Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester..^r, .v"..,, ... ven deutschen Gauen so heimisch scheint, daß vom Andrer Seits aber ist es wett wichtiger, die Institute zu unter¬ So wie es in Deutschland kaum einen Flecken, ja kaum ein In Baiern, Oesterreich, Böhmen, wo die katholische Religion .^r, .v»..,, ... ven deutschen Gauen so heimisch scheint, daß vom Andrer Seits aber ist es wett wichtiger, die Institute zu unter¬ So wie es in Deutschland kaum einen Flecken, ja kaum ein In Baiern, Oesterreich, Böhmen, wo die katholische Religion <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0216" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266833"/> <p xml:id="ID_558" prev="#ID_557"> .^r, .v»..,, ... ven deutschen Gauen so heimisch scheint, daß vom<lb/> Rhein bis zur Donau, von der Mündung der Elbe bis zu den<lb/> Quellen der Spree es selten ein Dorf giebt, wo die Einwohner<lb/> nicht nach dem bloßen Gehör chorartig zu singen pflegen. Die Or¬<lb/> ganisation des deutschen Gehörs unterscheidet sich sogar zu seinem<lb/> Vortheile von dem italienischen. Auch in Italien singt das Volk,<lb/> aber dieser Volksgesang ist ziemlich roh und immer unis>amo. Die<lb/> Natur scheint zu Gunsten der Deutschen eine großmüthige Anstrengung<lb/> gemacht zu haben, indem sie dieselben von Jugend auf mit einer<lb/> glücklichen Fähigkeit für eine Kunst begabte, deren Erlernung anderen<lb/> Nationen so viele Schwierigkeiten kostet.</p><lb/> <p xml:id="ID_559"> Andrer Seits aber ist es wett wichtiger, die Institute zu unter¬<lb/> suchen, welche diese Entwickelung der musikalischen Kraft in Deutsch¬<lb/> land begünstigen, und das Geheimniß zu belauschen, welches auch<lb/> in andern Ländern dieselbe Wirkung hervorbringen möchte, wenn man<lb/> es kennen würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_560"> So wie es in Deutschland kaum einen Flecken, ja kaum ein<lb/> kleines Dorf giebt, das nicht seine öffentliche Schule besitzt, so giebt<lb/> es auch unter diesen Schulen nur wenige, in welchen die Musik<lb/> nicht einen Bestandtheil des Elementarunterrichtes ausmacht. Der<lb/> Schulmeister fuhrt oftmals keinen andern Namen, als den eines<lb/> Cantors d h. eines Kirchensängers, eines Lehrers und Leiters<lb/> des Gesanges. In dem protestantischen Theile von Deutschland<lb/> ist dieser Gesang, den man den Kindern schon in ihren ersten Jah¬<lb/> ren lehrt, kein andrer, als der Eh oral d. h. die Kirchenlieder und<lb/> Psalmen, weil nach lutherischem Ritus die ganze Kirchengemeinde<lb/> ihre Stimme mit der des Cantors vereinigen soll, um das Lob<lb/> Gottes zu singen.</p><lb/> <p xml:id="ID_561" next="#ID_562"> In Baiern, Oesterreich, Böhmen, wo die katholische Religion<lb/> die herrschende ist, war die Organisation des Unterrichts früher eine<lb/> andere; denn alle Schulen befanden sich in den zahlreichen Klöstern,<lb/> von welchen der Boden des Landes bedeckt war. Auch hier ward<lb/> Musik-Unterricht ertheilt, und alle Kinder, die eine schöne Stimme<lb/> besaßen, wurden zum Kirchenchor zugelassen, wo sie eine mehr in's<lb/> Einzelne gehende, weiter vordringende musikalische Erziehung erhielten.<lb/> Fast in allen Abteien war jeden Tag Messe, Vesper und Salus<lb/> mit Musik. Die meisten Einwohner und Kinder wohnten diesem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0216]
.^r, .v»..,, ... ven deutschen Gauen so heimisch scheint, daß vom
Rhein bis zur Donau, von der Mündung der Elbe bis zu den
Quellen der Spree es selten ein Dorf giebt, wo die Einwohner
nicht nach dem bloßen Gehör chorartig zu singen pflegen. Die Or¬
ganisation des deutschen Gehörs unterscheidet sich sogar zu seinem
Vortheile von dem italienischen. Auch in Italien singt das Volk,
aber dieser Volksgesang ist ziemlich roh und immer unis>amo. Die
Natur scheint zu Gunsten der Deutschen eine großmüthige Anstrengung
gemacht zu haben, indem sie dieselben von Jugend auf mit einer
glücklichen Fähigkeit für eine Kunst begabte, deren Erlernung anderen
Nationen so viele Schwierigkeiten kostet.
Andrer Seits aber ist es wett wichtiger, die Institute zu unter¬
suchen, welche diese Entwickelung der musikalischen Kraft in Deutsch¬
land begünstigen, und das Geheimniß zu belauschen, welches auch
in andern Ländern dieselbe Wirkung hervorbringen möchte, wenn man
es kennen würde.
So wie es in Deutschland kaum einen Flecken, ja kaum ein
kleines Dorf giebt, das nicht seine öffentliche Schule besitzt, so giebt
es auch unter diesen Schulen nur wenige, in welchen die Musik
nicht einen Bestandtheil des Elementarunterrichtes ausmacht. Der
Schulmeister fuhrt oftmals keinen andern Namen, als den eines
Cantors d h. eines Kirchensängers, eines Lehrers und Leiters
des Gesanges. In dem protestantischen Theile von Deutschland
ist dieser Gesang, den man den Kindern schon in ihren ersten Jah¬
ren lehrt, kein andrer, als der Eh oral d. h. die Kirchenlieder und
Psalmen, weil nach lutherischem Ritus die ganze Kirchengemeinde
ihre Stimme mit der des Cantors vereinigen soll, um das Lob
Gottes zu singen.
In Baiern, Oesterreich, Böhmen, wo die katholische Religion
die herrschende ist, war die Organisation des Unterrichts früher eine
andere; denn alle Schulen befanden sich in den zahlreichen Klöstern,
von welchen der Boden des Landes bedeckt war. Auch hier ward
Musik-Unterricht ertheilt, und alle Kinder, die eine schöne Stimme
besaßen, wurden zum Kirchenchor zugelassen, wo sie eine mehr in's
Einzelne gehende, weiter vordringende musikalische Erziehung erhielten.
Fast in allen Abteien war jeden Tag Messe, Vesper und Salus
mit Musik. Die meisten Einwohner und Kinder wohnten diesem
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