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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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eigenen Staaten zu ertragen; und doch wollte er zuerst mit den
gelindesten Heilmitteln es versuchen."

"Mehrere unserer belgischen Schriftsteller schildern Philipp Is.
als einen Tyrannen, der sich mit Wollust in Menschenblut badete,
als einen Fürsten, der nur Schaffst und Scheiterhaufen träumte.
Wir wollen diesen einen Geschichtschreiber entgegenstellen, den man
der Parteilichkeit für Philipp II. gewiß nicht beschuldigen wird.
Es ist dieß H. Groen van Prinsterer, Staatsrath in solian--
dischen Diensten, ein sehr eifriger und gläubiger Protestant und
der seinem Lande und dem Hause Nassau, dessen Lob er bet jeder
Gelegenheit singt, sehr ergeben ist. Man wird diesem Manne ge¬
wiß nicht den Vorwurf machen, daß er Philipp II., dem größten
Feinde seines Landes und des nassauischen Hauses schmeichelt. Hören
wir nun seine Worte in seinem Werke, Correspondenz des
Hauses Oranien-Nassau: "Philipp war nicht in allen Be¬
ziehungen unlenksam und hart; ja man findet sogar in seinem
"Benehmen zuweilen Beweise von Mäßigung. Seine Antwort auf
"einen Brief Wilhelm's von Oranien vom 14. März 1563, in
"welcher er (bei Gelegenheit der Angebereien gegen Granvella) sagt:
,,"Es ist nicht meine Gewohnheit, einem meiner Diener
"ohne Ursache nahe zu treten,"" trägt keine Spur von Bitter¬
keit an sich. Er entließ den Cardinal Granvella; er nahm den
"Grafen Egmont gut auf; und obgleich manche seiner Protestatio-
"nen ohne Zweifel nicht sehr aufrichtig waren, so ist man darum
"noch nicht berechtigt, überall Falschheit anzunehmen. Viele Aus¬
drücke in den Briefen von HopperuS scheinen anzuzeigen, daß der
"König zur Milde geneigt war, und Philipp selbst schreibt 1567 an
"den Kaiser Maximilian: er beharre noch immer in den Ge¬
fühlen der Sanftmuth und des Wohlwollens, die der
"Kaiser an ihm kenne. Er ist mit Tiber und Nero ver¬
glichen worden; er ist der Dämon des Südens beigenannt
"worden; aber alle diese Epitheta bezeichnen Nichts und sind
"ungerecht."

"Hören wir nun andre zeitgenössische Stimmen. DaS Kapitel
"des goldnen Vließes lobte ihn, "daß er sei barmherzig, leut¬
selig, großmüthig, demüthig, freigebig und sehr gerechtigkettslie-
"heut." Der Fürst von Oranien selbst nannte ihn (vor selner Ein-


eigenen Staaten zu ertragen; und doch wollte er zuerst mit den
gelindesten Heilmitteln es versuchen."

„Mehrere unserer belgischen Schriftsteller schildern Philipp Is.
als einen Tyrannen, der sich mit Wollust in Menschenblut badete,
als einen Fürsten, der nur Schaffst und Scheiterhaufen träumte.
Wir wollen diesen einen Geschichtschreiber entgegenstellen, den man
der Parteilichkeit für Philipp II. gewiß nicht beschuldigen wird.
Es ist dieß H. Groen van Prinsterer, Staatsrath in solian--
dischen Diensten, ein sehr eifriger und gläubiger Protestant und
der seinem Lande und dem Hause Nassau, dessen Lob er bet jeder
Gelegenheit singt, sehr ergeben ist. Man wird diesem Manne ge¬
wiß nicht den Vorwurf machen, daß er Philipp II., dem größten
Feinde seines Landes und des nassauischen Hauses schmeichelt. Hören
wir nun seine Worte in seinem Werke, Correspondenz des
Hauses Oranien-Nassau: „Philipp war nicht in allen Be¬
ziehungen unlenksam und hart; ja man findet sogar in seinem
„Benehmen zuweilen Beweise von Mäßigung. Seine Antwort auf
„einen Brief Wilhelm's von Oranien vom 14. März 1563, in
„welcher er (bei Gelegenheit der Angebereien gegen Granvella) sagt:
,,„Es ist nicht meine Gewohnheit, einem meiner Diener
„ohne Ursache nahe zu treten,"" trägt keine Spur von Bitter¬
keit an sich. Er entließ den Cardinal Granvella; er nahm den
„Grafen Egmont gut auf; und obgleich manche seiner Protestatio-
„nen ohne Zweifel nicht sehr aufrichtig waren, so ist man darum
„noch nicht berechtigt, überall Falschheit anzunehmen. Viele Aus¬
drücke in den Briefen von HopperuS scheinen anzuzeigen, daß der
„König zur Milde geneigt war, und Philipp selbst schreibt 1567 an
„den Kaiser Maximilian: er beharre noch immer in den Ge¬
fühlen der Sanftmuth und des Wohlwollens, die der
„Kaiser an ihm kenne. Er ist mit Tiber und Nero ver¬
glichen worden; er ist der Dämon des Südens beigenannt
„worden; aber alle diese Epitheta bezeichnen Nichts und sind
„ungerecht."

„Hören wir nun andre zeitgenössische Stimmen. DaS Kapitel
„des goldnen Vließes lobte ihn, „daß er sei barmherzig, leut¬
selig, großmüthig, demüthig, freigebig und sehr gerechtigkettslie-
„heut." Der Fürst von Oranien selbst nannte ihn (vor selner Ein-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/141>, abgerufen am 23.07.2024.