Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.dreimaligen Gottesdienste bei; die Gewohnheit, eine harmonische Das sechzehnte Jahrhundert, diese Zeit der großen Dinge, diese dreimaligen Gottesdienste bei; die Gewohnheit, eine harmonische Das sechzehnte Jahrhundert, diese Zeit der großen Dinge, diese <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0217" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266834"/> <p xml:id="ID_562" prev="#ID_561"> dreimaligen Gottesdienste bei; die Gewohnheit, eine harmonische<lb/> Musik zu hören, bildete ihr Gehör und ihren Geschmack aus. Als<lb/> nun die mannigfachen Klosteraufhebungen, die seit der Negierung<lb/> Joseph's II. in diesen Gegenden eintraten, die Bevölkerungen<lb/> einer großen Anzahl von Gemeinden des' Elementarunterrichts<lb/> beraubt hatten, mußte man diese Lücke durch Errichtung speci¬<lb/> eller Schulen ausfüllen, derer leider! etwas allzulangsame Organi¬<lb/> sation die Musik eine Zeit lang in eine nicht sehr günstige Lage<lb/> versetzt hat. Seit etwa fünfzehn Jahren jedoch haben auch diese<lb/> Schulen bedeutende Fortschritte gemacht. Eine zahllose Menge von<lb/> drei- und vierstimmigen Volks-Gesängen ist durch den Druck ver¬<lb/> öffentlicht worden, und diese Gesänge sind für diejenigen, für welche<lb/> sie einen Gegenstand des Unterrichts und Studiums ausmachen,<lb/> zugleich ein anziehender Genuß geworden.</p><lb/> <p xml:id="ID_563" next="#ID_564"> Das sechzehnte Jahrhundert, diese Zeit der großen Dinge, diese<lb/> Zeit, in welcher in ganz Europa alle geistige Thätigkeit einen so<lb/> hohen Aufschwung nahm, war aber auch für die Cultur der Musik<lb/> eine der fruchtbarsten und bedeutsamsten Epochen. Vom Anfange<lb/> dieses Jahrhunderts datirt die schöne Organisation des Unterrichts<lb/> in dieser Kunst in Deutschland, das in dieser Beziehung es stets<lb/> allen andern Ländern Europas zuvorgethan hat. Sobald durch<lb/> Luther die Aufmerksamkeit der gelehrten Welt auf die Nothwendig¬<lb/> keit hingelenkt worden war, den Gebrauch des Gesanges in den<lb/> evangelischen Kirchen allgemeiner zu machen, war es die erste, an¬<lb/> gelegentlichste Sorge einiger Gelehrten, einige Abhandlungen, ent¬<lb/> haltend die Elemente der Musik, für die öffentlichen Schulen zu<lb/> schreiben. Unter diesen ersten Verfassern musikalischer Elementar¬<lb/> bücher zeichnen sich vorzüglich aus: Georg Rhau, Nicolaus Listen,<lb/> Heinrich und Gregor Faber. Der Umstand, daß ihre Bücher in<lb/> einem Zeitraum von etwa vierzig Jahren wohl zehn bis zwölf<lb/> Auflagen erlebten, welche sämmtlich vergriffen wurden, giebt den<lb/> besten Beweis dafür ab, welche bewundrungswürdige Thätigkeit in<lb/> Bezug auf musikalischen Unterricht in jenen ersten Zeiten der Refor¬<lb/> mation in den lutherischen Schulen herrschte. Diese Bücher, die<lb/> sämmtlich in lateinischer Sprache, »6 usum oder in ^ratiiun 8du<liosit<z<lb/> z>iventuÜ8, geschrieben waren, behandelten die in jener Zeit gebräuch¬<lb/> liche Solmisation und Notation. Da nun die Systeme jener Zeit</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0217]
dreimaligen Gottesdienste bei; die Gewohnheit, eine harmonische
Musik zu hören, bildete ihr Gehör und ihren Geschmack aus. Als
nun die mannigfachen Klosteraufhebungen, die seit der Negierung
Joseph's II. in diesen Gegenden eintraten, die Bevölkerungen
einer großen Anzahl von Gemeinden des' Elementarunterrichts
beraubt hatten, mußte man diese Lücke durch Errichtung speci¬
eller Schulen ausfüllen, derer leider! etwas allzulangsame Organi¬
sation die Musik eine Zeit lang in eine nicht sehr günstige Lage
versetzt hat. Seit etwa fünfzehn Jahren jedoch haben auch diese
Schulen bedeutende Fortschritte gemacht. Eine zahllose Menge von
drei- und vierstimmigen Volks-Gesängen ist durch den Druck ver¬
öffentlicht worden, und diese Gesänge sind für diejenigen, für welche
sie einen Gegenstand des Unterrichts und Studiums ausmachen,
zugleich ein anziehender Genuß geworden.
Das sechzehnte Jahrhundert, diese Zeit der großen Dinge, diese
Zeit, in welcher in ganz Europa alle geistige Thätigkeit einen so
hohen Aufschwung nahm, war aber auch für die Cultur der Musik
eine der fruchtbarsten und bedeutsamsten Epochen. Vom Anfange
dieses Jahrhunderts datirt die schöne Organisation des Unterrichts
in dieser Kunst in Deutschland, das in dieser Beziehung es stets
allen andern Ländern Europas zuvorgethan hat. Sobald durch
Luther die Aufmerksamkeit der gelehrten Welt auf die Nothwendig¬
keit hingelenkt worden war, den Gebrauch des Gesanges in den
evangelischen Kirchen allgemeiner zu machen, war es die erste, an¬
gelegentlichste Sorge einiger Gelehrten, einige Abhandlungen, ent¬
haltend die Elemente der Musik, für die öffentlichen Schulen zu
schreiben. Unter diesen ersten Verfassern musikalischer Elementar¬
bücher zeichnen sich vorzüglich aus: Georg Rhau, Nicolaus Listen,
Heinrich und Gregor Faber. Der Umstand, daß ihre Bücher in
einem Zeitraum von etwa vierzig Jahren wohl zehn bis zwölf
Auflagen erlebten, welche sämmtlich vergriffen wurden, giebt den
besten Beweis dafür ab, welche bewundrungswürdige Thätigkeit in
Bezug auf musikalischen Unterricht in jenen ersten Zeiten der Refor¬
mation in den lutherischen Schulen herrschte. Diese Bücher, die
sämmtlich in lateinischer Sprache, »6 usum oder in ^ratiiun 8du<liosit<z
z>iventuÜ8, geschrieben waren, behandelten die in jener Zeit gebräuch¬
liche Solmisation und Notation. Da nun die Systeme jener Zeit
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