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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Nun denn, sie haben sich alle betrogen. An seinem Todestage über?
gab der General die Documente seiner Rechtfertigung an seinen Adju¬
tanten. Diese befinden sich jetzt in Wer Händen, und um so erstaunter
fragt man sich, was den unglücklichen Verleumdeten zu jenem gräßlichen
Entschlüsse verleitete. Denn die von dem Adjutanten Gerard ' veröffent¬
lichten Documente gaben mehr Aufschlüsse, als nöthig, das unerhörte Ge¬
webe von List, Bosheit und Heimtücke aufzudecken,^, mit welchem seine
Gegner ihn umsponnen. Die Auflösung ist solgende. Nach der Schlacht
bei Jena wurde der in den Reihen der französischen Armee fechtende
Soldat Buzen preußischer Gefangener. Nach seiner Befreiung trat er
in die Reihen eines polnischen Regiments und erhielt in den späteren
Schlachten den Rang eines Lieutenants und das Kreuz der Ehrenlegion.
In den Listen her kaiserlichen Armee, welche in Paris --unvollständig,
wie die Ereignisse jener Zeit es nicht anders möglich machten -- sich
befinden, verliert sich die Spur des Manen Buzen im Jahre 1307, er
wird als abwesend bezeichnet, und dieser Umstand wurde nun auf eine
Weise ausgebeutet, wie nur der rasfinirteste Haß es vermag. Um auch
den letzten Zweifel an die ehrenvolle Vergangenheit des Generals zu
heben, sind dein von feinem Adjutanten veröffentlichten Memoire eine
Reihe von Briefen lebender Personen beigefügt, die alle den Verstorbe¬
nen zur Zeit seiner deutschen Gefangenschaft und seiner Dienste in den
polnischen Reihen gekannt haben.

Aber wie ist man auf die fürchterliche Idee dieser Anklage gekom¬
men? Wie hat man, wenn auch nur augenblicklich, Beweise zu ihrer
Unterstützung gefunden? Hierüber wollen wir unseren Lesern die Auf¬
schlüsse geben, welche die belgischen Journale politischer Weise bisher un¬
terlassen, die wir aber, als deutscher und unabhängiger Beurtheiler, der
Wahrheit und der Gerechtigkeit gemäß hier veröffentlichen.

Ein Blick auf die belgische Armee beantwortet dies leicht. > Belgien
mußte im Jahre 1831 eine Armee improvisiren; es mußte fremde Of-
ficiere in seinen Dienst nehmen. Wenige Deutsche und Polen traten
ein; die bei weitem größere Mehrzahl bildeten die Franzosen, deren Ein¬
fluß durch die Gegenwart des französischen Hilfscorps bei der Belage¬
rung von Antwerpen noch verstärkt wurde. Aber allmählig fand man
dieses Verhältniß drückend; man fürchtete mit Recht für den Geist der
Armee, der unter fremden Führern leicht Sympathieen sich hingeben
konnte, welche die Unabhängigkeit Belgiens in einer Crisis nicht ver¬
bürgten. Dazu bildete die Brüsseler Militairschule einen kräftigen Nach-


Nun denn, sie haben sich alle betrogen. An seinem Todestage über?
gab der General die Documente seiner Rechtfertigung an seinen Adju¬
tanten. Diese befinden sich jetzt in Wer Händen, und um so erstaunter
fragt man sich, was den unglücklichen Verleumdeten zu jenem gräßlichen
Entschlüsse verleitete. Denn die von dem Adjutanten Gerard ' veröffent¬
lichten Documente gaben mehr Aufschlüsse, als nöthig, das unerhörte Ge¬
webe von List, Bosheit und Heimtücke aufzudecken,^, mit welchem seine
Gegner ihn umsponnen. Die Auflösung ist solgende. Nach der Schlacht
bei Jena wurde der in den Reihen der französischen Armee fechtende
Soldat Buzen preußischer Gefangener. Nach seiner Befreiung trat er
in die Reihen eines polnischen Regiments und erhielt in den späteren
Schlachten den Rang eines Lieutenants und das Kreuz der Ehrenlegion.
In den Listen her kaiserlichen Armee, welche in Paris —unvollständig,
wie die Ereignisse jener Zeit es nicht anders möglich machten — sich
befinden, verliert sich die Spur des Manen Buzen im Jahre 1307, er
wird als abwesend bezeichnet, und dieser Umstand wurde nun auf eine
Weise ausgebeutet, wie nur der rasfinirteste Haß es vermag. Um auch
den letzten Zweifel an die ehrenvolle Vergangenheit des Generals zu
heben, sind dein von feinem Adjutanten veröffentlichten Memoire eine
Reihe von Briefen lebender Personen beigefügt, die alle den Verstorbe¬
nen zur Zeit seiner deutschen Gefangenschaft und seiner Dienste in den
polnischen Reihen gekannt haben.

Aber wie ist man auf die fürchterliche Idee dieser Anklage gekom¬
men? Wie hat man, wenn auch nur augenblicklich, Beweise zu ihrer
Unterstützung gefunden? Hierüber wollen wir unseren Lesern die Auf¬
schlüsse geben, welche die belgischen Journale politischer Weise bisher un¬
terlassen, die wir aber, als deutscher und unabhängiger Beurtheiler, der
Wahrheit und der Gerechtigkeit gemäß hier veröffentlichen.

Ein Blick auf die belgische Armee beantwortet dies leicht. > Belgien
mußte im Jahre 1831 eine Armee improvisiren; es mußte fremde Of-
ficiere in seinen Dienst nehmen. Wenige Deutsche und Polen traten
ein; die bei weitem größere Mehrzahl bildeten die Franzosen, deren Ein¬
fluß durch die Gegenwart des französischen Hilfscorps bei der Belage¬
rung von Antwerpen noch verstärkt wurde. Aber allmählig fand man
dieses Verhältniß drückend; man fürchtete mit Recht für den Geist der
Armee, der unter fremden Führern leicht Sympathieen sich hingeben
konnte, welche die Unabhängigkeit Belgiens in einer Crisis nicht ver¬
bürgten. Dazu bildete die Brüsseler Militairschule einen kräftigen Nach-


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[0194] Nun denn, sie haben sich alle betrogen. An seinem Todestage über? gab der General die Documente seiner Rechtfertigung an seinen Adju¬ tanten. Diese befinden sich jetzt in Wer Händen, und um so erstaunter fragt man sich, was den unglücklichen Verleumdeten zu jenem gräßlichen Entschlüsse verleitete. Denn die von dem Adjutanten Gerard ' veröffent¬ lichten Documente gaben mehr Aufschlüsse, als nöthig, das unerhörte Ge¬ webe von List, Bosheit und Heimtücke aufzudecken,^, mit welchem seine Gegner ihn umsponnen. Die Auflösung ist solgende. Nach der Schlacht bei Jena wurde der in den Reihen der französischen Armee fechtende Soldat Buzen preußischer Gefangener. Nach seiner Befreiung trat er in die Reihen eines polnischen Regiments und erhielt in den späteren Schlachten den Rang eines Lieutenants und das Kreuz der Ehrenlegion. In den Listen her kaiserlichen Armee, welche in Paris —unvollständig, wie die Ereignisse jener Zeit es nicht anders möglich machten — sich befinden, verliert sich die Spur des Manen Buzen im Jahre 1307, er wird als abwesend bezeichnet, und dieser Umstand wurde nun auf eine Weise ausgebeutet, wie nur der rasfinirteste Haß es vermag. Um auch den letzten Zweifel an die ehrenvolle Vergangenheit des Generals zu heben, sind dein von feinem Adjutanten veröffentlichten Memoire eine Reihe von Briefen lebender Personen beigefügt, die alle den Verstorbe¬ nen zur Zeit seiner deutschen Gefangenschaft und seiner Dienste in den polnischen Reihen gekannt haben. Aber wie ist man auf die fürchterliche Idee dieser Anklage gekom¬ men? Wie hat man, wenn auch nur augenblicklich, Beweise zu ihrer Unterstützung gefunden? Hierüber wollen wir unseren Lesern die Auf¬ schlüsse geben, welche die belgischen Journale politischer Weise bisher un¬ terlassen, die wir aber, als deutscher und unabhängiger Beurtheiler, der Wahrheit und der Gerechtigkeit gemäß hier veröffentlichen. Ein Blick auf die belgische Armee beantwortet dies leicht. > Belgien mußte im Jahre 1831 eine Armee improvisiren; es mußte fremde Of- ficiere in seinen Dienst nehmen. Wenige Deutsche und Polen traten ein; die bei weitem größere Mehrzahl bildeten die Franzosen, deren Ein¬ fluß durch die Gegenwart des französischen Hilfscorps bei der Belage¬ rung von Antwerpen noch verstärkt wurde. Aber allmählig fand man dieses Verhältniß drückend; man fürchtete mit Recht für den Geist der Armee, der unter fremden Führern leicht Sympathieen sich hingeben konnte, welche die Unabhängigkeit Belgiens in einer Crisis nicht ver¬ bürgten. Dazu bildete die Brüsseler Militairschule einen kräftigen Nach-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/194>, abgerufen am 02.07.2024.