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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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Hülfe zu kommen, veröffentlichte er nach und nach, zum Gebrauch
der letzteren, die Handbücher der beiden Curse. Das Verdienst der
Erfindung dieser Methode gebührt in Waljrheit nicht Natorp, da
sie nur eine Combination der Methoden Zeller's und Naegeli's ist ;
aber er hat sich gewissermaßen die Rechte des Erfinders erworben,
indem er durch die Einfachheit, die er in dieselbe einführte, erst
ihren Erfolg begründet hat.

Das System, an die Stelle der Noten Ziffern zusetzen, ward
von 181" an Gegenstand der Aufmerksamkeit mehrerer Schul¬
lehrer; es fand aber auch Gegner und so begann von diesem Zeit¬
punkte an eine Art Kampf zwischen den Anhängern dieses Noten¬
systems und denen des gewöhnlichen. Die Professoren Glaeser,
Winkelmeyer u. a. ließen un Jahr 1821 musikalische Handbücher
zum Gebrauch der Elementarschulen erscheinen, in denen sie das
Natorp'sche System befolgten. Dagegen wollten die Herren Laetsch,
Lehrer am Seminar von Jenkau bei Danzig, und Kühler, Musik¬
lehrer am Königlichen Waisenhaus zu Stuttgart das gewöhnliche
Notensystem für den Unterricht beibehalten wissen, indem sie es sür
die Naegeli'sche Eintheilung in drei Hauptstudienzweige anwendbar
machten; sie veröffentlichten Methoden, die auf dieses System be¬
gründet waren. Die Schulen des Königreichs Würtemberg befolgen
jetzt die Methode des Herrn Kühler, die zu Stuttgart im Jahr 1826
erschienen ist.

Herr Heinroth, Doctor der Philosophie und Musik-Director
an ver Universität zu Göttingen, (wo er seit 1818 der Nachfolger
Forkel's, des berühmten Geschichtsschreibers der Musik ist) machte um
dieselbe Zeit ein gemischtes System bekannt. Vor seiner Berufung nach
Göttingen hatte Heinroth, der eigentlich protestantischer Geistlicher
ist, den Musikunterricht an dem bekannten jüdischen Erziehungsinsti¬
tut, der Jacobsonschule zu Seesen, geleitet. Hier hatte er die ersten
Grundlagen seines Systems gebaut, das, analog dem Naegeli'schen
in Bezug auf Theilung der Studien, von allen anderen sich durch
die Erfindung einer speciell zum Gebrauch der Volksschulen bestimm¬
ten Notenschrift unterschied, welche ihr Urheber, "Vervollkommnete
Notenschrift" nannte. Seitdem er 1818 nach Göttingen berufen
ward, beschäftigte er sich anhaltender mit Aufsuchung der Mittel zur
Erleichterung des Studiums des Choralgesanges; und um die


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Hülfe zu kommen, veröffentlichte er nach und nach, zum Gebrauch
der letzteren, die Handbücher der beiden Curse. Das Verdienst der
Erfindung dieser Methode gebührt in Waljrheit nicht Natorp, da
sie nur eine Combination der Methoden Zeller's und Naegeli's ist ;
aber er hat sich gewissermaßen die Rechte des Erfinders erworben,
indem er durch die Einfachheit, die er in dieselbe einführte, erst
ihren Erfolg begründet hat.

Das System, an die Stelle der Noten Ziffern zusetzen, ward
von 181» an Gegenstand der Aufmerksamkeit mehrerer Schul¬
lehrer; es fand aber auch Gegner und so begann von diesem Zeit¬
punkte an eine Art Kampf zwischen den Anhängern dieses Noten¬
systems und denen des gewöhnlichen. Die Professoren Glaeser,
Winkelmeyer u. a. ließen un Jahr 1821 musikalische Handbücher
zum Gebrauch der Elementarschulen erscheinen, in denen sie das
Natorp'sche System befolgten. Dagegen wollten die Herren Laetsch,
Lehrer am Seminar von Jenkau bei Danzig, und Kühler, Musik¬
lehrer am Königlichen Waisenhaus zu Stuttgart das gewöhnliche
Notensystem für den Unterricht beibehalten wissen, indem sie es sür
die Naegeli'sche Eintheilung in drei Hauptstudienzweige anwendbar
machten; sie veröffentlichten Methoden, die auf dieses System be¬
gründet waren. Die Schulen des Königreichs Würtemberg befolgen
jetzt die Methode des Herrn Kühler, die zu Stuttgart im Jahr 1826
erschienen ist.

Herr Heinroth, Doctor der Philosophie und Musik-Director
an ver Universität zu Göttingen, (wo er seit 1818 der Nachfolger
Forkel's, des berühmten Geschichtsschreibers der Musik ist) machte um
dieselbe Zeit ein gemischtes System bekannt. Vor seiner Berufung nach
Göttingen hatte Heinroth, der eigentlich protestantischer Geistlicher
ist, den Musikunterricht an dem bekannten jüdischen Erziehungsinsti¬
tut, der Jacobsonschule zu Seesen, geleitet. Hier hatte er die ersten
Grundlagen seines Systems gebaut, das, analog dem Naegeli'schen
in Bezug auf Theilung der Studien, von allen anderen sich durch
die Erfindung einer speciell zum Gebrauch der Volksschulen bestimm¬
ten Notenschrift unterschied, welche ihr Urheber, „Vervollkommnete
Notenschrift" nannte. Seitdem er 1818 nach Göttingen berufen
ward, beschäftigte er sich anhaltender mit Aufsuchung der Mittel zur
Erleichterung des Studiums des Choralgesanges; und um die


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[0227] Hülfe zu kommen, veröffentlichte er nach und nach, zum Gebrauch der letzteren, die Handbücher der beiden Curse. Das Verdienst der Erfindung dieser Methode gebührt in Waljrheit nicht Natorp, da sie nur eine Combination der Methoden Zeller's und Naegeli's ist ; aber er hat sich gewissermaßen die Rechte des Erfinders erworben, indem er durch die Einfachheit, die er in dieselbe einführte, erst ihren Erfolg begründet hat. Das System, an die Stelle der Noten Ziffern zusetzen, ward von 181» an Gegenstand der Aufmerksamkeit mehrerer Schul¬ lehrer; es fand aber auch Gegner und so begann von diesem Zeit¬ punkte an eine Art Kampf zwischen den Anhängern dieses Noten¬ systems und denen des gewöhnlichen. Die Professoren Glaeser, Winkelmeyer u. a. ließen un Jahr 1821 musikalische Handbücher zum Gebrauch der Elementarschulen erscheinen, in denen sie das Natorp'sche System befolgten. Dagegen wollten die Herren Laetsch, Lehrer am Seminar von Jenkau bei Danzig, und Kühler, Musik¬ lehrer am Königlichen Waisenhaus zu Stuttgart das gewöhnliche Notensystem für den Unterricht beibehalten wissen, indem sie es sür die Naegeli'sche Eintheilung in drei Hauptstudienzweige anwendbar machten; sie veröffentlichten Methoden, die auf dieses System be¬ gründet waren. Die Schulen des Königreichs Würtemberg befolgen jetzt die Methode des Herrn Kühler, die zu Stuttgart im Jahr 1826 erschienen ist. Herr Heinroth, Doctor der Philosophie und Musik-Director an ver Universität zu Göttingen, (wo er seit 1818 der Nachfolger Forkel's, des berühmten Geschichtsschreibers der Musik ist) machte um dieselbe Zeit ein gemischtes System bekannt. Vor seiner Berufung nach Göttingen hatte Heinroth, der eigentlich protestantischer Geistlicher ist, den Musikunterricht an dem bekannten jüdischen Erziehungsinsti¬ tut, der Jacobsonschule zu Seesen, geleitet. Hier hatte er die ersten Grundlagen seines Systems gebaut, das, analog dem Naegeli'schen in Bezug auf Theilung der Studien, von allen anderen sich durch die Erfindung einer speciell zum Gebrauch der Volksschulen bestimm¬ ten Notenschrift unterschied, welche ihr Urheber, „Vervollkommnete Notenschrift" nannte. Seitdem er 1818 nach Göttingen berufen ward, beschäftigte er sich anhaltender mit Aufsuchung der Mittel zur Erleichterung des Studiums des Choralgesanges; und um die 15 -i-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/227>, abgerufen am 23.07.2024.