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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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"young): "einen sa n se e n und von Natur gutmüthigen Fürsten."
"Lanoue, ein eifriger Calvinist, versichert, daß Se. katholische Maje¬
stät "begabt war mit einer großen Sanftmuth und täglich Ve¬
rweise davon ablegte." Man vergleiche nun alle diese Lobeserhe¬
bungen mit den fürchterlichen Anklagen, die der Fürst von Oranien
in seiner Apologie gegen Philipp erhebt und dann frage man
sich, wo die Wahrheit ist? Denn es ist durch Thatsachen erwiesen,
daß er sehr häufig Beweise von Seelengröße, selbst von Menschlich¬
keit gab. Ich will hier einige ohne alle Auswahl anführen. Die
junge Elisabeth von England, die sich später als seine Todfeindin
zeigte, wäre als Opfer des Mißtrauens der Königin Maria gefallen,
wäre nicht die gewichtige Dazwischenkunft Philipps II. gewesen,
der bei seiner Gemahlin sich ihre Gnade ausbat. Bei der Einnahme
von Se. Quentin that er Alles, was in seinen Kräften stand, um
den Einwohnern die Gräuel einer Plünderung zu ersparen, eine Art
von Mäßigung, die zu jener Zeit überaus selten war. Aus seiner
Korrespondenz mit Margarethe von Parma, der Regentin der Nie¬
derlande, ersieht man, daß er Noircarmes, dem Gouverneur des
Hennegau, nicht erlauben wollte, Valenciennes gewaltsam zu erobern,
obgleich es voll protestantischer Rebellen war, weil er die Folgen
eines Sturmes fürchtete, unter welchen die Unschuldigen und Schul¬
digen in gleichem Maße leiden könnten. Zwar wurde Valenciennes
doch erstürmt, aber in Folge ausdrücklicher Befehle deö Königs
fanden weder Niedermctzlungen noch Plünderungen, noch irgend
Beleidigungen gegen die Besiegten Statt."

"Leti, der das Leben dieses Fürsten im Allgemeinen mit sehr
"vieler Strenge beschrieben hat, entwirft folgendes Gemälde von
"seiner Regierung, das mit dem heutigen konstitutionellen Spanien
"zu vergleichen wohl von nicht geringem Interesse wäre. "Mitten
"unter den Kriegen, welche die Christenheit zerfleischten, waren es
"Spanien und die Besitzungen des katholischen Königs allein, die
"durch die Sorgfalt und den Muth dieses Monarchen eines tiefen
"Friedens genossen. Es herrschte daselbst eine so große Sicherheit,
"daß man nicht bloß am hellen Mittag, sondern auch um Mitter¬
nacht eine Börse in offener Hand tragen konnte, ohne die Räuber
"zu fürchten. Die andern Nationen, weit entfernt, sich eines ähn¬
lichen Glückes rühmen zu können, befanden sich in einem unsäglich


„young): „einen sa n se e n und von Natur gutmüthigen Fürsten."
„Lanoue, ein eifriger Calvinist, versichert, daß Se. katholische Maje¬
stät „begabt war mit einer großen Sanftmuth und täglich Ve¬
rweise davon ablegte." Man vergleiche nun alle diese Lobeserhe¬
bungen mit den fürchterlichen Anklagen, die der Fürst von Oranien
in seiner Apologie gegen Philipp erhebt und dann frage man
sich, wo die Wahrheit ist? Denn es ist durch Thatsachen erwiesen,
daß er sehr häufig Beweise von Seelengröße, selbst von Menschlich¬
keit gab. Ich will hier einige ohne alle Auswahl anführen. Die
junge Elisabeth von England, die sich später als seine Todfeindin
zeigte, wäre als Opfer des Mißtrauens der Königin Maria gefallen,
wäre nicht die gewichtige Dazwischenkunft Philipps II. gewesen,
der bei seiner Gemahlin sich ihre Gnade ausbat. Bei der Einnahme
von Se. Quentin that er Alles, was in seinen Kräften stand, um
den Einwohnern die Gräuel einer Plünderung zu ersparen, eine Art
von Mäßigung, die zu jener Zeit überaus selten war. Aus seiner
Korrespondenz mit Margarethe von Parma, der Regentin der Nie¬
derlande, ersieht man, daß er Noircarmes, dem Gouverneur des
Hennegau, nicht erlauben wollte, Valenciennes gewaltsam zu erobern,
obgleich es voll protestantischer Rebellen war, weil er die Folgen
eines Sturmes fürchtete, unter welchen die Unschuldigen und Schul¬
digen in gleichem Maße leiden könnten. Zwar wurde Valenciennes
doch erstürmt, aber in Folge ausdrücklicher Befehle deö Königs
fanden weder Niedermctzlungen noch Plünderungen, noch irgend
Beleidigungen gegen die Besiegten Statt."

„Leti, der das Leben dieses Fürsten im Allgemeinen mit sehr
„vieler Strenge beschrieben hat, entwirft folgendes Gemälde von
„seiner Regierung, das mit dem heutigen konstitutionellen Spanien
„zu vergleichen wohl von nicht geringem Interesse wäre. „Mitten
„unter den Kriegen, welche die Christenheit zerfleischten, waren es
„Spanien und die Besitzungen des katholischen Königs allein, die
„durch die Sorgfalt und den Muth dieses Monarchen eines tiefen
„Friedens genossen. Es herrschte daselbst eine so große Sicherheit,
„daß man nicht bloß am hellen Mittag, sondern auch um Mitter¬
nacht eine Börse in offener Hand tragen konnte, ohne die Räuber
„zu fürchten. Die andern Nationen, weit entfernt, sich eines ähn¬
lichen Glückes rühmen zu können, befanden sich in einem unsäglich


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[0142] „young): „einen sa n se e n und von Natur gutmüthigen Fürsten." „Lanoue, ein eifriger Calvinist, versichert, daß Se. katholische Maje¬ stät „begabt war mit einer großen Sanftmuth und täglich Ve¬ rweise davon ablegte." Man vergleiche nun alle diese Lobeserhe¬ bungen mit den fürchterlichen Anklagen, die der Fürst von Oranien in seiner Apologie gegen Philipp erhebt und dann frage man sich, wo die Wahrheit ist? Denn es ist durch Thatsachen erwiesen, daß er sehr häufig Beweise von Seelengröße, selbst von Menschlich¬ keit gab. Ich will hier einige ohne alle Auswahl anführen. Die junge Elisabeth von England, die sich später als seine Todfeindin zeigte, wäre als Opfer des Mißtrauens der Königin Maria gefallen, wäre nicht die gewichtige Dazwischenkunft Philipps II. gewesen, der bei seiner Gemahlin sich ihre Gnade ausbat. Bei der Einnahme von Se. Quentin that er Alles, was in seinen Kräften stand, um den Einwohnern die Gräuel einer Plünderung zu ersparen, eine Art von Mäßigung, die zu jener Zeit überaus selten war. Aus seiner Korrespondenz mit Margarethe von Parma, der Regentin der Nie¬ derlande, ersieht man, daß er Noircarmes, dem Gouverneur des Hennegau, nicht erlauben wollte, Valenciennes gewaltsam zu erobern, obgleich es voll protestantischer Rebellen war, weil er die Folgen eines Sturmes fürchtete, unter welchen die Unschuldigen und Schul¬ digen in gleichem Maße leiden könnten. Zwar wurde Valenciennes doch erstürmt, aber in Folge ausdrücklicher Befehle deö Königs fanden weder Niedermctzlungen noch Plünderungen, noch irgend Beleidigungen gegen die Besiegten Statt." „Leti, der das Leben dieses Fürsten im Allgemeinen mit sehr „vieler Strenge beschrieben hat, entwirft folgendes Gemälde von „seiner Regierung, das mit dem heutigen konstitutionellen Spanien „zu vergleichen wohl von nicht geringem Interesse wäre. „Mitten „unter den Kriegen, welche die Christenheit zerfleischten, waren es „Spanien und die Besitzungen des katholischen Königs allein, die „durch die Sorgfalt und den Muth dieses Monarchen eines tiefen „Friedens genossen. Es herrschte daselbst eine so große Sicherheit, „daß man nicht bloß am hellen Mittag, sondern auch um Mitter¬ nacht eine Börse in offener Hand tragen konnte, ohne die Räuber „zu fürchten. Die andern Nationen, weit entfernt, sich eines ähn¬ lichen Glückes rühmen zu können, befanden sich in einem unsäglich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/142>, abgerufen am 23.07.2024.