Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.villetheatcr bst einen wunderbaren Anblick den Tag nach der Wahl: grüne villetheatcr bst einen wunderbaren Anblick den Tag nach der Wahl: grüne <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0155" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/266772"/> <p xml:id="ID_379" prev="#ID_378" next="#ID_380"> villetheatcr bst einen wunderbaren Anblick den Tag nach der Wahl: grüne<lb/> Froschgesichter überall Sind doch fünf der Ihrigen auf's Trockene gekommen:<lb/> fünf Bankiers mit konservativen Geldsäcken. Und darunter Fould, Benoit<lb/> Fould, der große Eisenvahnseind, der conservative Freund der langsamen Fvrt-<lb/> schrittswege. Zwar hat man seinen Bruder gewählt, den Achill „mit den un¬<lb/> nahbaren Händen;" aber Achilles Fould hat mit seinem großen griechischen Na¬<lb/> mensbruder das gemein, daß auch er an einer Stelle sterblich ist; leider ist es<lb/> nicht die Ferse, sondern die Zunge. Der neue ministerielle Deputirte aus dem<lb/> dem Stamm der Mos-nten (dieses Wort wurde in Dänemark erfunden; Mosaiken<lb/> statt Juden ist eine großartige Erfindung, die eines Privilegiums auf30 Jahre<lb/> werth ist) hat den kleinen Fehler, daß er stottert und bei jedem Worte mit<lb/> der Zunge anstößt: das Ministerium scheint jedoch daran keinen Anstoß genom¬<lb/> men zu haben; denn ihm ist es weniger darum zu thun, daß man spreche,<lb/> als daß man schweige. Herr Achilles Fould wird es ganz Frankreich beweisen, wie<lb/> Unrecht man seinen Glaubensgenossen thut, wenn man sie anklagt, überall das<lb/> große Wort führen zu wollen: er wird vielmehr als ein Muster der Schweig¬<lb/> samkeit mit dem heiligen Johannes von Nepomuk concurriren. Ob sein neu<lb/> erwählter College und Glaubensgenosse, Herr Cerfbecr, auch in die Kammer<lb/> als Papageno mit dem Schloß am Munde und dem ewigen dem, dem tre¬<lb/> ten wird, ist noch nicht vorauszusagen: das Programm, das Herr Cerfbeer den<lb/> Wählern vorlegte, ist so unarticulirt gewesen, daß beide Parteien ihn zu den<lb/> Ihrigen zählten: die Conservativen und die Opposition, beide nennen unter<lb/> den, neuerwählten Deputirten ihrer Meinung Herrn Cerfbecr. Da der neue<lb/> Deputirte einen zusammengesetzten Namen führt, so wird er denselben wahr¬<lb/> scheinlich so zu theilen wissen, daß er der einen Partei den Cerf, der andern<lb/> den Bären anhängen wird. Die Cerfbeers bestehen, wie die Meyerbeers, aus<lb/> drei Brüdern; der eine, jetzt zum Deputirten erwählt, ist Oberstlieutenant und<lb/> Bureauchef im Kriegsministcrio; der zweite ist Sous-Intendant, gleichfalls<lb/> beim Militair, und der dritte endlich ist Schriftsteller und der famose Ueber-<lb/> setzer der Kinderschriften unseres Canonicus von Schmid. „Die Ostereier, wie<lb/> Heinrich von Eichenfels zur Erkenntniß Gottes kam, und die Geschichte der<lb/> heiligen Genoveva" werden durch eine israelitische Feder,'dem jungen Thronerben<lb/> von Frankreich (die Uebersetzungen sind dem Grafen von Paris gewidmet) dio<lb/> Principien des katholischen Glaubens einflößen; was eine sichere Garantie sei¬<lb/> nes Kosmopolitismus ist. Es ist dies eine Vorsichtsmaßregel, welche die<lb/> französischen Juden anwenden, damit, wenn dieser junge Prinz zur Regierung<lb/> kommt, er nicht aus Hochachtung für die alte Religion und die mannigfalli-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0155]
villetheatcr bst einen wunderbaren Anblick den Tag nach der Wahl: grüne
Froschgesichter überall Sind doch fünf der Ihrigen auf's Trockene gekommen:
fünf Bankiers mit konservativen Geldsäcken. Und darunter Fould, Benoit
Fould, der große Eisenvahnseind, der conservative Freund der langsamen Fvrt-
schrittswege. Zwar hat man seinen Bruder gewählt, den Achill „mit den un¬
nahbaren Händen;" aber Achilles Fould hat mit seinem großen griechischen Na¬
mensbruder das gemein, daß auch er an einer Stelle sterblich ist; leider ist es
nicht die Ferse, sondern die Zunge. Der neue ministerielle Deputirte aus dem
dem Stamm der Mos-nten (dieses Wort wurde in Dänemark erfunden; Mosaiken
statt Juden ist eine großartige Erfindung, die eines Privilegiums auf30 Jahre
werth ist) hat den kleinen Fehler, daß er stottert und bei jedem Worte mit
der Zunge anstößt: das Ministerium scheint jedoch daran keinen Anstoß genom¬
men zu haben; denn ihm ist es weniger darum zu thun, daß man spreche,
als daß man schweige. Herr Achilles Fould wird es ganz Frankreich beweisen, wie
Unrecht man seinen Glaubensgenossen thut, wenn man sie anklagt, überall das
große Wort führen zu wollen: er wird vielmehr als ein Muster der Schweig¬
samkeit mit dem heiligen Johannes von Nepomuk concurriren. Ob sein neu
erwählter College und Glaubensgenosse, Herr Cerfbecr, auch in die Kammer
als Papageno mit dem Schloß am Munde und dem ewigen dem, dem tre¬
ten wird, ist noch nicht vorauszusagen: das Programm, das Herr Cerfbeer den
Wählern vorlegte, ist so unarticulirt gewesen, daß beide Parteien ihn zu den
Ihrigen zählten: die Conservativen und die Opposition, beide nennen unter
den, neuerwählten Deputirten ihrer Meinung Herrn Cerfbecr. Da der neue
Deputirte einen zusammengesetzten Namen führt, so wird er denselben wahr¬
scheinlich so zu theilen wissen, daß er der einen Partei den Cerf, der andern
den Bären anhängen wird. Die Cerfbeers bestehen, wie die Meyerbeers, aus
drei Brüdern; der eine, jetzt zum Deputirten erwählt, ist Oberstlieutenant und
Bureauchef im Kriegsministcrio; der zweite ist Sous-Intendant, gleichfalls
beim Militair, und der dritte endlich ist Schriftsteller und der famose Ueber-
setzer der Kinderschriften unseres Canonicus von Schmid. „Die Ostereier, wie
Heinrich von Eichenfels zur Erkenntniß Gottes kam, und die Geschichte der
heiligen Genoveva" werden durch eine israelitische Feder,'dem jungen Thronerben
von Frankreich (die Uebersetzungen sind dem Grafen von Paris gewidmet) dio
Principien des katholischen Glaubens einflößen; was eine sichere Garantie sei¬
nes Kosmopolitismus ist. Es ist dies eine Vorsichtsmaßregel, welche die
französischen Juden anwenden, damit, wenn dieser junge Prinz zur Regierung
kommt, er nicht aus Hochachtung für die alte Religion und die mannigfalli-
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