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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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einer Münze aufgeprägt sein muß, wenn sie im Lande allgemeine Gel¬
tung haben sollen. So wie man Paris überall vor Augen haben muß,
wenn man von Frankreich spricht, so muß man auch im Buchhandel
zunächst den Pariser betrachten, wenn man überhaupt von dem fran¬
zösischen sprechen will.

Während längerer Zeit mußte man, um in Paris den Buchhandel
zu treiben, eigends dazu brevetirt sein; erst mit der Julirevolution von ,
1830 wurde der Buchhandel von diesem Joche befreit, wiewohl es
noch schwer auf der Schulter seiner ältern Schwester, der Druckkunst,
lastet. Ein dummer legislativer Streich, die Fabrikate, und nicht die
Fabrik selbst zu emancipiren! Daher kömmt es, daß die Stadt Paris
heutigen Tages höchstens achtzig Buchdrucker zählt, während der letzte
Adreßkalender die Zahl der Buchhändler auf nicht weniger als nahe an
M0 angiebt. Hierbei muß man noch wenigstens ein ganzes Hundert
Bureaur zählen, wo Abonnements auf Zeitungen, andere periodische
Schriften und überhaupt auf solche Werke, die auf Subscription erschei¬
nen, angenommen werden; denn in allen diesen Etablissements wird der
Buchhandel mehr oder weniger getrieben, oder mindestens als Pfuscher-
Handwerk, unter dein Namen Os^ol-t^e, ausgeübt. Man bemerke
überdieß, daß von jenen 80 pariser Buchdruckern mehr als 30 zu glei¬
cher Zeit den Buchhandel treiben. Es läßt sich hiernach leicht schließen,
wie erstaunlich die Concurrenz ist, und wie sehr der Gewinn, wenn
nämlich einer da ist, zerstückelt werden muß..

Die pariser Buchhändlerzunft läßt sich in verschiedene Categorien
eintheilen. Obschon. dieser Handel dem Scheine nach eine Einheit
bildet, so dürfte doch keine andere so viele verschiedene Operationen aus¬
zuweisen haben. Unsere Absicht ist zwar nicht, ihm in allen seinen un¬
endlichen Verzweigungen zu folgen; allein wir wollen für'S erste seine
Zwei sehr von einander getrennten Hauptäste vornehmen. Wie in Deutsch¬
land so auch hier unterschcioet man einen producirenden, und einen
ausschließlich commercirenden, d. h. als Sortimentshandel sowohl
für's Aus- als Inland, für Depot und Commissionsartikel. Der
Sortimentshcmdel hat in allen Ländern seine großen Verdienste, denn er
ist es eigentlich, der das schöne Amt hat, das Licht überall hinzutragen,
selbst bis in die niedrigste Hütte. Wenn man jedoch den Buchhandel
in seiner höhern Bedeutung saßt und von seiner Wirkung auf die
Literatur sprechen will, so muß man wohl zunächst von dem Ver¬
lagshandel sprechen, denn nur er steht in unmittelbarem Verhältnisse mit


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einer Münze aufgeprägt sein muß, wenn sie im Lande allgemeine Gel¬
tung haben sollen. So wie man Paris überall vor Augen haben muß,
wenn man von Frankreich spricht, so muß man auch im Buchhandel
zunächst den Pariser betrachten, wenn man überhaupt von dem fran¬
zösischen sprechen will.

Während längerer Zeit mußte man, um in Paris den Buchhandel
zu treiben, eigends dazu brevetirt sein; erst mit der Julirevolution von ,
1830 wurde der Buchhandel von diesem Joche befreit, wiewohl es
noch schwer auf der Schulter seiner ältern Schwester, der Druckkunst,
lastet. Ein dummer legislativer Streich, die Fabrikate, und nicht die
Fabrik selbst zu emancipiren! Daher kömmt es, daß die Stadt Paris
heutigen Tages höchstens achtzig Buchdrucker zählt, während der letzte
Adreßkalender die Zahl der Buchhändler auf nicht weniger als nahe an
M0 angiebt. Hierbei muß man noch wenigstens ein ganzes Hundert
Bureaur zählen, wo Abonnements auf Zeitungen, andere periodische
Schriften und überhaupt auf solche Werke, die auf Subscription erschei¬
nen, angenommen werden; denn in allen diesen Etablissements wird der
Buchhandel mehr oder weniger getrieben, oder mindestens als Pfuscher-
Handwerk, unter dein Namen Os^ol-t^e, ausgeübt. Man bemerke
überdieß, daß von jenen 80 pariser Buchdruckern mehr als 30 zu glei¬
cher Zeit den Buchhandel treiben. Es läßt sich hiernach leicht schließen,
wie erstaunlich die Concurrenz ist, und wie sehr der Gewinn, wenn
nämlich einer da ist, zerstückelt werden muß..

Die pariser Buchhändlerzunft läßt sich in verschiedene Categorien
eintheilen. Obschon. dieser Handel dem Scheine nach eine Einheit
bildet, so dürfte doch keine andere so viele verschiedene Operationen aus¬
zuweisen haben. Unsere Absicht ist zwar nicht, ihm in allen seinen un¬
endlichen Verzweigungen zu folgen; allein wir wollen für'S erste seine
Zwei sehr von einander getrennten Hauptäste vornehmen. Wie in Deutsch¬
land so auch hier unterschcioet man einen producirenden, und einen
ausschließlich commercirenden, d. h. als Sortimentshandel sowohl
für's Aus- als Inland, für Depot und Commissionsartikel. Der
Sortimentshcmdel hat in allen Ländern seine großen Verdienste, denn er
ist es eigentlich, der das schöne Amt hat, das Licht überall hinzutragen,
selbst bis in die niedrigste Hütte. Wenn man jedoch den Buchhandel
in seiner höhern Bedeutung saßt und von seiner Wirkung auf die
Literatur sprechen will, so muß man wohl zunächst von dem Ver¬
lagshandel sprechen, denn nur er steht in unmittelbarem Verhältnisse mit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/111>, abgerufen am 04.07.2024.