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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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"und aus Furcht, es möchte mit diesem Königreiche gehen wie mit
"England, Dänemark und Schweden, in welchen Ländern nach dem
"Beispiel der Herrscher auch die Völker die katholische Religion
"abgeschworen hatten. Daher muß ihm das katholische Frankreich
"für die Truppen und das Geld, welches er zur Unterstützung der
"Ligue verwandt, großen Dank wissen, weil ohne ihn König
"Heinrich IV. vielleicht nie in den Schooß der römischen Kirche
"gekommen wäre..... Jedoch kann man nicht umhin, einzuge--
"stehen, daß er in der Folge den Eifer, mit dem er sich für die
"Ligue erklärt, verdunkelt hat, indem er sich zu sehr bestrebte, seiner
"Tochter Elisabeth Clara Eugenie die Krone Frankreichs auf's
"Haupt zu setzen, entweder durch Geltendmachung des eingebildeten
"Rechts der Mutter dieser Prinzessin oder durch ihre Vermählung
"mit dem Prinzen, der bestimmt war, dereinst diese Krone zu
"tragen." ....

"Wer weiß nicht," sagt der Bischof von Namur, Jakob Bla-
sens in seiner am letzten Tage des JahreS 1598 in der Se. Gudula-
Kirche zu Brüssel gehaltenen Leichenpredigt auf Philipp
II. -- "Wer weiß eS nicht, daß die allerchristlichsten Könige von
Frankreich schon lange den ruchlosen, vatermörderischen Waffen ihrer
rebellischen hugenottischen Unterthanen erlegen wären, wenn nicht
dieser Monarch ihnen zu Hilfe gekommen wäre, ohne hierin etwas
zu sparen? Es bezeugen dies die Tage von Dreur, von Se. Denis,
von Moncontour, die Belagerung von Castel-Hvrauld, um Poitiers
zu entsetzen! Zeugen sind dessen die erlauchten Herren Grasen von




Anm. d. Red.
*) Obgleich dieses Stück in dem schlechten, schwülstigen Geschmack jener Zeit
geschrieben ist, so theilen wir doch mehrere Stellen desselben mit, weil es ein
zeitgenössisches Zeugniß ablegt von dem Urtheil, das man damals in Belgien
über Philipp II. fällte, und we.it es, trotz der überladenen Sprache und des
schwerfälligen Styls und mancher rednerischen Uebertreibungen, doch viele sehr
richtige Bemerkungen über den Charakter und das Leben dieses Fürsten ent¬
hä Anm. d. Verf. lt.
Wir unserer Seits haben dies Stück unsern Lesern um so weniger vor¬
enthalten zu dürfen geglaubt, da es überaus selten ist und in Deutschland bis¬
her gewiß nur sehr Wenigen bekannt war.

„und aus Furcht, es möchte mit diesem Königreiche gehen wie mit
„England, Dänemark und Schweden, in welchen Ländern nach dem
„Beispiel der Herrscher auch die Völker die katholische Religion
„abgeschworen hatten. Daher muß ihm das katholische Frankreich
„für die Truppen und das Geld, welches er zur Unterstützung der
„Ligue verwandt, großen Dank wissen, weil ohne ihn König
„Heinrich IV. vielleicht nie in den Schooß der römischen Kirche
„gekommen wäre..... Jedoch kann man nicht umhin, einzuge--
„stehen, daß er in der Folge den Eifer, mit dem er sich für die
„Ligue erklärt, verdunkelt hat, indem er sich zu sehr bestrebte, seiner
„Tochter Elisabeth Clara Eugenie die Krone Frankreichs auf's
„Haupt zu setzen, entweder durch Geltendmachung des eingebildeten
„Rechts der Mutter dieser Prinzessin oder durch ihre Vermählung
„mit dem Prinzen, der bestimmt war, dereinst diese Krone zu
„tragen." ....

„Wer weiß nicht," sagt der Bischof von Namur, Jakob Bla-
sens in seiner am letzten Tage des JahreS 1598 in der Se. Gudula-
Kirche zu Brüssel gehaltenen Leichenpredigt auf Philipp
II. — „Wer weiß eS nicht, daß die allerchristlichsten Könige von
Frankreich schon lange den ruchlosen, vatermörderischen Waffen ihrer
rebellischen hugenottischen Unterthanen erlegen wären, wenn nicht
dieser Monarch ihnen zu Hilfe gekommen wäre, ohne hierin etwas
zu sparen? Es bezeugen dies die Tage von Dreur, von Se. Denis,
von Moncontour, die Belagerung von Castel-Hvrauld, um Poitiers
zu entsetzen! Zeugen sind dessen die erlauchten Herren Grasen von




Anm. d. Red.
*) Obgleich dieses Stück in dem schlechten, schwülstigen Geschmack jener Zeit
geschrieben ist, so theilen wir doch mehrere Stellen desselben mit, weil es ein
zeitgenössisches Zeugniß ablegt von dem Urtheil, das man damals in Belgien
über Philipp II. fällte, und we.it es, trotz der überladenen Sprache und des
schwerfälligen Styls und mancher rednerischen Uebertreibungen, doch viele sehr
richtige Bemerkungen über den Charakter und das Leben dieses Fürsten ent¬
hä Anm. d. Verf. lt.
Wir unserer Seits haben dies Stück unsern Lesern um so weniger vor¬
enthalten zu dürfen geglaubt, da es überaus selten ist und in Deutschland bis¬
her gewiß nur sehr Wenigen bekannt war.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/145>, abgerufen am 23.07.2024.