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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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jede dieser Vier Stimmen eine verschiedene Stufe in der Reihenfolge
dieser Schwierigkeiten darbot. Dergestalt war seine Schule in vier
Classen eingetheilt, von denen jede einen verschiedenen Grad des
Fortschrittes darstellte. Diesem Unrerrichtssystem gab er den Namen
der Uetliuäv cviicert-uit", und wandte es bet einer großen Anzahl
Kinder an, die er in Chöre vereinigt und zumeist aus den Ärmeren
Classen und den Armenschnlen ausgewählt hatte.

Die NetKoilv concert.uns ist für vier gleiche Stimmen geschrieben:
sie ist in I3K Lecttonen eingetheilt, in welchen alle Combinationen des
Zeitmaßes, der Takte und Töne enthalten sind. Der eine dieser Theile
behandelt nur einfache oder punktirte, ganze und halbe Noten, d. h.
die Wurzel der geraden und Tripel-Taktarten. Er ist für die un¬
erfahrensten Zöglinge bestimmt, aus denen Choron seine erste Classe
gebildet hatte. Der für die Zöglinge der zweiten Classe bestimmte
Theil behandelt die einfachen Abtheilungen der geraden und Tripel-
Taktarten. Und so steigern sich für die Zöglinge der dritten und vierten
Classen die Schwierigkeiten, indem der Werth der zu singenden No,
ten immer geringer wird. Dieselbe Steigerungsmethode ist auf die
Töne und die verschiednen Schlüssel angewandt.

Was die äußere Einrichtung dieses Unterrichts betrifft, so wollte
Choron, man solle sämmtliche Schüler, die man bilden wolle, sei
ihre Anzahl auch noch so groß, in vier Classen eintheilen und als
Eintheilungsgrund die Stufe geistiger Ausbildung oder die Höhe
musikalischer Kenntnisse der Einzelnen annehmen. Jeder Schüler in
Besitz eines Büchelchcns der Not!>o<1e concvrt-ente, sang die Stimme
der Classe, zu welcher er gehörte, bis man erkannte, daß seine Bil¬
dung weit genug vorgeschritten sei, um ihn in eine höhere Classe
übergehen zu lassen. Unterlehrer oder Pultaufseher dirigirten die
andern Zöglinge. Der Lehrer saß am Picmoz er gab das Zeichen
und ein- bis zweihundert Kinder begannen die vierstimmige Lection,
welche gerade einstudirt werden sollte. Wenn die Aufhetzer einen
Zögling bemerkten, der nicht Takt hielt oder nicht richtig intonirte,
so hielten alle inne, man ließ den einen allein üben, und wenn er
es so weit gebracht hatte, daß er mit Genauigkeit sang, dann fing
man das Ensemble wieder an.

So war die Nvtlw'it! come'-i tunto beschaffen, die ihren Erfin¬
der nicht überlebt zu haben scheint. Choron jedoch hatte schöne


jede dieser Vier Stimmen eine verschiedene Stufe in der Reihenfolge
dieser Schwierigkeiten darbot. Dergestalt war seine Schule in vier
Classen eingetheilt, von denen jede einen verschiedenen Grad des
Fortschrittes darstellte. Diesem Unrerrichtssystem gab er den Namen
der Uetliuäv cviicert-uit«, und wandte es bet einer großen Anzahl
Kinder an, die er in Chöre vereinigt und zumeist aus den Ärmeren
Classen und den Armenschnlen ausgewählt hatte.

Die NetKoilv concert.uns ist für vier gleiche Stimmen geschrieben:
sie ist in I3K Lecttonen eingetheilt, in welchen alle Combinationen des
Zeitmaßes, der Takte und Töne enthalten sind. Der eine dieser Theile
behandelt nur einfache oder punktirte, ganze und halbe Noten, d. h.
die Wurzel der geraden und Tripel-Taktarten. Er ist für die un¬
erfahrensten Zöglinge bestimmt, aus denen Choron seine erste Classe
gebildet hatte. Der für die Zöglinge der zweiten Classe bestimmte
Theil behandelt die einfachen Abtheilungen der geraden und Tripel-
Taktarten. Und so steigern sich für die Zöglinge der dritten und vierten
Classen die Schwierigkeiten, indem der Werth der zu singenden No,
ten immer geringer wird. Dieselbe Steigerungsmethode ist auf die
Töne und die verschiednen Schlüssel angewandt.

Was die äußere Einrichtung dieses Unterrichts betrifft, so wollte
Choron, man solle sämmtliche Schüler, die man bilden wolle, sei
ihre Anzahl auch noch so groß, in vier Classen eintheilen und als
Eintheilungsgrund die Stufe geistiger Ausbildung oder die Höhe
musikalischer Kenntnisse der Einzelnen annehmen. Jeder Schüler in
Besitz eines Büchelchcns der Not!>o<1e concvrt-ente, sang die Stimme
der Classe, zu welcher er gehörte, bis man erkannte, daß seine Bil¬
dung weit genug vorgeschritten sei, um ihn in eine höhere Classe
übergehen zu lassen. Unterlehrer oder Pultaufseher dirigirten die
andern Zöglinge. Der Lehrer saß am Picmoz er gab das Zeichen
und ein- bis zweihundert Kinder begannen die vierstimmige Lection,
welche gerade einstudirt werden sollte. Wenn die Aufhetzer einen
Zögling bemerkten, der nicht Takt hielt oder nicht richtig intonirte,
so hielten alle inne, man ließ den einen allein üben, und wenn er
es so weit gebracht hatte, daß er mit Genauigkeit sang, dann fing
man das Ensemble wieder an.

So war die Nvtlw'it! come'-i tunto beschaffen, die ihren Erfin¬
der nicht überlebt zu haben scheint. Choron jedoch hatte schöne


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[0231] jede dieser Vier Stimmen eine verschiedene Stufe in der Reihenfolge dieser Schwierigkeiten darbot. Dergestalt war seine Schule in vier Classen eingetheilt, von denen jede einen verschiedenen Grad des Fortschrittes darstellte. Diesem Unrerrichtssystem gab er den Namen der Uetliuäv cviicert-uit«, und wandte es bet einer großen Anzahl Kinder an, die er in Chöre vereinigt und zumeist aus den Ärmeren Classen und den Armenschnlen ausgewählt hatte. Die NetKoilv concert.uns ist für vier gleiche Stimmen geschrieben: sie ist in I3K Lecttonen eingetheilt, in welchen alle Combinationen des Zeitmaßes, der Takte und Töne enthalten sind. Der eine dieser Theile behandelt nur einfache oder punktirte, ganze und halbe Noten, d. h. die Wurzel der geraden und Tripel-Taktarten. Er ist für die un¬ erfahrensten Zöglinge bestimmt, aus denen Choron seine erste Classe gebildet hatte. Der für die Zöglinge der zweiten Classe bestimmte Theil behandelt die einfachen Abtheilungen der geraden und Tripel- Taktarten. Und so steigern sich für die Zöglinge der dritten und vierten Classen die Schwierigkeiten, indem der Werth der zu singenden No, ten immer geringer wird. Dieselbe Steigerungsmethode ist auf die Töne und die verschiednen Schlüssel angewandt. Was die äußere Einrichtung dieses Unterrichts betrifft, so wollte Choron, man solle sämmtliche Schüler, die man bilden wolle, sei ihre Anzahl auch noch so groß, in vier Classen eintheilen und als Eintheilungsgrund die Stufe geistiger Ausbildung oder die Höhe musikalischer Kenntnisse der Einzelnen annehmen. Jeder Schüler in Besitz eines Büchelchcns der Not!>o<1e concvrt-ente, sang die Stimme der Classe, zu welcher er gehörte, bis man erkannte, daß seine Bil¬ dung weit genug vorgeschritten sei, um ihn in eine höhere Classe übergehen zu lassen. Unterlehrer oder Pultaufseher dirigirten die andern Zöglinge. Der Lehrer saß am Picmoz er gab das Zeichen und ein- bis zweihundert Kinder begannen die vierstimmige Lection, welche gerade einstudirt werden sollte. Wenn die Aufhetzer einen Zögling bemerkten, der nicht Takt hielt oder nicht richtig intonirte, so hielten alle inne, man ließ den einen allein üben, und wenn er es so weit gebracht hatte, daß er mit Genauigkeit sang, dann fing man das Ensemble wieder an. So war die Nvtlw'it! come'-i tunto beschaffen, die ihren Erfin¬ der nicht überlebt zu haben scheint. Choron jedoch hatte schöne

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/231>, abgerufen am 23.07.2024.