Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.MM Bühne kömmt vor Allem es zu, das keimende Talent zur Blüthe Die Stuttgarter und die Weimarer Hofbühnen sind vielleicht die Fast jede Zeit hat gewisse unsichtbare Wärmeleiter, durch welche Moriz ist ungefähr in einem Alter von 40 Jahren, eine schlanke Moriz war für die Medizin bestimmt.' Auf dem Leipziger Gym¬ MM Bühne kömmt vor Allem es zu, das keimende Talent zur Blüthe Die Stuttgarter und die Weimarer Hofbühnen sind vielleicht die Fast jede Zeit hat gewisse unsichtbare Wärmeleiter, durch welche Moriz ist ungefähr in einem Alter von 40 Jahren, eine schlanke Moriz war für die Medizin bestimmt.' Auf dem Leipziger Gym¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0148" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267363"/> <p xml:id="ID_770" prev="#ID_769"> MM Bühne kömmt vor Allem es zu, das keimende Talent zur Blüthe<lb/> zu bringen. Der arme Privatdirektor kann es nicht wagen, ein Stuck,<lb/> dessen Erfolg zweifelhaft ist, zur Darstellung zubringen. Doch die Hof-<lb/> bühne kann und muß es. Wie wenig ist mit einem verlorenen Abend<lb/> verloren, und wie viel ist mit einem gewonnenen Talente gewonnen!<lb/> Nirgends stehen Gewinnst und Verlust in so vorteilhaften Chancen für<lb/> den Spieler!</p><lb/> <p xml:id="ID_771"> Die Stuttgarter und die Weimarer Hofbühnen sind vielleicht die<lb/> beiden einzigen in ganz Deutschland, welche diese Mission begreifen und<lb/> Freiheit und Willen und Kraft genug haben, zu folgen. In Weimar<lb/> ist es der alte von Göthe vererbte Geist, welcher noch immer über der<lb/> Bühnenleitung schwebt. In Stuttgart ist es seit Scydelmanns Abgang<lb/> einzig und allein dein Einflüsse des in neuester Zeit zum Oberregisseur<lb/> ernannten Schauspielers Heinrich - Moriz zuzuschreiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_772"> Fast jede Zeit hat gewisse unsichtbare Wärmeleiter, durch welche<lb/> die BildungSstrahlen sich unbemerkt fortpflanzen, bis sie in einem neuen<lb/> , Centrum gesammelt, Plötzlich eine neue Epoche bilden; in diese Reihe<lb/> gehört Moriz. Seine Natur in ihrer steten Aufregung gleicht einem<lb/> Räderwerk, das jeden Gegenstand, der in seinem Kreise liegt, mit sich<lb/> fortreißt, und Eins durch das Andere berührend, weichin seine Bewe¬<lb/> gung mittheilt. Wir wollen bei dem nächstliegenden stehen bleiben, und<lb/> unsere Skizzen mit einer Charakteristik dieses Künstlers beginnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_773"> Moriz ist ungefähr in einem Alter von 40 Jahren, eine schlanke<lb/> Gestalt von mittlerer Größe; feine Züge, mehr aristokratischen als lei¬<lb/> denschaftlichen Ausdrucks. Ein Theateralmanach,> den wir nachgeschla¬<lb/> gen, nennt als seinen Geburtsort das kleine Chonewitz bei Leipzig. - Im<lb/> Grunde ist nichts lächerlicher, als nachdem Geburtsort eines Künstlers<lb/> zu fragen; der Künstler wählt sich seine Heimath, sie wird ihm nicht<lb/> durch.die Geburt aufgedrungen, .wie den gewöhnlichen Menschen.</p><lb/> <p xml:id="ID_774" next="#ID_775"> Moriz war für die Medizin bestimmt.' Auf dem Leipziger Gym¬<lb/> nasium wurden die Vorbereitungen, fleißig betrieben; auf der Universität<lb/> ging, es nicht fauler zu. Es war damals jene gnhrendste Zeit des Stu-<lb/> dentenlebens, welche den Fanatismus Sand's gebar. Die Burschen¬<lb/> schafter zogen fleißig von Jena nach Leipzig, von Leipzig nach Jena;<lb/> viele-grM. Entwürfe wurden überlegt und viele dumme Streiche wur¬<lb/> den ausgeführt., Bei einem Duell, in welches Moriz verwickelt, wurde,<lb/> hieb ihm sein Gegner den rechten Arin entzwei.' Zwei Monate, vergilt-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0148]
MM Bühne kömmt vor Allem es zu, das keimende Talent zur Blüthe
zu bringen. Der arme Privatdirektor kann es nicht wagen, ein Stuck,
dessen Erfolg zweifelhaft ist, zur Darstellung zubringen. Doch die Hof-
bühne kann und muß es. Wie wenig ist mit einem verlorenen Abend
verloren, und wie viel ist mit einem gewonnenen Talente gewonnen!
Nirgends stehen Gewinnst und Verlust in so vorteilhaften Chancen für
den Spieler!
Die Stuttgarter und die Weimarer Hofbühnen sind vielleicht die
beiden einzigen in ganz Deutschland, welche diese Mission begreifen und
Freiheit und Willen und Kraft genug haben, zu folgen. In Weimar
ist es der alte von Göthe vererbte Geist, welcher noch immer über der
Bühnenleitung schwebt. In Stuttgart ist es seit Scydelmanns Abgang
einzig und allein dein Einflüsse des in neuester Zeit zum Oberregisseur
ernannten Schauspielers Heinrich - Moriz zuzuschreiben.
Fast jede Zeit hat gewisse unsichtbare Wärmeleiter, durch welche
die BildungSstrahlen sich unbemerkt fortpflanzen, bis sie in einem neuen
, Centrum gesammelt, Plötzlich eine neue Epoche bilden; in diese Reihe
gehört Moriz. Seine Natur in ihrer steten Aufregung gleicht einem
Räderwerk, das jeden Gegenstand, der in seinem Kreise liegt, mit sich
fortreißt, und Eins durch das Andere berührend, weichin seine Bewe¬
gung mittheilt. Wir wollen bei dem nächstliegenden stehen bleiben, und
unsere Skizzen mit einer Charakteristik dieses Künstlers beginnen.
Moriz ist ungefähr in einem Alter von 40 Jahren, eine schlanke
Gestalt von mittlerer Größe; feine Züge, mehr aristokratischen als lei¬
denschaftlichen Ausdrucks. Ein Theateralmanach,> den wir nachgeschla¬
gen, nennt als seinen Geburtsort das kleine Chonewitz bei Leipzig. - Im
Grunde ist nichts lächerlicher, als nachdem Geburtsort eines Künstlers
zu fragen; der Künstler wählt sich seine Heimath, sie wird ihm nicht
durch.die Geburt aufgedrungen, .wie den gewöhnlichen Menschen.
Moriz war für die Medizin bestimmt.' Auf dem Leipziger Gym¬
nasium wurden die Vorbereitungen, fleißig betrieben; auf der Universität
ging, es nicht fauler zu. Es war damals jene gnhrendste Zeit des Stu-
dentenlebens, welche den Fanatismus Sand's gebar. Die Burschen¬
schafter zogen fleißig von Jena nach Leipzig, von Leipzig nach Jena;
viele-grM. Entwürfe wurden überlegt und viele dumme Streiche wur¬
den ausgeführt., Bei einem Duell, in welches Moriz verwickelt, wurde,
hieb ihm sein Gegner den rechten Arin entzwei.' Zwei Monate, vergilt-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |