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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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derjenige Theil meiner Leser nichts einzuwenden haben, der alle
meine bisherigen Berechnungen zu chikaniren Lust hätte. Wir wol¬
len also diesen Punkt weiter entwickeln.

Die Unterhaltung der Gesundheit, die man besitzt, erfordert:

Eine vollkommene Reinlichkeit -- also wenigstens ein Bad
wöchentlich und tägliche Flußbäder im Sommer. Ferner ist nöthig,
daß man trinke, wenn man Durst hat, -- esse, wenn man hungrig
ist, -- sich erfrische, wenn man erhitzt ist, - sich erwärme, wenn
man friert. Um nun das körperliche Gleichgewicht in solchen Be¬
ziehungen herzustellen, giebt es eine Menge Orte, wohin man sich
begeben kann, wenn man nicht gerade in seine eigene Behausung
gehen will: man geht freilich in jene Anstalten, die Kaffeehäuser,
Conditoreien, Estaminets u. s. w. heißen, zuweilen auch, ohne daß
unser Körper einer Wiederherstellung des Gleichgewichts bedarf, und
derangirt dasselbe im Gegentheil dadurch ... das geht uns aber
hier nichts an.

Die Nothwendigkeit, sich durch körperliche Uebungen in gutem
Gesundheitszustand zu erhalten, wird nun den Einen oder den An¬
dern aus meinem werthen Leserkreise bewegen, entweder täglich eine
Stunde auszureiten, oder eine Stunde den Fechtboden zu besuchen,
oder zu schwimmen und was dergleichen Ercrcitien mehr sind.

Alle diese Dinge nun veranlassen zu Ausgaben, deren Berech¬
nung schwierig ist, die wir jedoch versuchen wollen. Im Sommer
Abends ein Glas Eis oder Sorbet, im Winter einige Flaschen Bier
oder eine halbe Flasche Wein; nach Tisch zur Beförderung der Ver¬
dauung ein Glas Zuckerwasser oder eine Tasse Caffee, nebst einer
Cigarre; vor Tisch, um den Appetit zu reizen, ein kleiner Bittrer;
ein Paar Pastetchen beim Conditor, um eine gewisse sich bemerkbar
machende Leere des Magens zwischen einer Mahlzeit und der an¬
dern auszufüllen, sodann eine Stunde in der Reitbahn oder auf dem
Fechtboden oder in der Schwimmschule, -- das Alles etwa zu 18 Thalern
monatlich berechnet, ist wohl nicht zu viel. Und ist die Summe
selbst für die Erhaltung der lieben Gesundheit etwa zu stark? Doch
auch nicht. Die liebe Gesundheit kostet also in ihrem normalen
Zustande und um diesen zu erhalten, täglich 18 Silbergroschen oder
stündlich........9 Pfennige.

Trotz all dieser Ausgaben, -- oder vielleicht zum Theil wegen


derjenige Theil meiner Leser nichts einzuwenden haben, der alle
meine bisherigen Berechnungen zu chikaniren Lust hätte. Wir wol¬
len also diesen Punkt weiter entwickeln.

Die Unterhaltung der Gesundheit, die man besitzt, erfordert:

Eine vollkommene Reinlichkeit — also wenigstens ein Bad
wöchentlich und tägliche Flußbäder im Sommer. Ferner ist nöthig,
daß man trinke, wenn man Durst hat, — esse, wenn man hungrig
ist, — sich erfrische, wenn man erhitzt ist, - sich erwärme, wenn
man friert. Um nun das körperliche Gleichgewicht in solchen Be¬
ziehungen herzustellen, giebt es eine Menge Orte, wohin man sich
begeben kann, wenn man nicht gerade in seine eigene Behausung
gehen will: man geht freilich in jene Anstalten, die Kaffeehäuser,
Conditoreien, Estaminets u. s. w. heißen, zuweilen auch, ohne daß
unser Körper einer Wiederherstellung des Gleichgewichts bedarf, und
derangirt dasselbe im Gegentheil dadurch ... das geht uns aber
hier nichts an.

Die Nothwendigkeit, sich durch körperliche Uebungen in gutem
Gesundheitszustand zu erhalten, wird nun den Einen oder den An¬
dern aus meinem werthen Leserkreise bewegen, entweder täglich eine
Stunde auszureiten, oder eine Stunde den Fechtboden zu besuchen,
oder zu schwimmen und was dergleichen Ercrcitien mehr sind.

Alle diese Dinge nun veranlassen zu Ausgaben, deren Berech¬
nung schwierig ist, die wir jedoch versuchen wollen. Im Sommer
Abends ein Glas Eis oder Sorbet, im Winter einige Flaschen Bier
oder eine halbe Flasche Wein; nach Tisch zur Beförderung der Ver¬
dauung ein Glas Zuckerwasser oder eine Tasse Caffee, nebst einer
Cigarre; vor Tisch, um den Appetit zu reizen, ein kleiner Bittrer;
ein Paar Pastetchen beim Conditor, um eine gewisse sich bemerkbar
machende Leere des Magens zwischen einer Mahlzeit und der an¬
dern auszufüllen, sodann eine Stunde in der Reitbahn oder auf dem
Fechtboden oder in der Schwimmschule, — das Alles etwa zu 18 Thalern
monatlich berechnet, ist wohl nicht zu viel. Und ist die Summe
selbst für die Erhaltung der lieben Gesundheit etwa zu stark? Doch
auch nicht. Die liebe Gesundheit kostet also in ihrem normalen
Zustande und um diesen zu erhalten, täglich 18 Silbergroschen oder
stündlich........9 Pfennige.

Trotz all dieser Ausgaben, — oder vielleicht zum Theil wegen


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[0184] derjenige Theil meiner Leser nichts einzuwenden haben, der alle meine bisherigen Berechnungen zu chikaniren Lust hätte. Wir wol¬ len also diesen Punkt weiter entwickeln. Die Unterhaltung der Gesundheit, die man besitzt, erfordert: Eine vollkommene Reinlichkeit — also wenigstens ein Bad wöchentlich und tägliche Flußbäder im Sommer. Ferner ist nöthig, daß man trinke, wenn man Durst hat, — esse, wenn man hungrig ist, — sich erfrische, wenn man erhitzt ist, - sich erwärme, wenn man friert. Um nun das körperliche Gleichgewicht in solchen Be¬ ziehungen herzustellen, giebt es eine Menge Orte, wohin man sich begeben kann, wenn man nicht gerade in seine eigene Behausung gehen will: man geht freilich in jene Anstalten, die Kaffeehäuser, Conditoreien, Estaminets u. s. w. heißen, zuweilen auch, ohne daß unser Körper einer Wiederherstellung des Gleichgewichts bedarf, und derangirt dasselbe im Gegentheil dadurch ... das geht uns aber hier nichts an. Die Nothwendigkeit, sich durch körperliche Uebungen in gutem Gesundheitszustand zu erhalten, wird nun den Einen oder den An¬ dern aus meinem werthen Leserkreise bewegen, entweder täglich eine Stunde auszureiten, oder eine Stunde den Fechtboden zu besuchen, oder zu schwimmen und was dergleichen Ercrcitien mehr sind. Alle diese Dinge nun veranlassen zu Ausgaben, deren Berech¬ nung schwierig ist, die wir jedoch versuchen wollen. Im Sommer Abends ein Glas Eis oder Sorbet, im Winter einige Flaschen Bier oder eine halbe Flasche Wein; nach Tisch zur Beförderung der Ver¬ dauung ein Glas Zuckerwasser oder eine Tasse Caffee, nebst einer Cigarre; vor Tisch, um den Appetit zu reizen, ein kleiner Bittrer; ein Paar Pastetchen beim Conditor, um eine gewisse sich bemerkbar machende Leere des Magens zwischen einer Mahlzeit und der an¬ dern auszufüllen, sodann eine Stunde in der Reitbahn oder auf dem Fechtboden oder in der Schwimmschule, — das Alles etwa zu 18 Thalern monatlich berechnet, ist wohl nicht zu viel. Und ist die Summe selbst für die Erhaltung der lieben Gesundheit etwa zu stark? Doch auch nicht. Die liebe Gesundheit kostet also in ihrem normalen Zustande und um diesen zu erhalten, täglich 18 Silbergroschen oder stündlich........9 Pfennige. Trotz all dieser Ausgaben, — oder vielleicht zum Theil wegen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/184>, abgerufen am 23.07.2024.