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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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dere Erdart," dort wieder eine andere; weiter unten giebt es eine Ader
kohlensaures, Eisen; und wann irgendwo ein Silberglanz vor uns auf¬
leuchtete, so rief er aus: das da ist Steinkohle! Und diesen Ausruf
wiederholte er bei jeder neuen Schicht. Alle diese Steinkohlenlager nun,
die noch unangetastet sind, werden erst angebrochen werden, wenn man
die tiefer liegenden ausgebeutet hat. Denn so will eS die Klugheit. Es
könnte nämlich geschehen, daß der ganze untere Theil der Grube von
Wasser verschüttet würde,' Und man müßte alsdann eine neue Zuflucht
für.die Arbeit aussuchen, welche man offenbar nur in den oberen Ge¬
genden finden könnte. Man würde dann diese neuen Fundgruben so
lange benutzen, bis man mit Hülfe von Pumpen-das Uebel gehoben
hätte, und wieder im Stande wäre, in die verlassenen Gänge hinabzu¬
steigen. Bei manchem Kohlenwerke giebt es 3 bis 4 Dampfmaschinen,
die keine andere Bestimmung haben, als dem Durchsickern oder dem
Einbrüche des Wassers entgegenzuarbeiten. In, diesem langen und hart¬
näckigen Kampfe mit dem flüssigen Element bleibt der Sieg meistentheils
dem Geiste-und 'den Werken des Menschen. , Die überwundenen Ge¬
wässer hören auf zum Vorschein zu kommen,, oder sie rauschen nur noch
ohnmächtig gegen die Dämme an, welche sie gefangen halten. >

Auf einmal ließ sich ein leises Getöse vernehmen. Schaum Sie
hinab, sagte mein alter Reisegefährte. Ein Lichtschimmer, gleich, dem er¬
sten Strahl der Frühe, drang allmählig, durck/ die Dunkelheit und er¬
hellte den Grund ,der Kohlengrube. Bald darauf erreichte ein Gemur-
mel von Menschenstimmen, anfangs verworren, dann aber immer deut¬
licher unser Ohr. Zugleich nahm auch die Helligkeit des Lichtes zu,
und ich konnte eine Anzahl Minirer/gewahr werden, welche wie Schat¬
ten hin und hergingen. Noch eine Minute,, und wir waren am Ziele.
Wir hatten nahe an tausend Fuß in einer halben Viertelstunde zurück¬
gelegt; der Schlag einer Glocke gab davon aus der Oberfläche der Erde
Kunde, die Bewegung hörte einige Secunden lang auf; wir stiegen aus
Und fast in demselben Augenblicke ging ein mit Kohlen beladenes Faß
in die Höhe, von dem nämlichen Seile dem Tage zugeführt, welches
uns so eben in die Finsterniß herabgelassen hatte.

Da hatte ich denn einen der prächtigsten Lichteffekte, vor mir, wor¬
auf nur, der Pinsel oder die, Einbildungskraft eines Malers verfallen
kann. Ich, befand mich,, in einer Art Höhle, wo die tiefste Finsterniß
herrschte, so'dicht, wie nur die Nacht des Chaos hat sein können. Rings
um mich her war Alles schwarz; was am wenigsten diese Farbe zeigte,


dere Erdart," dort wieder eine andere; weiter unten giebt es eine Ader
kohlensaures, Eisen; und wann irgendwo ein Silberglanz vor uns auf¬
leuchtete, so rief er aus: das da ist Steinkohle! Und diesen Ausruf
wiederholte er bei jeder neuen Schicht. Alle diese Steinkohlenlager nun,
die noch unangetastet sind, werden erst angebrochen werden, wenn man
die tiefer liegenden ausgebeutet hat. Denn so will eS die Klugheit. Es
könnte nämlich geschehen, daß der ganze untere Theil der Grube von
Wasser verschüttet würde,' Und man müßte alsdann eine neue Zuflucht
für.die Arbeit aussuchen, welche man offenbar nur in den oberen Ge¬
genden finden könnte. Man würde dann diese neuen Fundgruben so
lange benutzen, bis man mit Hülfe von Pumpen-das Uebel gehoben
hätte, und wieder im Stande wäre, in die verlassenen Gänge hinabzu¬
steigen. Bei manchem Kohlenwerke giebt es 3 bis 4 Dampfmaschinen,
die keine andere Bestimmung haben, als dem Durchsickern oder dem
Einbrüche des Wassers entgegenzuarbeiten. In, diesem langen und hart¬
näckigen Kampfe mit dem flüssigen Element bleibt der Sieg meistentheils
dem Geiste-und 'den Werken des Menschen. , Die überwundenen Ge¬
wässer hören auf zum Vorschein zu kommen,, oder sie rauschen nur noch
ohnmächtig gegen die Dämme an, welche sie gefangen halten. >

Auf einmal ließ sich ein leises Getöse vernehmen. Schaum Sie
hinab, sagte mein alter Reisegefährte. Ein Lichtschimmer, gleich, dem er¬
sten Strahl der Frühe, drang allmählig, durck/ die Dunkelheit und er¬
hellte den Grund ,der Kohlengrube. Bald darauf erreichte ein Gemur-
mel von Menschenstimmen, anfangs verworren, dann aber immer deut¬
licher unser Ohr. Zugleich nahm auch die Helligkeit des Lichtes zu,
und ich konnte eine Anzahl Minirer/gewahr werden, welche wie Schat¬
ten hin und hergingen. Noch eine Minute,, und wir waren am Ziele.
Wir hatten nahe an tausend Fuß in einer halben Viertelstunde zurück¬
gelegt; der Schlag einer Glocke gab davon aus der Oberfläche der Erde
Kunde, die Bewegung hörte einige Secunden lang auf; wir stiegen aus
Und fast in demselben Augenblicke ging ein mit Kohlen beladenes Faß
in die Höhe, von dem nämlichen Seile dem Tage zugeführt, welches
uns so eben in die Finsterniß herabgelassen hatte.

Da hatte ich denn einen der prächtigsten Lichteffekte, vor mir, wor¬
auf nur, der Pinsel oder die, Einbildungskraft eines Malers verfallen
kann. Ich, befand mich,, in einer Art Höhle, wo die tiefste Finsterniß
herrschte, so'dicht, wie nur die Nacht des Chaos hat sein können. Rings
um mich her war Alles schwarz; was am wenigsten diese Farbe zeigte,


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[0186] dere Erdart," dort wieder eine andere; weiter unten giebt es eine Ader kohlensaures, Eisen; und wann irgendwo ein Silberglanz vor uns auf¬ leuchtete, so rief er aus: das da ist Steinkohle! Und diesen Ausruf wiederholte er bei jeder neuen Schicht. Alle diese Steinkohlenlager nun, die noch unangetastet sind, werden erst angebrochen werden, wenn man die tiefer liegenden ausgebeutet hat. Denn so will eS die Klugheit. Es könnte nämlich geschehen, daß der ganze untere Theil der Grube von Wasser verschüttet würde,' Und man müßte alsdann eine neue Zuflucht für.die Arbeit aussuchen, welche man offenbar nur in den oberen Ge¬ genden finden könnte. Man würde dann diese neuen Fundgruben so lange benutzen, bis man mit Hülfe von Pumpen-das Uebel gehoben hätte, und wieder im Stande wäre, in die verlassenen Gänge hinabzu¬ steigen. Bei manchem Kohlenwerke giebt es 3 bis 4 Dampfmaschinen, die keine andere Bestimmung haben, als dem Durchsickern oder dem Einbrüche des Wassers entgegenzuarbeiten. In, diesem langen und hart¬ näckigen Kampfe mit dem flüssigen Element bleibt der Sieg meistentheils dem Geiste-und 'den Werken des Menschen. , Die überwundenen Ge¬ wässer hören auf zum Vorschein zu kommen,, oder sie rauschen nur noch ohnmächtig gegen die Dämme an, welche sie gefangen halten. > Auf einmal ließ sich ein leises Getöse vernehmen. Schaum Sie hinab, sagte mein alter Reisegefährte. Ein Lichtschimmer, gleich, dem er¬ sten Strahl der Frühe, drang allmählig, durck/ die Dunkelheit und er¬ hellte den Grund ,der Kohlengrube. Bald darauf erreichte ein Gemur- mel von Menschenstimmen, anfangs verworren, dann aber immer deut¬ licher unser Ohr. Zugleich nahm auch die Helligkeit des Lichtes zu, und ich konnte eine Anzahl Minirer/gewahr werden, welche wie Schat¬ ten hin und hergingen. Noch eine Minute,, und wir waren am Ziele. Wir hatten nahe an tausend Fuß in einer halben Viertelstunde zurück¬ gelegt; der Schlag einer Glocke gab davon aus der Oberfläche der Erde Kunde, die Bewegung hörte einige Secunden lang auf; wir stiegen aus Und fast in demselben Augenblicke ging ein mit Kohlen beladenes Faß in die Höhe, von dem nämlichen Seile dem Tage zugeführt, welches uns so eben in die Finsterniß herabgelassen hatte. Da hatte ich denn einen der prächtigsten Lichteffekte, vor mir, wor¬ auf nur, der Pinsel oder die, Einbildungskraft eines Malers verfallen kann. Ich, befand mich,, in einer Art Höhle, wo die tiefste Finsterniß herrschte, so'dicht, wie nur die Nacht des Chaos hat sein können. Rings um mich her war Alles schwarz; was am wenigsten diese Farbe zeigte,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/186>, abgerufen am 23.07.2024.