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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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hervorragendste und interessanteste der neuen Organisation derselben
den allgemeinsten Beifall sichern wird; denn sie wird dadurch, ob¬
gleich ein Fortschritt im Geiste moderner Ideen, doch auch den
vernünftigen Freunden der bestehenden Ordnung annehmbar. Es
hat hier wieder ein Mal ein bei materiellen Dingen häufig ein¬
tretender Fall Statt gefunden. Alle Welt sah die Bedeutsamkeit
eines Principes voraus, aber man suchte vergebens nach einer
mechanischen Combination, um es in Gang zu bringen, bis man
endlich fand, daß es hiezu nur einer ganz einfachen Vervollkomm¬
nung bedürfe.

Nachdem die Compagnie diese Gemeinschaft der Interessen be¬
gründet, und die Rechte der Mitglieder dieser Association bestimmt
hat, setzt sie für die arbeitenden Classen auch noch Belohnungen
für einzelne Fälle aus, bewilligt sie ihnen besondere Gunstbezeugun¬
gen, die als neuer Sporn dienen sollen. Außerhalb dem Landge¬
btete der Gemeinde werden ihnen nämlich bestimmte Landstrecken
gegeben, entweder wenn ein Arbeiter einen längeren Zeitraum (1t)
bis 20 Jahre) als solcher in der Gemeinde verblieben ist, oder bei
seiner Verheirathung innerhalb derselben, oder endlich bet der Ge¬
burt von Kindern aus seiner Ehe. So wird der Arbeiter, außer
seinem Tagelohn und seinem Antheil am Reinertrage der Gemeinde,
noch persönlich Eigenthümer von Grund und Boden und mit den
wachsenden Lasten einer zahlreich werdenden Familie sieht er hier
auch seinen Wohlstand zunehmen. Nun ist er in allen nützlichen
Theilen des gesellschaftlichen Lebens selbst und unmittelbar betheiligt;
er steht innerhalb irgend einer Industrie, ist selbst Besitzer von Land
und Familienvater; diese dreifache Stellung macht ihn moralisch
besser und macht ihn geneigter, die Interessen dieser drei Gesellschafts¬
kategorien zu vertheidigen, weil er selbst einen Platz innerhalb der¬
selben hat. Unruhen und Unordnungen können fortan durchaus von
keinem Gewinne für ihn sein, wie sie auch bisher eigentlich den
Arbeitern nie genützt haben. Denn, wenn er auch vielleicht in Folge
des durch eine Revolution herbeigeführten Plätzewechsels auf der ei¬
nen Seite Etwas gewinnen könnte, so könnte er doch andrerseits
das verlieren, was er Liebstes besitzt, nämlich den Erwerb langjäh¬
riger Arbeit, den ein Jeder so gern bewahrt und so heiß vertheidigt,
weil es eben mit manchen Schmerzen und langer Ausdauer erkauft


hervorragendste und interessanteste der neuen Organisation derselben
den allgemeinsten Beifall sichern wird; denn sie wird dadurch, ob¬
gleich ein Fortschritt im Geiste moderner Ideen, doch auch den
vernünftigen Freunden der bestehenden Ordnung annehmbar. Es
hat hier wieder ein Mal ein bei materiellen Dingen häufig ein¬
tretender Fall Statt gefunden. Alle Welt sah die Bedeutsamkeit
eines Principes voraus, aber man suchte vergebens nach einer
mechanischen Combination, um es in Gang zu bringen, bis man
endlich fand, daß es hiezu nur einer ganz einfachen Vervollkomm¬
nung bedürfe.

Nachdem die Compagnie diese Gemeinschaft der Interessen be¬
gründet, und die Rechte der Mitglieder dieser Association bestimmt
hat, setzt sie für die arbeitenden Classen auch noch Belohnungen
für einzelne Fälle aus, bewilligt sie ihnen besondere Gunstbezeugun¬
gen, die als neuer Sporn dienen sollen. Außerhalb dem Landge¬
btete der Gemeinde werden ihnen nämlich bestimmte Landstrecken
gegeben, entweder wenn ein Arbeiter einen längeren Zeitraum (1t)
bis 20 Jahre) als solcher in der Gemeinde verblieben ist, oder bei
seiner Verheirathung innerhalb derselben, oder endlich bet der Ge¬
burt von Kindern aus seiner Ehe. So wird der Arbeiter, außer
seinem Tagelohn und seinem Antheil am Reinertrage der Gemeinde,
noch persönlich Eigenthümer von Grund und Boden und mit den
wachsenden Lasten einer zahlreich werdenden Familie sieht er hier
auch seinen Wohlstand zunehmen. Nun ist er in allen nützlichen
Theilen des gesellschaftlichen Lebens selbst und unmittelbar betheiligt;
er steht innerhalb irgend einer Industrie, ist selbst Besitzer von Land
und Familienvater; diese dreifache Stellung macht ihn moralisch
besser und macht ihn geneigter, die Interessen dieser drei Gesellschafts¬
kategorien zu vertheidigen, weil er selbst einen Platz innerhalb der¬
selben hat. Unruhen und Unordnungen können fortan durchaus von
keinem Gewinne für ihn sein, wie sie auch bisher eigentlich den
Arbeitern nie genützt haben. Denn, wenn er auch vielleicht in Folge
des durch eine Revolution herbeigeführten Plätzewechsels auf der ei¬
nen Seite Etwas gewinnen könnte, so könnte er doch andrerseits
das verlieren, was er Liebstes besitzt, nämlich den Erwerb langjäh¬
riger Arbeit, den ein Jeder so gern bewahrt und so heiß vertheidigt,
weil es eben mit manchen Schmerzen und langer Ausdauer erkauft


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[0584] hervorragendste und interessanteste der neuen Organisation derselben den allgemeinsten Beifall sichern wird; denn sie wird dadurch, ob¬ gleich ein Fortschritt im Geiste moderner Ideen, doch auch den vernünftigen Freunden der bestehenden Ordnung annehmbar. Es hat hier wieder ein Mal ein bei materiellen Dingen häufig ein¬ tretender Fall Statt gefunden. Alle Welt sah die Bedeutsamkeit eines Principes voraus, aber man suchte vergebens nach einer mechanischen Combination, um es in Gang zu bringen, bis man endlich fand, daß es hiezu nur einer ganz einfachen Vervollkomm¬ nung bedürfe. Nachdem die Compagnie diese Gemeinschaft der Interessen be¬ gründet, und die Rechte der Mitglieder dieser Association bestimmt hat, setzt sie für die arbeitenden Classen auch noch Belohnungen für einzelne Fälle aus, bewilligt sie ihnen besondere Gunstbezeugun¬ gen, die als neuer Sporn dienen sollen. Außerhalb dem Landge¬ btete der Gemeinde werden ihnen nämlich bestimmte Landstrecken gegeben, entweder wenn ein Arbeiter einen längeren Zeitraum (1t) bis 20 Jahre) als solcher in der Gemeinde verblieben ist, oder bei seiner Verheirathung innerhalb derselben, oder endlich bet der Ge¬ burt von Kindern aus seiner Ehe. So wird der Arbeiter, außer seinem Tagelohn und seinem Antheil am Reinertrage der Gemeinde, noch persönlich Eigenthümer von Grund und Boden und mit den wachsenden Lasten einer zahlreich werdenden Familie sieht er hier auch seinen Wohlstand zunehmen. Nun ist er in allen nützlichen Theilen des gesellschaftlichen Lebens selbst und unmittelbar betheiligt; er steht innerhalb irgend einer Industrie, ist selbst Besitzer von Land und Familienvater; diese dreifache Stellung macht ihn moralisch besser und macht ihn geneigter, die Interessen dieser drei Gesellschafts¬ kategorien zu vertheidigen, weil er selbst einen Platz innerhalb der¬ selben hat. Unruhen und Unordnungen können fortan durchaus von keinem Gewinne für ihn sein, wie sie auch bisher eigentlich den Arbeitern nie genützt haben. Denn, wenn er auch vielleicht in Folge des durch eine Revolution herbeigeführten Plätzewechsels auf der ei¬ nen Seite Etwas gewinnen könnte, so könnte er doch andrerseits das verlieren, was er Liebstes besitzt, nämlich den Erwerb langjäh¬ riger Arbeit, den ein Jeder so gern bewahrt und so heiß vertheidigt, weil es eben mit manchen Schmerzen und langer Ausdauer erkauft

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/584>, abgerufen am 23.07.2024.