Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

Regenschirm versehen zu sein. Diese und noch manche andere Uebel¬
stände berechtigen also zu dem Schluß, daß kein Gar^-on, der anstän¬
dig seinen Kops, bedeckt haben will, weniger als die oben angegeben"
Zahl von vier Hüten haben darf, worunter dann einer grau, weiß
oder sonst nach Belieben sein kann. So sind mir also für Hüte
15 Thaler jährlich zugestanden.

Nun bitte ich, mir zu sagen, ob Jemand es für eine übertrie¬
bene Forderung hält, wenn ich für Käppchen, Reisemützen u.s.w., mit
einem Worte, für alle Arten Kopfbedeckungen im Hause, oder, wo man
vom Hute incommodirt wird, noch 3 Thaler jährlich verlange? Ge¬
wiß nicht zu viel, also in Summa sür Kopfbedeckungen jährlich
18 Thaler, macht monatlich 1^ Thaler, täglich 1^ Silbergroschen;
für die Stunde müßten wir hier einen bloßen Pfennigbruch ansetzen:
wir wollen also warten, bis der nächste Betrag uns zu ganzen
Pfennigen verhilft, um so mehr, da wir vorher noch einer Einwen¬
dung begegnen müssen, die man gegen dieses Kapitel unseres Bud¬
gets zu erheben nicht unterlassen wird. Man kann mir nämlich
einwerfen, da ich sür den Tag 24 Stunden annehme, man aber
wenigstens während eines Drittels dieser Zeit seiner Kopfbedeckung
sich nicht bedient; -- denn etwaige Schlafmützen gehören unter das
Kapitel: Leibwäsche -- so müßte ich die Basis meiner Berechnung
ändern. Sehr scharfsinnig und wahr, dem Anschein nach, und in
Wahrheit doch falsch ; denn, wenn wir auch zugestehen müssen, daß
wir während unseres Schlafes weder Hut noch Käppchen brauchen,
so wird jeder aufmerksame Leser uns dagegen Recht geben, wenn
wir behaupte!?, daß die in Rede stehenden Gegenstände in den Ecken,
in die man sie hinwirft, auf oder unter den Meubles, wo man sie
dem Staube aussetzt, eben so viel leiden und um eben so viel sich
verschlechtern und daß ihr Dienstalter, das sie zu endlichem Ruhestand
berechtigt, während sie im Staube rollen, eben so fortschreitet, als
wenn sie unsere Häupter bedeckten.

. Ohne den Kopf zu verlassen, haben wir unter dem Hute die
Haare, folglich ihre Abmähung und Frisur zu besprechen. Etwas
weiter unten haben wir dann den Bart. Bei diesen beiden Gegen¬
ständen, besonders aber bei letzterem, ist eigentlich das Nichtdasein
kostspieliger als das Dasein.

Doch zur Sache. Wer von seinem Barbier sorgsam bedient


Regenschirm versehen zu sein. Diese und noch manche andere Uebel¬
stände berechtigen also zu dem Schluß, daß kein Gar^-on, der anstän¬
dig seinen Kops, bedeckt haben will, weniger als die oben angegeben«
Zahl von vier Hüten haben darf, worunter dann einer grau, weiß
oder sonst nach Belieben sein kann. So sind mir also für Hüte
15 Thaler jährlich zugestanden.

Nun bitte ich, mir zu sagen, ob Jemand es für eine übertrie¬
bene Forderung hält, wenn ich für Käppchen, Reisemützen u.s.w., mit
einem Worte, für alle Arten Kopfbedeckungen im Hause, oder, wo man
vom Hute incommodirt wird, noch 3 Thaler jährlich verlange? Ge¬
wiß nicht zu viel, also in Summa sür Kopfbedeckungen jährlich
18 Thaler, macht monatlich 1^ Thaler, täglich 1^ Silbergroschen;
für die Stunde müßten wir hier einen bloßen Pfennigbruch ansetzen:
wir wollen also warten, bis der nächste Betrag uns zu ganzen
Pfennigen verhilft, um so mehr, da wir vorher noch einer Einwen¬
dung begegnen müssen, die man gegen dieses Kapitel unseres Bud¬
gets zu erheben nicht unterlassen wird. Man kann mir nämlich
einwerfen, da ich sür den Tag 24 Stunden annehme, man aber
wenigstens während eines Drittels dieser Zeit seiner Kopfbedeckung
sich nicht bedient; — denn etwaige Schlafmützen gehören unter das
Kapitel: Leibwäsche — so müßte ich die Basis meiner Berechnung
ändern. Sehr scharfsinnig und wahr, dem Anschein nach, und in
Wahrheit doch falsch ; denn, wenn wir auch zugestehen müssen, daß
wir während unseres Schlafes weder Hut noch Käppchen brauchen,
so wird jeder aufmerksame Leser uns dagegen Recht geben, wenn
wir behaupte!?, daß die in Rede stehenden Gegenstände in den Ecken,
in die man sie hinwirft, auf oder unter den Meubles, wo man sie
dem Staube aussetzt, eben so viel leiden und um eben so viel sich
verschlechtern und daß ihr Dienstalter, das sie zu endlichem Ruhestand
berechtigt, während sie im Staube rollen, eben so fortschreitet, als
wenn sie unsere Häupter bedeckten.

. Ohne den Kopf zu verlassen, haben wir unter dem Hute die
Haare, folglich ihre Abmähung und Frisur zu besprechen. Etwas
weiter unten haben wir dann den Bart. Bei diesen beiden Gegen¬
ständen, besonders aber bei letzterem, ist eigentlich das Nichtdasein
kostspieliger als das Dasein.

Doch zur Sache. Wer von seinem Barbier sorgsam bedient


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0178" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266795"/>
            <p xml:id="ID_458" prev="#ID_457"> Regenschirm versehen zu sein. Diese und noch manche andere Uebel¬<lb/>
stände berechtigen also zu dem Schluß, daß kein Gar^-on, der anstän¬<lb/>
dig seinen Kops, bedeckt haben will, weniger als die oben angegeben«<lb/>
Zahl von vier Hüten haben darf, worunter dann einer grau, weiß<lb/>
oder sonst nach Belieben sein kann. So sind mir also für Hüte<lb/>
15 Thaler jährlich zugestanden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_459"> Nun bitte ich, mir zu sagen, ob Jemand es für eine übertrie¬<lb/>
bene Forderung hält, wenn ich für Käppchen, Reisemützen u.s.w., mit<lb/>
einem Worte, für alle Arten Kopfbedeckungen im Hause, oder, wo man<lb/>
vom Hute incommodirt wird, noch 3 Thaler jährlich verlange? Ge¬<lb/>
wiß nicht zu viel, also in Summa sür Kopfbedeckungen jährlich<lb/>
18 Thaler, macht monatlich 1^ Thaler, täglich 1^ Silbergroschen;<lb/>
für die Stunde müßten wir hier einen bloßen Pfennigbruch ansetzen:<lb/>
wir wollen also warten, bis der nächste Betrag uns zu ganzen<lb/>
Pfennigen verhilft, um so mehr, da wir vorher noch einer Einwen¬<lb/>
dung begegnen müssen, die man gegen dieses Kapitel unseres Bud¬<lb/>
gets zu erheben nicht unterlassen wird. Man kann mir nämlich<lb/>
einwerfen, da ich sür den Tag 24 Stunden annehme, man aber<lb/>
wenigstens während eines Drittels dieser Zeit seiner Kopfbedeckung<lb/>
sich nicht bedient; &#x2014; denn etwaige Schlafmützen gehören unter das<lb/>
Kapitel: Leibwäsche &#x2014; so müßte ich die Basis meiner Berechnung<lb/>
ändern. Sehr scharfsinnig und wahr, dem Anschein nach, und in<lb/>
Wahrheit doch falsch ; denn, wenn wir auch zugestehen müssen, daß<lb/>
wir während unseres Schlafes weder Hut noch Käppchen brauchen,<lb/>
so wird jeder aufmerksame Leser uns dagegen Recht geben, wenn<lb/>
wir behaupte!?, daß die in Rede stehenden Gegenstände in den Ecken,<lb/>
in die man sie hinwirft, auf oder unter den Meubles, wo man sie<lb/>
dem Staube aussetzt, eben so viel leiden und um eben so viel sich<lb/>
verschlechtern und daß ihr Dienstalter, das sie zu endlichem Ruhestand<lb/>
berechtigt, während sie im Staube rollen, eben so fortschreitet, als<lb/>
wenn sie unsere Häupter bedeckten.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_460"> . Ohne den Kopf zu verlassen, haben wir unter dem Hute die<lb/>
Haare, folglich ihre Abmähung und Frisur zu besprechen. Etwas<lb/>
weiter unten haben wir dann den Bart. Bei diesen beiden Gegen¬<lb/>
ständen, besonders aber bei letzterem, ist eigentlich das Nichtdasein<lb/>
kostspieliger als das Dasein.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_461" next="#ID_462"> Doch zur Sache.  Wer von seinem Barbier sorgsam bedient</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0178] Regenschirm versehen zu sein. Diese und noch manche andere Uebel¬ stände berechtigen also zu dem Schluß, daß kein Gar^-on, der anstän¬ dig seinen Kops, bedeckt haben will, weniger als die oben angegeben« Zahl von vier Hüten haben darf, worunter dann einer grau, weiß oder sonst nach Belieben sein kann. So sind mir also für Hüte 15 Thaler jährlich zugestanden. Nun bitte ich, mir zu sagen, ob Jemand es für eine übertrie¬ bene Forderung hält, wenn ich für Käppchen, Reisemützen u.s.w., mit einem Worte, für alle Arten Kopfbedeckungen im Hause, oder, wo man vom Hute incommodirt wird, noch 3 Thaler jährlich verlange? Ge¬ wiß nicht zu viel, also in Summa sür Kopfbedeckungen jährlich 18 Thaler, macht monatlich 1^ Thaler, täglich 1^ Silbergroschen; für die Stunde müßten wir hier einen bloßen Pfennigbruch ansetzen: wir wollen also warten, bis der nächste Betrag uns zu ganzen Pfennigen verhilft, um so mehr, da wir vorher noch einer Einwen¬ dung begegnen müssen, die man gegen dieses Kapitel unseres Bud¬ gets zu erheben nicht unterlassen wird. Man kann mir nämlich einwerfen, da ich sür den Tag 24 Stunden annehme, man aber wenigstens während eines Drittels dieser Zeit seiner Kopfbedeckung sich nicht bedient; — denn etwaige Schlafmützen gehören unter das Kapitel: Leibwäsche — so müßte ich die Basis meiner Berechnung ändern. Sehr scharfsinnig und wahr, dem Anschein nach, und in Wahrheit doch falsch ; denn, wenn wir auch zugestehen müssen, daß wir während unseres Schlafes weder Hut noch Käppchen brauchen, so wird jeder aufmerksame Leser uns dagegen Recht geben, wenn wir behaupte!?, daß die in Rede stehenden Gegenstände in den Ecken, in die man sie hinwirft, auf oder unter den Meubles, wo man sie dem Staube aussetzt, eben so viel leiden und um eben so viel sich verschlechtern und daß ihr Dienstalter, das sie zu endlichem Ruhestand berechtigt, während sie im Staube rollen, eben so fortschreitet, als wenn sie unsere Häupter bedeckten. . Ohne den Kopf zu verlassen, haben wir unter dem Hute die Haare, folglich ihre Abmähung und Frisur zu besprechen. Etwas weiter unten haben wir dann den Bart. Bei diesen beiden Gegen¬ ständen, besonders aber bei letzterem, ist eigentlich das Nichtdasein kostspieliger als das Dasein. Doch zur Sache. Wer von seinem Barbier sorgsam bedient

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/178
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/178>, abgerufen am 23.07.2024.