 1649 zum ersten Male
vor'dem vom Unterhause eingesetzten hohen Gerichtshöfe erschien, berührte
der König den General-Fiscal Coke mit seinem Stocke an der Schulter
und gebot ihm in dem Augenblicke, als er aufstand, um die Anklage zu
beginnen, Stillschweigen. Coke drehte sich erstaunt und zornig um, und
durch diese Bewegung fiel der Knopf des Stockes herunter. In den
Zügen des Königs zeigte sich eine rasch vorübergehende aber tiefe Krän¬
kung; keiner seiner Diener war in der Nähe, um den Knopf aufzuhe¬
ben; er war also genöthigt, sich selbst danach zu bücken, worauf er sich
ruhig wieder hinsetzte. So durste also Carls des Ersten Stock keinen
Knopf haben. Obendrein hatte derjenige, der in der Sammlung La-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |