Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

Besuch der Welt, durch die tägliche Berührung mit der Gesellschaft
wird. Ferner giebt es wohl keinen jungen Mann in den Zwanziger
Jahren, der nicht noch irgend einen Lehrer oder Professor in seinem
Solde hat, sei eS für eine neuere Sprache, sei es für eine Kunst.
Diese Studien, besonders im letzteren Falle (wie Musik, Maleret)
verursachen bedeutende Ausgaben. Die Lectüre, das Studium, die
Literatur, dieser letzte duftende Firniß einer vollständigen Erziehung,
kostet Geld; man muß sich nach und nach eine Bibliothek anschaffen,
man abonnirt auf eine oder die andre literarische oder künstlerische
Zeitschrift.

Amüsement! Ja, da weiß ich weder Maß noch Ziel, denn
dies ist das elastischste Wort, das ich kenne. Amüsiren? Ja, was
versteht man darunter? Theater und Concerte besuchen? Ja daS
ist fast mehr ein Bestandtheil jenes obenerwähnten Complemcnts
unsrer gesellschaftlichen Erziehung. Also Bälle, Gesellschaften,
Reisen? . . ,

Wo soll ich hier eine Grenzlinie finden, die mir erlaubt, eine
bestimmte Zahl anzusetzen. Meine verehrten Leser werden wohl mit
mir einsehen, wie unmöglich hier die mathematische Genauigkeit wird,
deren ich mich in meinen bisherigen Berechnungen beflissen habe.
Um aber zu irgend einem Resultat zu kommen, bleibt mir nur fol¬
gendes Verfahren übrig. Ich will den Totalbetrag aller bisher
sür'S Budget der materiellen Bedürfnisse votirten Summen berechne",
wodurch zugleich der von unsern Lesern vielleicht längst ersehnte
Schluß unsres Artikels herbeigeführt wird. Was dann diese Summe
von der jährlichen Einnahme von 1800 Thalern, die wir als Basis
unsrer Berechnungen gelegt, noch übrig läßt, -- das kann für die
beiden Capitel der Belehrung und des Amüsements verwandt wer¬
den, wenn man nicht noch etwa Prämien für Feuerassecuranz, für
Lebensversicherung in, und Oekonomien für die Zukunft davon ab¬
zuziehen hat.

Schließen wir also unsre Bilanz. Wir hatten angesetzt:


Besuch der Welt, durch die tägliche Berührung mit der Gesellschaft
wird. Ferner giebt es wohl keinen jungen Mann in den Zwanziger
Jahren, der nicht noch irgend einen Lehrer oder Professor in seinem
Solde hat, sei eS für eine neuere Sprache, sei es für eine Kunst.
Diese Studien, besonders im letzteren Falle (wie Musik, Maleret)
verursachen bedeutende Ausgaben. Die Lectüre, das Studium, die
Literatur, dieser letzte duftende Firniß einer vollständigen Erziehung,
kostet Geld; man muß sich nach und nach eine Bibliothek anschaffen,
man abonnirt auf eine oder die andre literarische oder künstlerische
Zeitschrift.

Amüsement! Ja, da weiß ich weder Maß noch Ziel, denn
dies ist das elastischste Wort, das ich kenne. Amüsiren? Ja, was
versteht man darunter? Theater und Concerte besuchen? Ja daS
ist fast mehr ein Bestandtheil jenes obenerwähnten Complemcnts
unsrer gesellschaftlichen Erziehung. Also Bälle, Gesellschaften,
Reisen? . . ,

Wo soll ich hier eine Grenzlinie finden, die mir erlaubt, eine
bestimmte Zahl anzusetzen. Meine verehrten Leser werden wohl mit
mir einsehen, wie unmöglich hier die mathematische Genauigkeit wird,
deren ich mich in meinen bisherigen Berechnungen beflissen habe.
Um aber zu irgend einem Resultat zu kommen, bleibt mir nur fol¬
gendes Verfahren übrig. Ich will den Totalbetrag aller bisher
sür'S Budget der materiellen Bedürfnisse votirten Summen berechne»,
wodurch zugleich der von unsern Lesern vielleicht längst ersehnte
Schluß unsres Artikels herbeigeführt wird. Was dann diese Summe
von der jährlichen Einnahme von 1800 Thalern, die wir als Basis
unsrer Berechnungen gelegt, noch übrig läßt, — das kann für die
beiden Capitel der Belehrung und des Amüsements verwandt wer¬
den, wenn man nicht noch etwa Prämien für Feuerassecuranz, für
Lebensversicherung in, und Oekonomien für die Zukunft davon ab¬
zuziehen hat.

Schließen wir also unsre Bilanz. Wir hatten angesetzt:


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0186" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266803"/>
            <p xml:id="ID_491" prev="#ID_490"> Besuch der Welt, durch die tägliche Berührung mit der Gesellschaft<lb/>
wird. Ferner giebt es wohl keinen jungen Mann in den Zwanziger<lb/>
Jahren, der nicht noch irgend einen Lehrer oder Professor in seinem<lb/>
Solde hat, sei eS für eine neuere Sprache, sei es für eine Kunst.<lb/>
Diese Studien, besonders im letzteren Falle (wie Musik, Maleret)<lb/>
verursachen bedeutende Ausgaben. Die Lectüre, das Studium, die<lb/>
Literatur, dieser letzte duftende Firniß einer vollständigen Erziehung,<lb/>
kostet Geld; man muß sich nach und nach eine Bibliothek anschaffen,<lb/>
man abonnirt auf eine oder die andre literarische oder künstlerische<lb/>
Zeitschrift.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_492"> Amüsement! Ja, da weiß ich weder Maß noch Ziel, denn<lb/>
dies ist das elastischste Wort, das ich kenne. Amüsiren? Ja, was<lb/>
versteht man darunter? Theater und Concerte besuchen? Ja daS<lb/>
ist fast mehr ein Bestandtheil jenes obenerwähnten Complemcnts<lb/>
unsrer gesellschaftlichen Erziehung. Also Bälle, Gesellschaften,<lb/>
Reisen? . . ,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_493"> Wo soll ich hier eine Grenzlinie finden, die mir erlaubt, eine<lb/>
bestimmte Zahl anzusetzen. Meine verehrten Leser werden wohl mit<lb/>
mir einsehen, wie unmöglich hier die mathematische Genauigkeit wird,<lb/>
deren ich mich in meinen bisherigen Berechnungen beflissen habe.<lb/>
Um aber zu irgend einem Resultat zu kommen, bleibt mir nur fol¬<lb/>
gendes Verfahren übrig. Ich will den Totalbetrag aller bisher<lb/>
sür'S Budget der materiellen Bedürfnisse votirten Summen berechne»,<lb/>
wodurch zugleich der von unsern Lesern vielleicht längst ersehnte<lb/>
Schluß unsres Artikels herbeigeführt wird. Was dann diese Summe<lb/>
von der jährlichen Einnahme von 1800 Thalern, die wir als Basis<lb/>
unsrer Berechnungen gelegt, noch übrig läßt, &#x2014; das kann für die<lb/>
beiden Capitel der Belehrung und des Amüsements verwandt wer¬<lb/>
den, wenn man nicht noch etwa Prämien für Feuerassecuranz, für<lb/>
Lebensversicherung in, und Oekonomien für die Zukunft davon ab¬<lb/>
zuziehen hat.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_494"> Schließen wir also unsre Bilanz. Wir hatten angesetzt:</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0186] Besuch der Welt, durch die tägliche Berührung mit der Gesellschaft wird. Ferner giebt es wohl keinen jungen Mann in den Zwanziger Jahren, der nicht noch irgend einen Lehrer oder Professor in seinem Solde hat, sei eS für eine neuere Sprache, sei es für eine Kunst. Diese Studien, besonders im letzteren Falle (wie Musik, Maleret) verursachen bedeutende Ausgaben. Die Lectüre, das Studium, die Literatur, dieser letzte duftende Firniß einer vollständigen Erziehung, kostet Geld; man muß sich nach und nach eine Bibliothek anschaffen, man abonnirt auf eine oder die andre literarische oder künstlerische Zeitschrift. Amüsement! Ja, da weiß ich weder Maß noch Ziel, denn dies ist das elastischste Wort, das ich kenne. Amüsiren? Ja, was versteht man darunter? Theater und Concerte besuchen? Ja daS ist fast mehr ein Bestandtheil jenes obenerwähnten Complemcnts unsrer gesellschaftlichen Erziehung. Also Bälle, Gesellschaften, Reisen? . . , Wo soll ich hier eine Grenzlinie finden, die mir erlaubt, eine bestimmte Zahl anzusetzen. Meine verehrten Leser werden wohl mit mir einsehen, wie unmöglich hier die mathematische Genauigkeit wird, deren ich mich in meinen bisherigen Berechnungen beflissen habe. Um aber zu irgend einem Resultat zu kommen, bleibt mir nur fol¬ gendes Verfahren übrig. Ich will den Totalbetrag aller bisher sür'S Budget der materiellen Bedürfnisse votirten Summen berechne», wodurch zugleich der von unsern Lesern vielleicht längst ersehnte Schluß unsres Artikels herbeigeführt wird. Was dann diese Summe von der jährlichen Einnahme von 1800 Thalern, die wir als Basis unsrer Berechnungen gelegt, noch übrig läßt, — das kann für die beiden Capitel der Belehrung und des Amüsements verwandt wer¬ den, wenn man nicht noch etwa Prämien für Feuerassecuranz, für Lebensversicherung in, und Oekonomien für die Zukunft davon ab¬ zuziehen hat. Schließen wir also unsre Bilanz. Wir hatten angesetzt:

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/186
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/186>, abgerufen am 23.07.2024.